„Machen Sie sich ehrlich!“

Solche Aufforderungen an die Bundeskanzlerin aus der Opposition sind dem Wahlkampf geschuldet und nicht ernst zu nehmen. Der halbwegs informierte Bürger kann dies auch schon nicht mehr hören.

Diesen Sprüchen zufolge soll die Bundeskanzlerin dem deutschen Steuerzahler sagen, dass und wie viel für Griechenland zu zahlen sei. Eine Mitteilung, die ja auch den griechischen Verhandlungspartnern der EZB-EU-IWF-Troika kaum entgehen würde.

Die Hellenen würden diese Aussage völlig missverstehen und es kaum glauben. Soviel Geld steht uns also zur Verfügung! Bedienen wir uns!*)

Nun würde sich der Charakter des Verhandlungsprozesses grundlegend ändern: Die Griechen würden unter solchen Bedingungen feilschen, was sie für die angekündigte Kreditsumme, das Olivenöl für das Danaidenfass, zu leisten bereit sind. Gegebene Höhe des angekündigten Rahmens für Hilfskredite – Minimierung des Spar- und Reformaufwandes. Hellenisches Optimierungsproblem!

Merkwürdig auch der Eindruck, dass ein Schuldenschnitt auf Forderungen staatlicher Gläubiger gegen Hellas eilbedürftig sei. Wie von Frau Lagarde und seitens rot-grüner Politiker zu hören ist. Da können die  staatlich verbürgten Kredite an Griechenland doch gleich als Geschenk bezeichnet werden. Hoffentlich hat Herr Schäuble Recht, dass dies Ansinnen ohnehin gegen das Grundgesetz verstößt. Deutsche Steuerzahler setzen darauf, dass Griechenland sich durch solidarisch geförderte Spar- und Reformpolitik eine Wachstumsperspektive erarbeitet. Wenn solche Entwicklung stabil eintritt, kann in einigen Jahren immer noch über das Thema langfristiger Tragfähigkeit der Schuldenlast verhandelt werden.

Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble müssen diese unsinnigen Aufforderungen aus der Opposition ignorieren. Sie sind im Interesse des deutschen Steuerzahlers verpflichtet, den Griechen zu sagen: Ob und in welcher Höhe es überhaupt stufenweise zu vereinbarende Hilfskredite gibt, hängt davon ab, ob die Vereinbarungen mit der Troika erfüllt werden. Schritt für Schritt – do ut des. Werden die Vereinbarungen nicht erfüllt, wird überhaupt kein weiterer Kredit mehr gegeben. Und schon gar kein weiterer Schuldenschnitt vorgenommen.

Das ist der Kern und Charakter des stufenweisen Verhandlungsprozesses über Hilfskredite gegen Spar- und Reformleistungen Griechenlands. Der Sozialdemokratie kann nur geraten werden, sich diesen Regeln des schrittweisen do ut des anzuschließen.

Sonst könnte der deutsche Steuerzahler auf die Idee kommen, dass die SPD-Führung im Falle eines Wahlsieges 2013 den Hellenen nicht verhandelnd, sondern akkommodierend gegenübertreten würde.

Das dann zu erwartende Wahlergebnis für die SPD mag sich jeder ausmalen.

*) Nachtrag 28.11.12: Dass unsere Hellenen so denken, erlebte Gesundheitsminister Bahr bei seinem Besuch in Athen. Ein Gesprächspartner klagte über das Leiden seines Landes und bemühte das mythische Fass ohne Boden. Dies Riesenfass mussten die Töchter des Hellas-Gründers, König Danaos, zur Strafe für den Mord an ihren frisch angetrauten Männern mit Wasser füllen. Nun, so ersuchte der Grieche den deutschen Minister, hätten sie das Danaidenfass mühsam abgedichtet, aber wo bleibe das Olivenöl … Hoffentlich gab Herr Bahr zu verstehen, dass Olivenöl nicht in Deutschland, sondern in Hellas zu produzieren sei. (Vgl. welt.de, Stefan von Borstel, Bahr wirft einen Blick in das Fass ohne Boden, 27.11.2012).