“Dem Verdienste seine Kronen“.

“Geflohen, untergetaucht, vom Hof gejagt“ — widerwärtig ist dieser Umgang mit dem kranken emeritierten König Juan Carlos I. (82 Jahre) ausgerechnet in der deutschen BILD-Zeitung.

Ausgerechnet aus Deutschland solche Töne! Das muss gesagt werden. Denn vor allem die Intervention Nazi-Deutschlands entschied über den Sieg im spanischen Bürgerkrieg (1936 -1939) und brachte das Land unter das mörderische Regime des Caudillo Francisco Franco.

Unmittelbar nach Francos Tod 1975 inthronisiert, leitete der damals junge König Juan Carlos I. (1938 geboren) den Wandel ein:

  • Er hat das diktatorische Erbe Francos ab 1976 beseitigt;
  • Er hat die Ursachen und Lehren des spanischen Bürgerkriegs erkannt: Es war die politische Polarisierung zwischen “rechten“ und “linken“ Kräften, die zu dem Blutbad des spanischen Bürgerkriegs eskalierte.
  • Indem Juan Carlos als Staatsoberhaupt und König nach Francos Tod 1975 immer wieder für eine  konsensuale, maßvolle Politik des Interessenausgleichs geworben hat, konnte er Spanien zur Demokratie führen. Und diese gegen den Militärputsch vom 23. Februar 1981 entschlossen verteidigen. Juan Carlos I. war auf der Höhe der Zeit!

Wahrhaft historische Verdienste eines jungen Staatsoberhauptes — nicht nur für das demokratische Königreich Spanien. Sondern gewiss auch für die Zukunft Europas durch Ermutigung und Beispiel für späteren demokratischen Wandel.

Gerade Deutschland sollte dem emeritierten König den gebotenen Respekt erweisen. Schon weil Deutschland historische Verantwortung für die Diktatur Francos trägt. Deshalb steht es  Deutschen besonders übel an, dem emeritierten König, der sein Land verlassen hat, “geflohen, untergetaucht, vom Hof gejagt“ nachzurufen. Juan Carlos I. dient mit seinem Schritt der Stabilität des spanischen Staates und der Monarchie.

Selbst Santiago Carrillo (1915 – 2012), Führer der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE) von 1960 bis 1982, hatte in seinen Erinnerungen *1) die entscheidende Rolle des Königs Juan Carlos I. im Übergang Spaniens von der Franco-Diktatur zur Demokratie gewürdigt:

Seit Ende 1976 hätte Carrillo seine Haltung gegenüber Juan Carlos geändert: „Die Hand, die die Türen zur Demokratie öffnen konnte, war die seine.“ *1) S. 693

Carrillos Analysen belegen: Dass der Diktator Franco Juan Carlos für das Amt des Königs berufen hatte, schien gewiss zunächst als Makel der Monarchie. Jedoch erwies sich gerade dies Franco-Erbe als “positiver Faktor“, um Spanien zu demokratisieren und die Franco-Anhänger zu hindern, gegen die Demokratisierung des Landes mit Gewalt vorzugehen. Denn die Demokratie musste “ohne neue gesellschaftliche Konfrontationen“ eingeführt werden und Juan Carlos hat die ihm von Franco verliehene Autorität genutzt, um die franquistischen “Gegner des Wandels einzudämmen.“ *1) S. 694.

Der Militärputsch des 23. Februar 1981 zeigte, dass Carrillo die Position des Königs richtig beurteilt hatte. Juan Carlos I. setzte seine Autorität als Staatsoberhaupt ein, konnte die Putschisten innerhalb der Streitkräfte isolieren und somit das Gelingen des Staatsstreichs vereiteln.

Dies hat Carrillo mehrfach öffentlich und in einer Parlamentsrede anerkannt: Nur Juan Carlos habe den Putsch stoppen können. Hätte es „statt des Königs einen Präsidenten der Republik“ gegeben, wäre die Demokratie niedergemacht worden. Und die im Parlament von den Putschisten verhafteten politischen Führer verdankten der Entschlusskraft des Königs ihr Leben, betonte Carrillo. *1) S. 787 f.

Wie Friedrich Schiller in der Ode an die Freude sagt: “Dem Verdienste seine Kronen“.

Für europäische Deutsche gebührt Juan Carlos I. die Würde der Krone — wegen seiner Verdienste für die Demokratie Spaniens und auch für die jüngeren Demokratien Europas.

*1) Santiago Carrillo. Memorias. Edición revisada y aumentada. Planeta. 3A Edición 2007. (Übersetzung der Zitate RS).