Christlich mobben!

Aktuelle Führungsprobleme der SPD werden im Wahljahr 2017 von der CDU interessiert beobachtet: Feind, Todfeind, Genosse! Verständliche Häme, vielleicht. Bestimmt aber die Häme von Superprofis der Heuchelei, der Intrige, des Mobbing. Dies zeigt eine christdemokratische Handreichung: „Pflegehinweise für das Kaninchen“, die in der Presse mit dem Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, in Verbindung gebracht wird.

Die Bühne der christlichen Handreichung für die „Pflegehinweise“: Der hessische Main-Kinzig-Kreis-Verband der CDU im Jahre 2006.

Die Hauptdarsteller:

Peter Tauber, damals mit 32 Jahren Abgeordneter des Kreistags des Main-Kinzig-Kreises (Wikipedia), heute als 42-jähriger Generalsekretär der CDU Bundespartei, Mitglied des Deutschen Bundestags (MdB) und damit engster Partei-Mitarbeiter der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel.

Tom Zeller, im April 2006 neugewählter Vorsitzender des Main-Kinzig-Kreis-Verbandes der CDU, seinerzeit 26-jähriger Student der Politikwissenschaft, heute Generalsekretär des Instituts der deutschen Immobilienwirtschaft. Zeller — so die Frankfurter Rundschau (FR) *1) — habe damals zu der „boy group“ um Tauber in der Main-Kinzig-CDU gehört.

Anne Höhne-Weigl, Geschäftsführerin der CDU-Kreisgeschäftsstelle seit 1999. Mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag, was die „boy group“ (FR) und ihren Chef sehr geärgert, da die „Chemie .. nicht so gepasst“ habe (Zeller) *1).

Das volle Programm von Heuchelei, Intrige, Mobbing findet sich in der christdemokratischen Handreichung: „Pflegehinweise für das Kaninchen“ *2).

Warum wird ein gut 10 Jahre altes Dokument, das man nur mit spitzen Fingern berühren sollte, hier zur Kenntnis genommen? Aus zwei Gründen:

I. Anspruch: Die CDU als Familie.

Der Bürger und Steuerzahler wird von den Parteiorganisationen bekanntlich zur Finanzierung herangezogen. Denn die „Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit … Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen.“ *3)

Deshalb interessiert den Staatsbürger die „innere Ordnung“ auch der Partei CDU, ihre politische Kultur und insbesondere der Auftrag für das „Gespräch mit dem Kaninchen“ in den „Pflegehinweisen“ (S. 3): „Darstellen, dass die CDU eine Familie ist. Entsprechend wolle man sich verhalten.“ *3) Feine Familie! Denn unter der Überschrift ´Operation Kaninchenjagd` wird „en detail geplant, wie die damalige CDU-Geschäftsführerin Anne Höhne-Weigl aus dem Amt gemobbt werden könnte.“ *4)

Der im Kontext der „Pflegehinweise“ erstaunlichen Aussage, „dass die CDU eine Familie ist“, wuchs inzwischen Aktualität insofern zu, als CDU-Generalsekretär Tauber kürzlich zu dem Vorgang erklärte: „Das In-Auftrag-Geben und das Schreiben eines solchen Papiers vor zehn Jahren war ein Fehler“. *4)

Was soll der Bürger von solcher Feststellung des Spitzenpolitikers Taubers halten? War Tauber Auftraggeber und zumindest teilweise Mitautor der „Pflegehinweise für das Kaninchen“? Wenn selbst professionelle Journalisten „einige Unklarheit“ und wohl eine Doppelzüngigkeit Taubers insofern sehen, als „der Generalsekretär offenbar lediglich seinem ´Freund`, dem gegenüber er loyal hatte sein wollen, ein Fehlverhalten vorwerfen“ wollte. *4)

Feine Familie die CDU — meinen wir zu diesem Aspekt von Familienpflege. Gerade weil wir bewegende Worte der CDU-Parteichefin und Bundeskanzlerin Merkel anlässlich ihrer Ansprachen zum Neuen Jahr z.B. für 2016 und 2017 erinnern: „Herzenswärme; ein von gegenseitigem Respekt geprägtes Zusammenleben aller in unserem Land; dass wir immer auch den Argumenten des anderen zuhören, auch wenn er Sorgen und Chancen anders gewichtet, als man selbst es tut. Uns nicht spalten lassen. Nicht in Generationen. Auch nicht sozial. Mitmenschlich.“ Oder für dieses Jahr 2017: „Trost, den wir spenden. Mitmenschlichkeit und unseren Zusammenhalt. Respekt vor dem einzelnen Menschen.“

Für ihren Führungsstil der Herzenswärme, der Mitmenschlichkeit, des Respekts vor dem einzelnen Menschen braucht die Bundesvorsitzende der „Familie CDU“, Angela Merkel, wohl genau den Generalsekretär, den sie in Herrn Tauber hat.

