Mark my words!

Nikolaus Blome, Mitglied der Chefredaktion des SPIEGEL, hat zwei Brüche europäischer Prinzipien analysiert. Putins militärische Intervention in der Ostukraine und Syrizas einseitige Kündigung der Verträge zur Stabilität der Eurozone. Blome empfiehlt: Härte zeigen! *1).

Hellas mag ja noch auf Härte stoßen. Bürger werden vermerken, aus welchen Parteien Zustimmung „signalisiert“ wird, bevor der Maßnahmenplan für Konsolidierung des Staatshaushalts und für Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit überhaupt in Brüssel vorliegt.

Gegenüber Putin scheint der „Moment .. inzwischen verpasst, in dem Härte … kurzfristig etwas hätte bewirken können. Den Fortgang der Ereignisse bestimmen nunmehr Russland und seine ostukrainischen Separatisten allein.“ *1)

Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier haben gewiss ihre Möglichkeiten der Diplomatie ausgeschöpft. Dies „ehrt sie.“ So Blome.

Wie weit wird Putin seinen „hybriden Krieg“ und seine Subversions-Politik mit russischen Minderheiten in Europa treiben? Niemand weiß es. Nur eins ist sicher. Wenn überhaupt etwas diesen Kurs Putins stoppt, dann sind es die USA. Sie allein sind fähig und vielleicht willens, „Härte“ zu zeigen.

Und den Hinweis auf Härte haben wir zustimmend gehört. Schon vor Herrn Blome. In Deutschland. Auf der Münchener Sicherheitskonferenz, am 12. Februar 2015. Von US-Senator John McCain, Republikanische Partei. *2) Hier seien Senator McCains zentrale Gedanken möglichst wortgetreu wiedergegeben.

Der US-Senator erinnerte uns: Wir bauten eine freiheitliche Weltordnung und Frieden durch Stärke auf. Durch die Stärke demokratischer Werte, durch die Stärke freiheitlicher Gesellschaften, also durch „soft“ und auch durch „hard power.“ *2)

John McCain fragte mit Blick auf die heutigen Probleme internationaler Politik: Sind wir diesen Herausforderungen heute gleichermaßen gewachsen?

Senator McCains Analyse zu Putins Strategie war ebenso eindeutig wie offenbar in Deutschland unerwünscht. *2)

Im Herzen Europas, zum ersten Mal seit sieben Jahrzehnten, wurde eine souveräne Nation angegriffen und ihr Territorium mit Gewalt annektiert. Von Mitteleuropa bis zum Kaukasus fühlen die Völker Russlands Schatten. Und in diesem Schatten werden freiheitliche Werte, demokratische Unabhängigkeit und offene Marktwirtschaft untergraben.

Wir leben in einer Zeit, in der bisherige Gewissheiten beispiellos verworfen werden. Wir sollten diese Bedrohungen — vom Mittleren Osten bis Asien und hier in Europa — nicht isoliert sehen. Im Zusammenhang gesehen, bilden sie die größte Gefahr für die Werte unserer transatlantischen Allianz und den Bestand der freiheitlichen Weltordnung, die wir seit einer Generation erleben müssen.

Putin will keine diplomatische Lösung. Wie Russlands übrige Nachbarn will Putin auch die Ukraine dominieren. Mag er hier und da taktische Kompromisse eingehen, sie sind nur Vorspiel weiterer Aggression.

Manche sagen, die Ukraine kann Russland nicht militärisch besiegen. Das ist die falsche Fragestellung. Die richtige Frage lautet: Können wir den Ukrainern helfen, die militärischen Kosten für die russischen Kräfte zu erhöhen, die ihr Land besetzt haben? Wie lange kann Putin dann einen Krieg führen, den zu führen er vor dem eigenen Volk bestreitet?

Senator John McCain empfiehlt deshalb, der Ukraine Defensivwaffen zu liefern.

