Kopf hoch, Herr Ackermann!

In offenbar zähesten Verhandlungen im Europäischen Rat der 27 und in der Euro-Gruppe der 17 scheinen sich Vereinbarungen abzuzeichnen, die das Problem übermässiger Staatsschulden schrittweise entschärfen könnten.

Bei diesen Verhandlungen hat auch Herr Ackermann, Vorsitzender des IIF („The Institute of International Finance, Inc.“), des globalen Verbandes der Finanzinstitute, eine wichtige Aufgabe. Er ist „in die Verhandlungen über einen höheren Verzicht der Gläubiger Griechenlands eingebunden.“ (FAZ, 16.10.2011).

Dass diese Aufgabe für ihn keine reine Freude ist, lässt sich leicht nachvollziehen. Das am 21. Juli 2011 geschnürte „zweite Rettungspaket“ für Hellas, zu dem der IIF „freiwillig“ mit 21% Forderungsverzicht beitrug, muss nun bedeutend dicker werden. Auch für die Banken und Versicherungen des IIF-Verbandes. Und dies muss Herr Ackermann ihnen begreiflich machen, nachdem die IIF-Gläubiger bereits auf 27 Mrd. Euro Forderungen an Hellas und bis 2020 auf 300 Mrd. Euro Zinsen verzichtet haben. Deshalb wandte er sich Ende September gegen „ein erneutes Aufschnüren“ der Vereinbarung vom Juli und plädierte angesichts der Zugeständnisse an Griechenland für „zügige und resolute Umsetzung“.

In dieser Lage erscheint es auch plausibel, dass Herr Ackermann klarstellen will, in seiner Funktion als IIF-Vorsitzender im Rahmen der Schulden-Verhandlungen nicht „pro domo“, also für die Interessen seines eigenen Hauses, der Deutschen Bank, zu agieren. So kann man nämlich seine wiederholte Zusage verstehen, „die Deutsche Bank (wolle) weiterhin ohne Staatshilfe auskommen“ (FAZ, 16.10. 2011). Für Herrn Ackermann wäre dies bekanntlich Anlass, „sich zu schämen“. Außerdem sei die Deutsche Bank finanziell gut ausgestattet und habe keinen zusätzlichen Kapitalbedarf (www.manager-magazin.de, 16.10.2011).

Seine Position leuchtet ein: Welches private, international aufgestellte Bankunternehmen sollte nicht Scham empfinden, hielte es für eigenes Versagen und Fehlspekulation beim Steuerzahler die Hand auf? Und setzte sich damit den irren Attacken von Herrn Lafontaine und Frau Wagenknecht aus, die wir gerade wieder auf ihrem Parteitag hörten. Gegen diese „Zockerbande der Finanzkrise“ wollen sie ein Monopol der öffentlich-rechtlichen Sparkassen durchsetzen.

Diese Forderung erscheint schon deshalb absurd, weil beide genau wissen: Nach der Finanzkrise 2008 wurden bis zu zwei Drittel der staatlichen Kosten für die Rettung der Banken-„Zockerbuden“ (Lafontaine) von den öffentlich-rechtlichen Sparkassen und ihren Landesbanken verursacht. Rechnet man die 10 Mrd. € für die teilstaatliche IKB hinzu, könnten bis zu 80% der Rettungskosten, die auf den Staat, also den Steuerzahler, zukommen, nur für staatlich kontrollierte Institute anfallen (vgl. Prof. Christoph Kaserer, Staatliche Hilfe für Banken und ihre Kosten, August 2010, insm.de). Und Hellas steht bei diesen Kalkulationen noch aus.

Daher sollte die Zusage von Herrn Ackermann, für die Deutsche Bank auf staatliche Hilfe zu verzichten, eigentlich Respekt des Steuerzahlers verdienen. Auch den Respekt der Regierung, mit einer Dosis Ärger vielleicht; denn der Subventionsverzicht Herrn Ackermanns lässt die öffentlich-rechtlichen Institute, denen die Politik mit Steuergeld helfen muss, nicht gerade unterstützungswürdig erscheinen. Das mag umso mehr verärgern, als nicht wenige Aufsichtsräte dieser Landesbanken ja bekanntlich Politiker und Gewerkschaftler sind.

Wäre deshalb Einsicht und Stillschweigen, wenn auch zähneknirschend, von dieser Seite zu erwarten? Gerade von den für den Staatshaushalt zuständigen Politikern? Den durchweg für ihren harten Job als „Haushälter“ besonders verdienstvollen Abgeordneten?

Weit gefehlt offenbar. Reine Bürgerdusseligkeit, dies anzunehmen. Denn der geschätzte haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, MdB Carsten Schneider, zeigt, was wirklich Sache ist: „Etwas Demut stünde Herrn Ackermann gut zu Gesicht“. Hoffentlich redet er nicht für alle Haushälter. Nie hätte ich geglaubt, ein Mitglied der Zivilgesellschaft, auch wenn sein Name Ackermann ist, könnte in Deutschland von einem Vertreter des Deutschen Bundestags, unserem höchsten Staatsorgan, zu „Demut“ aufgefordert werden. Und dies ausgerechnet, weil Herr Ackermann nicht an der Staatshilfe für gescheiterte Banken partizipieren will!

Also Verzicht auf Staatshilfe durch ein Privatunternehmen wird als Hochmut interpretiert. In welcher Wirtschaftsordnung leben wir? Etwas „demütig“ hätte der Repräsentant unseres Staates, MdB Carsten Schneider, Herrn Ackermann also am liebsten. Bei solcher Anmaßung könnten sich Zivilgesellschaft und Steuerzahler am Ende noch genötigt sehen, sich mit Herrn Ackermann zu solidarisieren. Wundert Euch nicht über die Umfrageergebnisse der Piratenpartei, den selbsternannten Vertretern der Privat- und Bürgergesellschaft gegen Obrigkeitsallüren!