Wahlkampf – Tränen lachen!

Peer Steinbrück steht dem Urteil besonders Sachkundiger zufolge kurz vor dem Sieg über die Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Da erstaunt ein Paradoxon des Wahlkampfes.

Gegen eine in der Vertrauens- und Schuldenkrise der Eurozone bewährte Kanzlerin und bei guter Wirtschaftslage sollte solche Vorhersage eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Wenn überhaupt, könnte der Sieg von Rot-Grün (mit klammheimlichen Stimmen der LINKEN bei Kanzlerwahl) nur dann gelingen, wenn der Herausforderer und seine Partei eine sehr überlegene Ausstrahlung solider Kompetenz in die Mitte der Gesellschaft vermittelten. Dann aber müsste die SPD bereits seit Wochen auf einer Woge begeisterter Zustimmung surfen. Diese Woge wird jetzt spätestens für September angekündigt.

Statt eines Wahlkampfes, der die ruhige, stetige Hand des Steuermanns Peer Steinbrück und seine überlegene krisenpolitische Kompetenz vermittelt, sehen wir jedoch derzeit in der „heißen Phase“ – eben dies erscheint paradox – eine Show-Veranstaltung mit bisher drei Nummern.

Nummer 1: „Klartext mit Gertrud“.

Dazu informiert der Beitrag der Journalistin Vera Rosigkeit (Vorwärts, Juli/August 2013, S. 17). Frau Steinbrück beklage, dass man beim Kandidaten Peer Steinbrück nur herausfiltere, „was negative Gefühle auslöst“, obwohl er „Freizeit und Freiheit aufgegeben“ habe. Jedem „müsse doch klar sein, dass er dann auch etwas bewegen wolle.“ Dem stimme ich vollständig zu.

Nur lässt sich Bürgerverstand doch nicht völlig der Garderobe überantworten. Die im und um den Staatsdienst hochverdienten Eheleute Steinbrück teilen Jahrzehnte der Erfahrung in Partei und Politik.

Wie ist dies mit der Enttäuschung von „Klartext-Gertrud“ darüber vereinbar, dass Spitzenkandidat Peer Steinbrück in einer hart umkämpften Bundestagswahl nicht mit Glacéhandschuhen angefasst wird?

Nummer 2: „Merkel bricht Amtseid“ (Steinbrück).

Selbst über den NSA-Vorgang empörte Journalisten fragen, ob „das ein bisschen dick aufgetragen ist.“ (dradio.de, 16.07.2013, 08.10 Uhr). Da musste der Profi Thomas Oppermann, MdB-SPD, ran. Professionell zog er die Kuh vom Eis. Abstrakt beschränkte er sich auf die Voraussetzungen, unter denen die „Kanzlerin den Amtseid bricht“.

Dabei zeigt er sich sehr behutsam: Der NSA-Sachstand sei „Vorwurf“. Die Kanzlerin habe „einen ordentlichen Check (des Sachverhalts, RS) hinzubekommen.“ Im Raum steht danach die Frage, „was passiert tatsächlich hier in Deutschland, wird die gesamte Kommunikation der Bevölkerung permanent überwacht und wenn ja …“

Dem Unschuldslamm von Bürger kommt die Ahnung, dass unter SPD-Verantwortung selbstverständlich nicht „die gesamte“ Kommunikation der Bevölkerung überwacht wurde und dies auch nicht „permanent.“

Diese Vorahnung bestätigt uns prompt der ehemalige Bundesminister des Inneren Gerhart Baum, FDP. „Früher wurde der BND von SPD-Politikern kontrolliert und die SPD hätte es durchaus in der Hand gehabt, das Thema schon länger zu einem Thema zu machen, auch im Deutschen Bundestag. Sie hat es nicht gemacht. Warum nicht?“

Ja, Herr Oppermann. Haben Sie als Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste den alten Bekannten vom BND nie die Frage gestellt, wie denn der Austausch mit den Freunden von NSA so läuft? Auch nicht mit dem seit 2005 angeblich völlig ahnungslosen Herrn Steinmeier über seine Erfahrungen mit NSA und BND z.B. in Entführungsfällen gesprochen?

Gut, legen wir eben alles vor die richtige Haustür: Dann fordert doch den Rücktritt von Kanzleramtsminister Pofalla und von Bundeskanzlerin Merkel wegen „Bruch des Amtseides“ in der „NSA-Affaire“! Die Bürger werden sich dazu ein Urteil über „Verhältnismäßigkeit“ bilden.

Nummer 3: „Kanzlerin soll den Gerhard Schröder geben.“

Das fordert Peer Steinbrück nach dem Motto: Hau die Amis wie beim Irak-Krieg. Nun fragt doch lieber erstmal den Transatlantiker Hans-Ulrich Klose, MdB, um Rat. Schröders antiamerikanische Auftritte waren 2002-2003 zur Zeit des US-Präsidenten George W. Bush keine wirklich gute Idee. Und so etwas wäre erst recht heute gegenüber dem Präsidenten Barack Obama keine gute Idee.

Was sagen uns solche Ideen über ihren Urheber? Aber wenn wir schon beim politischen Unfug sind, es gibt immer die Möglichkeit, den noch zu steigern.

Da treten zwei norddeutsche MdBs auf. Burkhardt Müller-Sönksen, FDP, hat als Wehrpflichtiger gedient. Lars Klingbeil, SPD, hat bei der Bahnhofsmission Hannover gedient. Beide gelten als „Verteidigungsexperten“. Jetzt bestätigen sie ihre Qualifikation nach dem Grundsatz „Angriff ist die beste Verteidigung.“

Sie gehen dem NSA-Chef General Keith Alexander direkt an die Wäsche bzw. an die Uniform. General Alexander soll einen Orden der Bundeswehr ablegen. Den hatte der mit unserem Land und seinen deutschen Kameraden freundschaftlich verbundene Offizier nicht nur verdient, sondern er hält die Auszeichnung durch Tragen auch in Ehren.

Mit sozial-liberalem Gruß: Macht mal halblang. Wir Bürger wollen zwar nach den aufrüttelnden Worten von Herrn Gerhart Baum, dass Ihr alle zu Eurem NSA-Informationsstand die Hosen runter lasst. Aber lasst doch General Alexander den Orden, den Ihr nicht verliehen habt. So wie wir nicht verlangen, dass Ihr Euch gleich jetzt der Beinkleider entledigt und rumlauft wie am FKK auf Sylt.