II. Anspruch: Die CDU als Garant von Arbeitnehmerrechten.

Nicht zu Unrecht preist sich die CDU, die Soziale Marktwirtschaft erfunden zu haben. Trotz dieses hehren Anspruchs sind die CDU-„Pflegehinweise für das Kaninchen“ für Berufstätige, die auf „Respekt“ ihrer Rechte durch die Politik vertrauen, eine Lektüre, die zu „Mobbing“-Alpträumen führen kann. Deshalb werden hier die berüchtigten „Pflegehinweise“ aus dem Kreise der „boy group“ (FR) um Tauber in der Main-Kinzig-CDU von 2006 im Lichte eines „Kommentars aus anwaltlicher Sicht“ untersucht. *5)

„Mobbing“, so informiert uns der Fachanwalt für Arbeitsrecht Frank Linzer, ist „ein Verhalten, das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde des Betroffenen verletzt wird und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (BAG 8 AZR 593/06). Die Operation ´Kaninchenjagd` wäre als Mobbing anzusehen.“ *5)

Sehen wir uns Belege in den „Pflegehinweisen für das Kaninchen“ an, die das „Mobbing“-Verdikt des Fachanwalts Linzer verdeutlichen. *2) *5)

1) Das Gespräch mit Frau Anne Höhne-Weigl, als „Kaninchen“ bezeichnet, worauf noch einzugehen ist, sollte überraschend an einem Freitag oder Samstag stattfinden, damit Frau Höhne-Weigl für mindestens zwei Tage niemanden um Rat fragen könnte.

2) An den folgenden Werktagen sollte Frau Höhne-Weigl so mit eilbedürftigen Arbeitsaufträgen eingedeckt werden, dass sie keinem anwaltlichen Termin nachkommen könnte.

3) Bei dem Gespräch wurde Frau Höhne-Weigl eine „Vertrauensperson“ zugeordnet, die ihr im Auftrag der „boy group“ (FR) um Tauber zur Annahme eines Aufhebungsvertrages für ihre unbefristete Arbeitsstelle raten sollte.

4) Das „Gespräch“ mit Frau Höhne-Weigl sollte so geführt werden, dass auf Konflikte abgehoben würde, die die Arbeit der CDU-Geschäftsstelle behindern und der CDU Schaden zufügten. Vorgeschobene Behauptungen (dramatische Finanzprobleme, Verjüngung des Teams) seien unwahr oder zeigten rechtswidrige Diskriminierung älterer Arbeitnehmer.

5) Der sehr wirksame Kündigungsschutz für Frau Höhne-Weigl nach der Hessischen Landkreisordnung sollte im Gespräch verschwiegen oder durch juristischen Bluff als löchrig dargestellt werden.

6) Ein mehr als windiges Angebot, sich für eine spätere (wegen Karenzzeit aus politischen Gründen) Weiterbeschäftigung von Frau Höhne-Weigl bei der Kreisverwaltung einzusetzen, wurde komplettiert durch das Angebot, ihre Tochter zu besseren Bedingungen zu beschäftigen.

7) Bei Anzeichen mangelnder Resignation oder gar Gegenwehr durch Frau Höhne-Weigl sollte unverzüglich ihrer Tochter gekündigt und eine mit Geboten, Verboten, Kontrollen gekoppelte Drohung von Abmahnungen in Gang gesetzt werden (Internet, E-Mail-Verkehr, Privat-Telefonate, Pünktlichkeit, Verlassen des Arbeitsplatzes). Die Tochter um den Arbeitsplatz bringen, um die Mutter zu treffen … feine Familie CDU, fällt dem Bürger dazu nur noch ein!

