Bürger wollen Standfestigkeit.

Jeder, der mit Griechen beruflich zu tun hatte, weiß um ihr Verhandlungs- bzw. Händlergeschick. Syriza setzt auf Zermürbung.

Syriza beutet den Deutschland wertvollen Grundsatz aus, die Europäische Union und die Eurozone zusammenzuhalten. Das ist für Deutschland ein hoher Wert, für Syriza anscheinend nichts als ein Poker-Vorteil.

Die pokernde Schamlosigkeit Syrizas zeigte sich, als sie die Russlandkarte zog, und die nach EU-Grundsätzen und durch völkerrechtliche Verträge abgeschlossene Nazi-Vergangenheit gegen Deutschland in ihr Poker-Spiel einbrachte.

Jetzt hat Finanzminister Varoufakis dem Präsidenten der Eurogruppe einen Antrag vorgelegt, aus dem nur eins klar hervorgeht. *1) Syriza will mindestens 7.2 Mrd. Euro Kredithilfe. Ziel scheint zu sein, mit diesem Hilfsprogramm für weitere 6 Monate ab Ende Februar zunächst ohne erkennbar verpflichtende Reform-Gegenleistung über die Runden kommen.

In diesen 6 Monaten soll ein neuer Plan für die Hilfsprogramme mit der EU und dem IWF erarbeitet werden. Dieser Plan dient aus Syrizas Sicht offenbar vor allem dazu, ihre Wahlversprechen zu finanzieren. *1a,b,c)

Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat diesen Antrag abgelehnt. Aus Sicht wohl vieler deutscher Steuerzahler zu Recht. Denn dem von Syriza geplanten Bruch bisheriger Vereinbarungen steht als Gegenleistung nichts gegenüber als die vage Zusage auf Zusammenarbeit, wohl gebunden an Syrizas Wahlversprechen.

Nicht wenige Bürger mögen in dieser Stellungnahme des Bundesfinanzministers sogar seine Pflicht zur Abwehr vertragswidriger Zusatzausgaben vermuten: „Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen. Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden.“ (Artikel 112, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland). Syrizas Wahlversprechen als „unabweisbares Bedürfnis“ für deutsche Zusatzausgaben?

Nachdem Bundesfinanzminister Schäuble den von Finanzminister Varoufakis eingereichten Antrag abgelehnt hatte, folgte von Syriza eine fast unglaubliche Reaktion: „Die Euro-Finanzminister hätten nur die Optionen, dem griechischen Vorschlag zuzustimmen oder diesen abzulehnen.“ *2)

Das heißt im Klartext: Varoufakis maßt sich gegenüber den Finanzministern der Eurogruppe die Rolle des diktierenden Optionsfixierers an. Sein „Antrag“ ist nicht Verhandlungssache, wie Sigmar Gabriel *2) meint, sondern entweder „So“ oder „Gar nichts“.

Den deutschen Steuerzahler drückt bei solcher Attitüde umso mehr die Sorge, dass Deutschland für Kredithilfen an Hellas bürgt, mit bisher 70 Mrd. Euro. Die Klarsicht des Bundesfinanzministers Schäuble über den Syriza-Stil europapolitischer Zusammenarbeit vermerkt der deutsche Bürger deshalb dankbar.

Dass der in dieser Angelegenheit zunächst gar nicht zuständige Vizekanzler Sigmar Gabriel Schäubles Position durch öffentliche Kritik *2) unterminiert, wird Varoufakis, nicht aber den deutschen Bürger freuen. Überdies hat Gabriel das anmaßende Optionsdiktat gar nicht verstanden, wenn er meint, das Varoufakis-„Angebot“ sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. *2)

Gestern noch verhöhnte die CSU auf ihrem politischen Aschermittwoch die SPD als Kolumbus: weiß nicht, wohin sie will, wo sie ist und woher sie kommt.

Doch es kommt noch schlimmer. In der morgigen Ausgabe der Tageszeitung „Neues Deutschland“ (Parteiblatt für Die LINKE) will ein Göttinger Parteienforscher „die Orientierungslosigkeit der Sozialdemokraten“ belegen: „Die SPD weiß nicht mehr, welches Ziel sie auf welchem Weg für welche Gesellschaftsgruppen erreichen will … Im Prinzip changiert die SPD bereits seit dem Ausgang der 1990er-Jahre erratisch zwischen Wirtschaftsliberalität und Umverteilungsrhetorik“. *3)

„Changieren, oszillieren, nuancieren“, soll dies die Methode politischer Positionierung und Führung der Bundes-SPD nach der Neujahrs-Klausur in Nauen werden?

Wenn das so wäre, dürfte die Feststellung der ZEIT optimistisch sein: „In den Umfragen klebt die SPD bei 25 Prozent.“ *4) Bei Forsa (18.02.2015) sind es nur noch 23 Prozent!

*1) Brief an die Eurogruppe. Griechenlands Antrag im Wortlaut. FAZ.NET dokumentiert den Brief aus dem griechischen Finanzministerium an den Präsidenten der Eurogruppe. 19.02.2015.

*1a) „The new government is committed to a broader and deeper reform process aimed at durably improving growth and employment prospects, achieving debt sustainability and financial stability, enhancing social fairness and mitigating the significant social cost of the ongoing crisis … (D.h. Senkung des Schuldendienstes (Zinsen und Tilgung), mehr Spielraum für Sozialausgaben. RS)

*1b) … the Greek authorities are now applying for the extension of the Master Financial Assistance Facility Agreement for a period of six months from its termination during which period we shall proceed jointly, and making best use of given flexibility in the current arrangement, toward its successful conclusion and review on the basis of the proposals of, on the one hand, the Greek government and, on the other, the institutions.“ (D.h. 6 Monate Dauerverhandlungen, um Euro-Regeln für staatliches Sparen und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft aufzuweichen, RS).

*1c) „… the Greek government expresses its determination to cooperate closely with the European Union’s institutions and with the International Monetary Fund in order: (a) to attain fiscal and financial stability and (b) to enable the Greek government to introduce the substantive, far-reaching reforms that are needed to restore the living standards of millions of Greek citizens through sustainable economic growth, gainful employment and social cohesion.“ (D.h. keine weitere Mühe für Budgetkonsolidierung, dafür Lohnerhöhungen und unspezifizierte Sozialausgaben, RS).

(Hervorhebungen RS; deutschsprachige Erläuterung auf Leserbitte am 22.02.2015 beigefügt, RS).

*2) SpiegelOnline. 19. Februar 2015, 14:51 Uhr. Athens Brief an die Euro-Gruppe. Schäuble blockt, Gabriel offener.

*3) DTS-Meldung vom 19.02.2015, 14:28 Uhr. Politologe: TTIP-Streit in SPD Ausdruck von Orientierungslosigkeit. (Hervorhebung RS).

*4) SPD. Das Unglück der Sandwich-Partei. Von Lisa Caspari. 9. Februar 2015; http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-02/spd-klausur-sigmar-gabriel/komplettansicht