Berufspolitiker und Blödbürger.

Vor einigen Tagen zitierte Herr Nikolaus Blome in einer TV-Runde wohl zustimmend Hans Magnus Enzensberger.

Danach habe Enzensberger den Berufspolitiker so typisiert: „Der Eindruck, es mit Millionen Idioten im Land zu tun zu haben, gehört zur Grundausstattung jedes Berufspolitikers.“

Na wenn schon! Wer, wie Herr Blome, lange genug den Nerv hatte, Politiker „durch stilles Zuhören“ zu begleiten, wird sich ob dieser These nicht übermäßig echauffieren.

Anständig wie er ist, tat dies in besagter Runde der als vertrauenswürdig erwiesene Herr Bosbach, MdB. Er warf sich für die Bürger in die Bresche. Danke im Namen aller bekennenden Blödbürger!

Aber die Frage bleibt, hat Enzensberger Recht? Ob die von ihm beschriebenen Berufspolitiker Recht haben, uns als Idioten einzuschätzen, sei dahingestellt. Einige Indizien sprechen für die Annahme Enzensbergers.

1. Vor den ersten gesamtdeutschen Wahlen: Blühende Landschaften, Wohlstand, die D-Mark, Kosten der Einheit aus der Portokasse …

2. Bundeskanzler Gerhard Schröders Regierung: Nach der Wahl 1998 Abschaffung des demographischen Faktors in Norbert Blüms Rentenformel u.ä.m.; die mutige Agenda 2010 erst nach äußerst knapp gewonnener Wahl 2002 mit dem Ende der Regierungszeit vor Augen.

3. Ausnahme zunächst Angela Merkel. Leipziger Reformparteitag der CDU: Gesundheitsprämie  alias Kopfpauschale, Heidelberg-Professor-Steuertarif, Erhöhung der Mehrwertsteuer, vor der Wahl angekündigt gegen die fest mit dem Bürger identifizierte SPD – um ein Haar hätte es Frau Merkel 2005 den Wahlsieg gekostet. Gegen einen von den eigenen Genossen weidwund geschossenen, aber fulminant kämpfenden Gerhard Schröder.

Keiner sage, Angela Merkel habe sich daraufhin kein Bild vom Bürger gemacht! Politikstreik ohne Rücksicht auf Verluste nach der Wahl 2009, bis das Ergebnis der Landtagswahl in NRW 2010 feststand.

Der politische Instinkt zu überleben, scheint beim hinreichend gegerbten Berufspolitiker doch jene spezifische Form von common sense zu verfestigen, die Enzensberger und Blome identifiziert haben.

Gern suche ich bei solch schmerzlichen Erkenntnissen über uns Bürger Rat bei der Form des gesunden Menschenverstandes, die sich in Hans Moser fand. Aufschluss gab Florian Scheuba (DER STANDARD, 24.2.2011). Bis 2013, informiert Herr Scheuba, stehe in Österreich keine einzige Wahl an. Eine Situation, mit der erst wieder zwischen 2030 und 2033 zu rechnen sei. Endlich eine „Jahrhundertchance“ für große Reformpolitik im Interesse des Landes und seiner Bürger! Darüber herrsche „breitester Konsens“ unter den Politikern.

Doch dann lässt Florian Scheuba die Katze aus dem Sack. „Aber was enthüllt uns diese Einschätzung? Die bittere Erkenntnis, dass der verheerende Ruf unserer Politiker bei der Bevölkerung noch von einem anderen Imagewert unterboten wird: jenem der Bevölkerung bei den Politikern.“

Danke, habe die Ehre, liebe österreichische Nachbarn. Es hat sich wieder gelohnt, Eure Stimme zu hören.

Politiker und Bürger – wir wissen, was wir aneinander haben!