8) Schließlich sollte die ehrenamtliche Tätigkeit von Frau Höhne-Weigl als Schöffin stundenweise vom Monatsgehalt abgezogen, und damit ein finanzieller Verlust ausgelöst werden. Denn ehrenamtliche Tätigkeit — bei jeder Gelegenheit von Kanzlerin Merkel oder vom Bundespräsidenten dankbar gewürdigt — „ist nicht sozialversichert“, wussten die Autoren der „Pflegehinweise für das Kaninchen“ *2).

Dank dem Herrn Rechtsanwalt Linzer für die Hinweise: Sich nicht unter Druck setzen lassen. Keine Fragen beantworten, sondern selbst Fragen nach Thema, Sinn und Zweck des Gesprächs stellen, und die Antworten erkennbar notieren. Juristische Behauptungen und die nicht selbst gewählte „Vertrauensperson“ ignorieren und auf Notwendigkeit des Rates durch eigenen Anwalt verweisen. Keine Zusagen geben. Übermäßige Zusatzarbeit: Vom Hausarzt krank schreiben lassen. *5)

Anspruch und Wirklichkeit der „Familie CDU“: Dankbar vermerkt der Bürger auch das Fazit des Fachanwaltes für Arbeitsrecht Frank Linzer: „Letztlich zeugen die ´Pflegehinweise für das Kaninchen` neben einer menschenverachtenden Einstellung auch von einer gewissen .. Dummheit des unbekannten Autors, ein solches Papier überhaupt in die Welt zu setzen.“ *5)

Der dargestellte Vorgang wirft für die Partei-Führung der Christdemokraten weitere Fragen auf, weil Generalsekretär Tauber als Historiker akademisch hochqualifiziert und als Lehrbeauftragter am Historischen Seminar der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main tätig ist.

Der Journalist und Autor Dirk Maxeiner urteilt dazu: „Als Kaninchen bezeichneten Nazi-Ärzte die Frauen, die sie für ihre Experimente im Konzentrationslager Ravensbrück missbraucht haben … (Tauber müsse) um die zynische Bedeutung der ´Pflegehinweise für ein Kaninchen` gewusst haben — und hat dennoch nichts gegen das Papier unternommen. Das wirft die Frage nach der moralischen Integrität eines der engsten politischen Vertrauten von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf.“ *6)

Solch hartes persönliches Urteil wird hier nicht geteilt. Vielleicht hat der Multi-Funktions-Jungpolitiker Tauber seinerzeit den von Maxeiner benannten Zusammenhang nicht gesehen. Aber die Lehre aus eigenen Fehlern bleibt: Mäßigung im persönlichen Umgang. Auch mit dem politischen Gegner. Auch bei hartem politischen Wettbewerb im Wahljahr 2017.

*1) HESSEN-CDU. „Operation Kaninchenjagd“ — Mobbing à la Hessen-CDU. Von PITT VON BEBENBURG. 23. SEPTEMBER 2016; http://www.fr-online.de/politik/hessen-cdu–operation-kaninchenjagd. (Herr Tauber ist wegen aktueller verbaler Ausfälle in die öffentliche Kritik auch von Parteifreunden geraten, RS).

*2) Zum Text der „Pflegehinweise für das Kaninchen“ s. Website des investigativen Journalisten Andreas Ziegert; http://www.vorsprung-online.de/images/images/2016/September/CCF24092016_1.pdf.

*3) Siehe: Artikel 21 (1) (Parteien) des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit 1992 hat das Bundesverfassungsgericht „zugelassen, den Parteien entsprechend ihrer Verwurzelung in der Gesellschaft Zuschüsse (aus staatlichen Mitteln, RS) als Teilfinanzierung der allgemein ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeiten zu gewähren.“ Model/Creifelds, Staatsbürger-Taschenbuch, 33. Auflage, München 2012. Die politischen Parteien, Abschnitt 64, S. 179.

*4) DEUTSCHLAND. BESUCH BEI DER BASIS. Tauber bricht sein Schweigen — ein ganz kleines bisschen. Von Hannelore Crolly, Bruchköbel. Veröffentlicht am 01.10.2016; https://www.welt.de/politik/deutschland/article158488064/Tauber-bricht-sein-Schweigen.

*5) Mobbingvorwürfe gegen CDU-Generalsekretär Peter Tauber. 30. September 2016. Erstellt von Frank Linzer; https://www.rechtsanwalt.com/fachbeitrag/mobbingvorwrfe.

*6) Dirk Maxeiner. Der unheimlich talentierte Herr Tauber und die Kaninchenpflege. 30.09.2016; http://www.achgut.com/artikel/.