SPD-Persönlichkeiten.

„Es ist gut, dass die SPD eine Reihe von Personen hat, denen man das Kanzleramt zutraut.“ *1) So Olaf Scholz, Erster Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg. Ein Satz, wie geschaffen für Spekulationen in den Medien am Rande des Sommerlochs.

Für langjährige Politikbeobachter stellt sich jedoch die Frage, was Olaf Scholz mit solchem Gerede bezweckt.

Jedenfalls dient Scholz damit nicht dem für eine Kanzlerpartei notwendigen Respekt vor dem Amt des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland in unserer Zeit. Fast lässt sich von Frivolität sprechen.

Spekulationen hin und her — Hamburgs Erster Bürgermeister gehört mangels Erfahrung in der Berliner Knochenmühle und mangels Rückhalt in der SPD nicht in diese „Reihe von Personen“. Ganz abgesehen von der Ausnahmesituation, dass es einer Persönlichkeit wie Gerhard Schröder und eines Helmut Kohl am Ende seiner Wirkungsmacht bedurfte, damit Schröder 1998 den direkten Sprung vom Ministerpräsidenten Niedersachsens ins Kanzleramt schaffen konnte.

Auch der als Kanzlerkandidat über Monate ins Spiel gebrachte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gehört nicht in diese Kategorie. Schulz gab sich der Ironie preis, auf das Amt des SPD-Kanzlerkandidaten zu verzichten, das ihm weder durch Zuständige angetragen wurde, noch hatten ihn Sachkenner für geeignet gehalten.

Dann ist da noch die politisch erfahrene, fachlich hoch qualifizierte Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft. Sie hat sicher Rückhalt in der SPD. Jedoch selbst Sozialdemokraten, soweit sie nicht völlig im Konformismus des „Parteisoldatentums“ versunken sind, werden Frau Kraft ablehnen.

Der Grund ist sehr einfach. In der Silvesternacht waren Hunderte Frauen im Kölner Bahnhofsgelände schwerwiegenden Übergriffen schutzlos ausgesetzt. Und ihre Ministerpräsidentin, die sich selbst ständig als die große „Kümmerin“ stilisiert?

Ministerpräsidentin Kraft, der Innenminister Jäger und der Leiter der Staatskanzlei geben derzeit Eidesstattliche Versicherungen ab, dass sie nichts sahen, nichts hörten, somit nichts machen konnten. An Eides Statt — um nichts gekümmert, nichts gewusst, es sei alles Bringschuld von anderen gewesen … *2)

Zurück zur SPD-„Reihe von Personen, denen man das Kanzleramt zutraut“ (Olaf Scholz).

Vizekanzler, Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel. Gabriel könnte das Amt des Bundeskanzlers ganz sicher verantwortlich ausfüllen. Aber wer soll die SPD zusammenhalten? Nichts ist für eine politische Partei so belastend wie die Regierungsverantwortung im Bund. Die SPD-Linke bläst jetzt schon wieder zum Umverteilungs-Wettlauf mit der LINKEN: höhere Einkommensteuersätze für „Reiche“, Vermögenssteuer, Rücknahme der Rentenreformen etc..

Also muss Gabriel die Gerechtigkeit stärken, das „soziale Profil der SPD schärfen“, überhaupt die SPD-Politik „radikaler anlegen“. *3) Zu solchen Parolen gezwungen, kann Sigmar Gabriel weder als Bundeswirtschaftsminister noch als Kanzlerkandidat überzeugen.

Bleibt der einzige mit der Statur eines Bundeskanzlers — der Bundesminister des Auswärtigen Frank-Walter Steinmeier.

Wer kann und will einem Kanzlerkandidaten Steinmeier die Unterstützung der SPD sichern? Welche Anzeichen sind erkennbar, dass SPD, Grüne und FDP nach der Bundestagswahl 2017 eine Bundesregierung planen? Als „rot-rot-grüner“ Kanzlerkandidat, den Medien zufolge der LINKEN-Chef Riexinger fordert, steht Steinmeier wohl nicht bereit.

„Parteivize Scholz hält Wahlsieg der SPD für möglich.“ Auch gut!

Aber Scholz sollte Verantwortung, Würde und Bürde des Amtes als Bundeskanzler nicht banalisieren, indem er es reihenweise „SPD-Personen zutraut“. *1)

*1) SPD-Parteivize Olaf Scholz sieht für seine Partei noch Chancen, die Bundestagswahl 2017 zu gewinnen. DTS-Meldung vom 04.06.2016. Parteivize Scholz hält Wahlsieg der SPD für möglich.

*2) NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. DTS-Meldung vom 27.05.2016. Kraft gibt Eidesstattliche Versicherung zu Kölner Silvesternacht ab

*3) SPD-Chef Sigmar Gabriel gerät nach seinen Ankündigungen, das soziale Profil der SPD zu schärfen, jetzt innerparteilich unter Druck. DTS-Meldung vom 03.06.2016. SPD-Linke setzt Gabriel unter Druck.