ARD-Boxen: binnen-plurale Kontrolle.

Wer im Leben die eine oder andere Tracht Prügel einsteckte, sieht Boxsport lieber im Sessel.

Wer sich dann noch mit Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments, beschäftigte – „Ich will … ich kämpfe … leidenschaftlich“ (Schulz-Duktus) – verdaute eine Überdosis von „Wille, Leidenschaft und Kampf“. Dies ist übrigens das Motto des SV Hüffenhardt. *1)

Im Sport ist solches Pathos sicher angebracht, schon um die cheerleader-girls zu beeindrucken. Wie gesagt – Kampf, Wille, Leidenschaft – bei solcher Politik-Prosa kann man sich schon mal in den ARD-Boxsport verirren.

Folgendes war am späten Samstagabend zu sehen.

Ein sogenannter „Aufbaukampf“ – für eine deutsche Hoffnung, Tyron Zeuge. Mit allerbestem Trainer und Sparringspartnern ausgestattet. Sein Gegner: George Beroshvili aus Georgien. Gekommen, um sich 10 Runden lang verprügeln zu lassen. Dem hatte er nichts entgegenzusetzen als tapferes Einstecken und Durchhalten.

Stolz des deutschen Siegers und seines Trainers auf den Titelgewinn im Kampf Industrieland gegen Entwicklungsland. „Schmutziger Lorbeer“ – durch mangelnde Ausbildung und Vorbereitung unterlegene Faustkämpfer aus armen Ländern als Prügelopfer für den Aufbau deutscher Box-Hoffnungen! Der wahre Sieger – Kampf, Wille, Leidenschaft – war der Boxer George Beroshvili! Schon wieder hatte Deutschland über das kleine Georgien gesiegt, nach Putin und nach Punkten.

Beim skandalösen „Gipfel“ des Sportabends blieben die Deutschen wenigstens unter sich. Dieses Spektakel hätte durch ärztliches Einschreiten von vornherein verboten werden müssen.

Ein 29-jähriger Weltmeister, Marco Huck, sollte seinem „Meistertrainer Ulli Wegner“ beweisen, dass er in der Lage ist, „in Drucksituationen seine Topleistung abzurufen“ *2)

Dazu bedurfte es des TKO-Sieges über den 43-jährigen Firat Arslan. Dem Einzigen im Ring, der sich dem Boxsport erkennbar mit „Kampf, Willen, Leidenschaft“ vollständig verschrieben hat.

Firat Arslans „Trainer“ fiel dadurch auf, dass er vor dem Kampf das große Wort führte, in den Kampfpausen „Bleib dran!“ sagte und nach dem Kampf verschwunden war.

Eine Schande für den deutschen Veranstalter, die beiden Trainer und die begeisterte TV-Prominenz am Ring. Eine Schande auch für die ARD. Die sollte vor solchen Übertragungen prüfen, was wirklich gespielt wird. Welches Deutschlandbild da in Europa vom öffentlich-rechtlichen ERSTEN verbreitet wird.

Dazu gibt es den Programmbeirat. Der sieht sich im Auftrag der Gebührenzahler tätig, um TV-Programme zu „begleiten und zu kontrollieren“. Diese Funktion werde „unter dem Begriff der binnen­-pluralen Kontrolle subsumiert, auch wenn man nicht immer ganz genau weiß, was damit eigent­lich gemeint ist.“ *3)

Doch, am Samstagabend wussten wir genau, was damit gemeint ist!

*1) „ ´Wille, Leidenschaft und Kampf`. Der SV Hüffenhardt belohnt sich nach tollem Spiel”. www.nokzeit.de/wille-leidenschaft-kampf-und-moral/‎.

*2) Spektakel in Stuttgart. Von Jens Jörg Rieck. Stand: 26.01.2014; www.sportschau.de/boxen/vorkaempfe_stuttgart100.html. Ferner informiert uns Herr Rieck über den Kampf des Georgiers Aduashvili gegen den Deutschen Kölling: „Angst einflößend wirkte sein Gegner Paata Aduashvili nicht nur wegen seiner überschaubaren Bilanz nicht. Und schnell zeigte sich die Überlegenheit des Deutschen.“ Sieg über Georgien auf der ganzen Linie …

*3) Kontrolle durch Dialog. 50 Jahre Programmbeirat. Von Sibylle Goldacker; programmbeirat-kontrolle-durch-dialog-sibylle-goldacker100.pdf; www.daserste.de/service/kontakt-und-service/ard-programmbeirat/.