Erbarmungslos politisch korrekt.

Einer Gymnasiallehrerin und der Ministerin für Schule und berufliche Bildung in Schleswig-Holstein, Britta Ernst (SPD), ist zwar nicht vorzuwerfen, dass sie schulischen Besuch einer Moschee für sinnvoll halten.

Der Grund für den Moschee-Besuch, Geografie-Unterricht zum Thema „Der Orient — Machtfaktoren Wasser und Erdöl“, hat jedoch nicht zwingend mit Religion zu tun. *)

Es sei denn, man unterstellt Macht als zur Religion gehörig, was sicher nicht wenige Gläubige bestreiten. Oder man betont die Instrumentalisierung der islamischen Religionen in Kriegen und Machtkämpfen des Orients um die Ressourcen Wasser und Erdöl. Oder man meint, dass politische Macht Teil des Islam sei. Man kann auch anführen, dass “christliche“ Mächte im Orient Krieg um Erdöl geführt haben.

Thematisiert hatte die Lehrerin — so der Wortlaut — die “Machtfaktoren Wasser und Erdöl“, nicht einen vermeintlichen Machtfaktor Religion. Warum dennoch die Schule und das Ministerium für Schule und berufliche Bildung im Rahmen des Geografie-Unterrichts zum Wasser- und Erdölthema den Besuch einer Moschee erzwingen — bis hin zu Bußgeld und Gerichtsverfahren — gibt Rätsel auf.

Vielleicht hätte sich der Junge mit einem „Schwächeanfall“ drücken können. Auch eine andere Reaktion gegen den schulischen Zwang wäre denkbar gewesen — ein T-Shirt mit der Mohammed-Karikatur des dänischen Künstlers Kurt Westergaard.

Die Eltern des 13-jährigen Schülers hatten dagegen den korrekten Antrag gestellt, ihren Sohn an einer anderen Unterrichtsstunde teilnehmen zu lassen. Um so dem Kind zu ersparen, unter Zwang, genannt Schulpflicht, ein Gotteshaus, hier eine Moschee, zu besuchen. Antrag abgelehnt — so die Schulbürokratie.

Entscheidungen und Stellungnahmen aus Schleswig-Holstein, angeblich dem „Land der Horizonte“, stießen schon häufiger auf Kopfschütteln und den Kommentar „zu lange im Wind gestanden“.

„Flüchtlinge in Schleswig-Holstein aufzunehmen, ist gelebte Humanität“, sagt Stefan Studt (SPD), Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten, zu Recht.

Dass aber im Fach Geografie Schüler zum Besuch einer Moschee gezwungen werden, riecht penetrant nach politischem Opportunismus.

Deshalb erscheint hier Ironie nicht mehr angezeigt.

Politisch korrekt mögen sich die Gymnasiallehrerin, die Schulleitung und die Ministerin für Schule und berufliche Bildung wähnen. Doch zeigen sie sich erbarmungslos … gegen ein 13-jähriges Kind.

*) Mit dieser Feststellung wird nicht die wissenschaftliche Bedeutung der Kultur- und Religionsgeografie bestritten, die „den raumprägenden Einfluss von Religionen bzw. religiöser Lehren“ untersucht. Auch nicht die Relevanz von Religionen z. B. für Wirtschaftsgeografie bzw. Tourismus. Vgl. Diercke, Wörterbuch Allgemeine Geographie. Herausgegeben von Hartmut Leser. 13. Auflage 2005, München, S. 758 f.

Zum Unterrichtsthema siehe: Fall in Schleswig-Holstein. Darf die Schule Jungen zu Moschee-Besuch zwingen? Donnerstag, 27.10.2016, von FOCUS-Online-Redakteur Malte Arnsperger. Arnsberger informiert über den Unterricht der Lehrerin: „Sie ging mit ihrer siebten Klasse im Rahmen des Geographie-Unterrichts zum Thema „Der Orient — Machtfaktoren Wasser und Erdöl“ in die Moschee.“