Senator McCain mahnt den Westen: „The struggle for peace and freedom in Ukraine and the heart of Europe, in Syria and the Middle East, and across the seas of Asia—these are our struggles. They are our struggles, because they will decide the fate of our Liberal world order—whether this international system, which has kept the peace and expanded human well-being for decades will endure, or whether it will be gradually, fatally, eroded … Mark my words!“ *2)

Außenminister Steinmeier bezog sich auf der MSC-Sicherheitskonferenz indirekt auf die Analyse McCains zu Russland: Die Frage, ob Russland Freund, Partner, Feind oder Opponent sei, ließe sich leichter beantworten, wenn man weiter von der Konfliktregion entfernt sei. Ist man näher dran, in der Nachbarschaft, sehe das anders aus. *3)

Dieser Kommentar brachte Herrn Steinmeier zwar freundlichen Applaus. Dies machte Steinmeiers Bemerkung aber nicht weniger fragwürdig.

Geographische Nähe zählt in der interdependenten Globalisierung wenig, wenn es um Erkenntnisgewinn geht. Erst recht nicht, wenn in der Ostukraine durch Zugangs-Blockaden gegen die OSZE-Monitoring-Gruppe verläßliche Informationen nur die Satellitenaufklärung der USA liefert. Und wenn Herr Steinmeier sich durch geographische Nähe schon so sicher im Besitz der Einsicht in die ukrainische Kriegsregion und die Motive Putins wähnt: Warum macht er sich dann nicht die Betrachtungsweise der Russland direkt benachbarten Partner Polen und der baltischen Staaten zu eigen?

Während Putin einen europäischen Staat zerlegt, weil der nichts anderes will als assoziierter Vertragspartner der EU zu sein, tritt diese EU „nur noch als Notar auf: Sie gewährt Brief und Siegel auf die Teilung eines vormals souveränen europäischen Staates.“ *1)

Was könnte Blomes „Härte zeigen“ denn konkret bedeuten? Da bleibt es still bei Ukraines Nachbar Deutschland. Wenn überhaupt noch Hoffnung für die Ukraine besteht, beruht sie auf den aus Steinmeiers Sicht wohl zu weit entfernten USA.

Konkrete Maßnahmen für eine „härtere Gangart des Westens gegenüber Russland“ benannte Leon Panetta, Demokratische Partei, US-Verteidigungsminister vom 1. Juli 2011 bis 27. Februar 2013, in einem Gespräch mit dem SPIEGEL: Weitere Wirtschaftssanktionen; weitere Militärmanöver der NATO in ihren osteuropäischen Mitgliedstaaten; die Pläne für ein europäisches Raketenabwehrsystem wieder aufzugreifen; Energielieferungen der USA an alle Länder, die von Energie aus Russland abhängig sind. *4)

Die Empfehlungen Panettas erscheinen äußerst maßvoll im Vergleich zu Putins Annexionspolitik.

Gegen dessen Kriegführung standen „den Europäern wirksame, nichtmilitärische Mittel die ganze Zeit über zur Verfügung, etwa eine Blockade der Überweisungen an russische Banken oder ein Öl-Embargo.“ Diese Maßnahmen „nicht gewagt zu haben, hat nichts zum Besseren gewendet. Das Prinzip der garantierten Grenzen ist gebrochen“. *1)

Durch Präsident Putin allein! Und das Fazit Blomes lautet: Der Verzicht auf Härte hat nichts gebracht!

Mark my words! Senator John McCain hat es uns vorausgesagt.

*1) Merkel in Griechenland- und Ukraine-Krise. Härte hilft. Ein Kommentar von Nikolaus Blome. SPIEGELONLINE; 23. Februar 2015.

*2) http://www.mccain.senate.gov/public/index.cfm/2015/2/remarks-by-senator-john-mccain-to-munich-security-conference. (Übertragung RS, Hervorhebung RS. Mit „Mark my words!“ schloss Senator McCain seine Ausführungen in München). Die Rede des Senators McCain findet sich im Gegensatz zu den anderen wichtigen Reden nicht als ´link` auf der MSC-Website.

*3) http://www.state.gov/secretary/remarks/2015/02/237298.htm.

*4) Ex-US-Verteidigungsminister für härtere Gangart gegenüber Russland. DTS-Meldung vom 13.02.2015, 18:00 Uhr.