Bürger, Postkunde, Grundrecht.

Missstände werden nicht beseitigt, wenn sie hingenommen werden. Bürger, wehrt Euch! Dazu ein vorweihnachtlicher Bericht.

Das Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland garantiert Bürgerinnen und Bürgern: I. Grundrechte, Artikel 10 (1): „Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“

Heute Morgen, Montag 22. Dezember 2014, brachten einige Bürger von Bad Honnef gegen 10.20 Uhr ihre Weihnachtspost zum Hauptpostamt, Am Saynschen Hof. Darunter nicht wenige alte Damen. Vielleicht hofften sie, dass der dortige 1.50 m hohe Briefkasten häufiger geleert wird als die kleinen Briefkästen in anderen Ortsteilen.

Das erwies sich als Irrtum. Geleert wird der Kasten erstmals um 15.00 Uhr. Zugleich muss festgestellt werden: Vor dem Hauptpostamt in Bad Honnef wurde das Briefgeheimnis nach Artikel 10 (1) GG akut gefährdet.

Denn der Briefkasten quoll über. Die Weihnachtspost musste mühsam hineingeschoben werden. Manche der alten Damen schienen sehr besorgt, mögen sie doch dem Gruß an die Enkel ein „Scheinchen“ beigefügt haben …

Die Briefe im Postamt abgeben? Mittlerweile ist dort eine Schlange von gut 50 Wartenden. Und die erste Leerung ist um 15.00 Uhr!

Jeder Ganove hätte leicht an die hundert Weihnachtsbriefe herausnehmen können, um mal zu gucken, was denn so alles drin ist. Und der Kasten war sicher über Nacht schon voll …

Ich sage den besorgten Damen, dass ich reklamieren werde. Rein in das Postamt, an der Schlange vorbei und den stark belasteten Mitarbeitern gesagt, dass die Briefe einem schon entgegenrutschen, so überfüllt sei der Briefkasten. Antwort: „Da können wir leider gar nichts machen.“

Dafür werde ich etwas machen. Zum Rathaus, zum Ordnungsamt. Sachverhalt geschildert. Dort erklären mir Verantwortliche: „Wir sind für die öffentliche Ordnung zuständig, die Post ist aber ein privates Unternehmen.“ Mein Einwand: „Akute Gefährdung des durch das Grundgesetz garantierten Briefgeheimnisses — verstößt das nicht gegen die öffentliche Ordnung? Können Sie der Post nicht Weisung erteilen?“ Ratlosigkeit. Ich schlage vor: „Bitte, zeigen Sie mir, wo die Polizei ist.“

Gleich ein paar Türen weiter. Ein sehr kompetenter Hauptkommissar. Der begreift das Problem sofort und meint: „Wieso können die nicht wenigstens einen Zettel dran machen und darum bitten, dass die Post drinnen abgegeben wird? Ich werde da mal vorbeifahren.“

Ich denke an die rd. 50 Wartenden in der Schlange, die Gebrechlichkeit einiger der älteren Menschen und hoffe auf das Beste.

Vielleicht hat sich bei den Verantwortlichen der Postorganisation nicht herumgesprochen, dass zu Weihnachten viele Briefe geschrieben werden. Vielleicht denken die nur in Mittelwerten: Mehr als 64 Mio. Briefe werden in Deutschland werktäglich zugestellt. *1), S. 9.

Bei mindestens 0.60 Euro pro Brief kommen schnell 40-50 Mio. Euro Umsatz pro Werktag zusammen. Rd. 10 bis 12 Mrd. Euro Umsatz im Jahr werden wohl mindestens mit dem Briefgeschäft gemacht. Könnte da nicht auch einmal an saisonale Belastungsprobleme gedacht werden?

Für Mitarbeiter und Kunden? „Das ´Und` verbindet uns — mit Menschen und Märkten“, schreibt die Deutsche Post DHL in ihrem Corporate Responsibility-Strategie-Bericht 2013: „Entscheidend ist das ´Und`“. *1)

Diesem Ziel dient die „Unternehmenskultur“ der Deutschen Post DHL: „Uns ist es gelungen, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die auf nachhaltiges und ethisches Wirtschaften ausgerichtet ist … Ein neues Kernelement ist unser konzernweites Netzwerk zum Thema ´Responsible Business Practice`. In ihm erfassen wir alle Aspekte in der Unternehmensverantwortung systematisch und prüfen geeignete Maßnahmen.“ *1) (S. 5).

Bei solch hehren Prinzipien, bei tief kulturell geprägtem Miteinander und Prüfung von „geeigneten Maßnahmen“ durch die Post — wer mag da noch wegen des Briefgeheimnisses meckern?

Frohe Weihnachten und Guten Rutsch!

*1) Unternehmensverantwortung 2013. ENTSCHEIDEND IST DAS „UND“. Deutsche Post DHL; http://www.dpdhl.com/content/dam/dpdhl/verantwortung/downloads/bericht2013_de_online_interaktiv.pdf.