Wer ist krank?

Heute lese ich den Kommentar eines angesehenen Journalisten *1) zur „NSA-Affaire“.

Mit „Bespitzelung von Bürgern und Botschaften, von Konzernen und Bündnispartnern .. gegen das Völkerrecht. Sie ist monströs und so rechtswidrig wie …“ Guantánamo und die Drohnen, klagt der Autor ausführlich an.

Dies sind für Herrn Brinkbäumer Symptome, die durch Wahn und Manie der USA verursacht sind. Damit hat er bereits die Diagnose gestellt: Besessenheit als „Phase des manisch-depressiven Irreseins mit abnorm heiterem Gemütszustand, Enthemmung und Triebsteigerung.“ *2)

Guten Bekannten ist jetzt zu raten, sich zu sammeln; denn wie wir gestrickt sind, kaum hören wir von einer Krankheit, schon haben wir sie.

Als Student habe ich häufig mit Medizinern gejobbt. Damals dachte ich, dass auch ein mühsam Ökonomie Studierender etwas von der ärztlichen Methode lernen kann. Von der Symptomatik, der Anamnese (Vorgeschichte), der Ätiologie (Ursachenforschung), der Differentialdiagnose (was ist es nicht?), der Diagnose (Was ist es?), der Prognose, zur Therapie. Statt immer nur Mathematik anhand ökonomischer Modelle zu treiben, statisch und dynamisch der ganze Horror.

Wie geht nun Klaus Brinkbäumer gegen den Patienten USA vor? Zur Vorgeschichte: Da reicht der Hinweis auf den 11. September 2001. Das sei aber belanglos für den Bespitzelungswahn Amerikas: „Was sie tun, steht in keinem Verhältnis zur Gefahr.“ Denn so argumentiert Herr Brinkbäumer als Fachmann für die Terrorismusgefahr: „Seit 2005 sind durch Terrorismus pro Jahr im Schnitt 23 Amerikaner ums Leben gekommen, die meisten im Ausland. ´Mehr Amerikaner sterben durch herabfallende Fernseher`“, zitiert er einen konsultierten Fachkollegen. Und schon steht die Diagnose für den Fachmann Brinkbäumer: „Manie, Wahn!“ Also, ab ins Irrenhaus mit Amerika und seinem Präsidenten Barack Obama.

Nicht ganz untypisch für einen deutschen Facharzt – das gilt auch für andere akademische Disziplinen – wird Herr Brinkbäumer richtig ärgerlich, wenn andere Ärzte bei der Diagnose zu umständlich-gewissenhaft sind: „Merkel müsste sagen: Ihr seid manisch, und was ihr da tut, ist krank … Stattdessen wägt sie jedes Wort ab.“ Sein Urteil über Ärzte wie Dr. Angela Merkel: „verheerend schwach“.

Bei solchen deutschen Fachärzten für psychische Erkrankungen ganzer Länder und ihrer politischen Systeme wundert einen nichts mehr. Schon gar nicht der Fall eines einzelnen bayerischen Bürgers. Der Fall des Herrn Gustl Mollath, der mit Hilfe von Ärzten, Anwälten, Gerichten auf Betreiben der Ex-Frau seit Jahren in der Psychiatrie gefangen gehalten wird. Weil er die Wahrheit über kriminelles Verhalten einer Großbank gesagt hat, was aber erst Jahre später ans Licht kam.

Ministerpräsident Seehofer, den offenbar ein bürgernahes Gerechtigkeitsempfinden neben dem klaren Blick auf den Wahltermin auszeichnet, soll rasen vor Wut über die gleichgültig scheinende Justizministerin Merk. Die gar nichts merkt und sich – wie Medien berichten – mit dem Verweis auf die Unabhängigkeit der Gerichte zufrieden gibt.

Nun haben deutsche Bürger wenigstens eine Chance, Verteidiger gegen Verdikte von irren oder irrenden Ärzten zu finden. Amerika hat diese Chance nicht. Nicht einmal ein Präsident wie Barack Obama. Nicht in Deutschland. Nicht bei einer Kapazität wie Klaus Brinkbäumer.

*1) SPIEGELONLINE, 15. Juli 2013, Amerikas Wahn. Ein Kommentar von Klaus Brinkbäumer.
*2) Duden, Fremdwörterbuch, Manie.