Rede der Hoffnung.

Wieder wurde Anfang Oktober die Deutsche Wiedervereinigung gefeiert — „Anlass (der Erinnerung, RS), zu welchem Dank wir dem amerikanischen Volk auch heute noch verpflichtet sind.“ *1). Die deutsche Einheit ist anscheinend noch immer ein Prozess unerfüllter Hoffnungen, deshalb Gelegenheit für so manche innenpolitische “Rede der Hoffnung“.

Nicht in diesem Beitrag, für den leider vergebens auf der Web-Seite des Auswärtigen Amtes nach der außenpolitischen “Rede der Hoffnung“ gesucht wurde. In Berlin kein Thema?

Hier geht es um eine Rede, die vor 70 Jahren gehalten wurde. Im trümmerbedeckten Stuttgart des Jahres 1946, dem einstigen Magneten wirtschaftlichen Wachstums durch Industrie, Automobile und Motoren.

Diese Rede hielt der amerikanische Außenminister James F. Byrnes am 6. September 1946 in Stuttgart. Dessen „Bewohner waren ebenso am Boden zerstört wie die Stadt selbst. Überall in Deutschland brauchten die Menschen Nahrung, ein Dach über dem Kopf, Arbeit — und vor allen Dingen brauchten sie Hoffnung. An jenem Tag trug Außenminister Byrnes dazu bei, inmitten der Trümmer und der Verzweiflung in Nachkriegsdeutschland den Weg für einen neuen Kurs in die Zukunft zu ebnen.“ *2)

An diese düstere Zeit nach der Niederlage Nazi-Deutschlands erinnerte US-Botschafter John B. Emerson am 7. Oktober 2016 in einer Gedenkveranstaltung in Stuttgart und zugleich an die “Rede der Hoffnung“ durch Außenminister Byrnes.

Hoffnung für das deutsche Volk vermittelten grundsätzliche Botschaften in der Rede des Außenministers Byrnes von 1946; einige Kernsätze seien hervorgehoben: *3)

• Deutschland ist ein Teil Europas. Die Gesundung in Europa und besonders in den Nachbarstaaten Deutschlands wird nur langsam voranschreiten, wenn Deutschland mit seinen großen Bodenschätzen an Eisen und Kohle in ein Armenhaus verwandelt wird.

• Seit dem Ende der Feindseligkeiten ist mehr als ein Jahr vergangen. Die Millionen deutscher Menschen sollten nicht gezwungen werden, in Ungewissheit über ihr Schicksal zu leben.

• Während wir darauf bestehen werden, dass Deutschland die Grundsätze des Friedens, der gutnachbarlichen Beziehungen und der Menschlichkeit befolgt, wollen wir nicht, dass es der Vasall irgendeiner Macht oder irgendwelcher Mächte wird oder unter einer in- oder ausländischen Diktatur lebt.

• Die Vereinigten Staaten können Deutschland die Leiden nicht abnehmen, die ihm der von seinen Führern angefangene Krieg zugefügt hat. Aber die Vereinigten Staaten haben nicht den Wunsch, diese Leiden zu vermehren oder dem deutschen Volk die Gelegenheit zu verweigern, sich aus diesen Nöten herauszuarbeiten, solange es menschliche Freiheit achtet und vom Wege des Friedens nicht abweicht.

• Das amerikanische Volk wünscht, dem deutschen Volk die Regierung Deutschlands zurückzugeben. Das amerikanische Volk will dem deutschen Volk helfen, seinen Weg zurückzufinden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt.

Die Grundsätze, von denen die „Rede der Hoffnung“ 1946 getragen war, festigten — wie Botschafter John B. Emerson betonte — die „untrennbare Verbindung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten … Und diese Prinzipien bestimmen auch unsere Herangehensweise an viele der Herausforderungen, mit denen wir heute konfrontiert sind.“ *2)

Diesen Gedanken Emersons verknüpfte Botschafter Wolfgang Ischinger mit den folgenden Fragen: *4)

• Die Welt ist heute komplizierter als 1946. Aber warum eigentlich erscheint es uns so unrealistisch, dass Europa und die USA eine ähnliche ´Strategie der Hoffnung` heute für die Gesellschaften an den Rändern des europäischen Kontinents verkünden?

• Natürlich ist die Einsicht in die Grenzen der eigenen Gestaltungsfähigkeit wichtig und richtig. Aber wie kann es sein, dass gegenwärtig Akteure wie Putins Russland, die weder über besondere wirtschaftliche Attraktivität noch über besondere politische Strahlkraft verfügen, den Rest der Welt vor sich hertreiben können?

Deshalb ist die Erinnerung an die „Rede der Hoffnung“, die US-Außenminister James F. Byrnes vor 70 Jahren in Stuttgart hielt, auch in der heutigen Zeit so wichtig.

Byrnes Stuttgarter Rede von 1946 habe „eine überzeugende Vision mit Machbarkeit“ verbunden. Damit könne sie auch heute ermutigen, „für ein Europa der Zuversicht und des Gestaltungswillens (zu) kämpfen.“ *4).

*1) Der Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit; http://www.auswaertiges-amt.de/DE/AAmt/Koordinatoren/Transatlantik-Koordinator/.

*2) 70. Jahrestag der Rede der Hoffnung. Amerika Dienst – Blog; blogs.usembassy.gov/amerikadienst/2016/10/06/; 06.10.2016.

*3) Rede der Hoffnung. Posted on 06/09/1996 by AmerikaDienst. Nachfolgend veröffentlichen wir die „Rede der Hoffnung“ des damaligen US-Außenministers James F. Byrnes, die eine historische Wende der amerikanischen Außenpolitik gegenüber dem besetzten Deutschland darstellte, aus Anlaß ihres 50. Jahrestages im Wortlaut;

blogs.usembassy.gov/amerikadienst/1996/09/06/rede-der-hoffnung/.

*4) Wolfgang Ischinger: Rede der Hoffnung anlässlich des 70jährigen Jubiläums der „Speech of Hope“ von James F. Byrnes (US-Außenminister 1945-1947). Stuttgart, 7. Oktober 2016.