Das Gegenmodell des MdEP Jo Leinen.

Im Deutschlandfunk war es heute morgen zu hören. Das „Gegenmodell“ zu dem Ziel der Bundeskanzlerin, den beschädigten Stabilitäts- und Wachstumspakt zu schärfen.

Das heißt, die EU zu einer Stabilitäts-, Fiskal- und Wettbewerbsunion zu formen. Der Sozialdemokratie stünde gut an, den Rezepturen Herrn Leinens nicht zu folgen.

Denn das Ergebnis ihrer Anwendung wäre in einem Jahr: 4% Preissteigerung, lohnpolitische Zweitrundeneffekte, dann steigende Inflation oder Rezession oder beides.

Hier steht das „Gegenmodell“ des sozialdemokratischen Europaabgeordneten Jo Leinen:

„Nun, wir haben ja die Debatte über Eurobonds, wir haben die Debatte über die Rolle der Europäischen Zentralbank, wir haben das No-Bail-out …. Aber wir haben hier mit der Finanzkrise eine ganz andere neue Lage, und da musste die Stabilität auch kombiniert werden mit der Solidarität, da werden sicherlich viele bei dem Gipfel, aber auch im Europäischen Parlament und sonst wo drauf pochen…..natürlich muss ein Kompromiss gefunden werden. Europa kann nicht genau an dem Modell genesen, das Deutschland für sich gewählt hat. Andere Länder haben andere Umstände, haben andere Kulturen, da wird man sich treffen müssen. Also wir sind ja doch sehr dominant bei dieser Stabilitätskultur, und es muss dann jetzt da auch nachgegeben werden, dass die Banken sich refinanzieren können, dass die Europäische Zentralbank auch intervenieren kann und nicht immer am Rand der Legalität handeln muss. Also ich denke, insbesondere bei der Zentralbank wird es Bewegung geben, die muss Preisstabilität im Auge haben, aber auch Wirtschaftswachstum.

(www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1619523/; Hervorhebungen RS).

Zwar enthält die Aussage mit Bezug auf Deutschland eine scheinbare Plausibilität: Mögen höhere Mächte Herrn Volker Kauders unerträglich arroganten Satz „Europa spricht Deutsch“ sanktionieren!

Doch hier geht es um etwas nicht Kompromissfähiges – um einen europäischen Pakt. Da gilt bekanntlich: pacta sunt servanda. Kann da nicht ein Aufruf zu Kompromiss als Aufruf zur Rechtswidrigkeit verstanden werden?

Zu diesem Grundsatz der Vertragstreue nimmt Herr Leinen eine Haltung ein, mit der bereits früher der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt durch Herrn Eichel aufgeweicht wurde. Das ist Beharren auf dem, was sich inzwischen als Irrtum und Krisenursache herausgestellt hat: „Kompromisse“, die sich gegen das Stabilitätsversprechen richten, das den Bürgern der Eurozone mit der Aufgabe ihrer nationalen Währungen gegeben wurde.

Dann auch noch der abenteuerliche Anschlag auf die Unabhängigkeit der EZB und ihren Auftrag, die Stabilität des Preisniveaus im Euroraum zu wahren. Und das mit der geradezu hinterlistigen Begründung einer Verpflichtung auf Wirtschaftswachstum. Von Leuten, die immer gegen den „Wachstumsfetischismus“ und für die „Abkehr vom Wachstumsparadigma“ gepredigt haben. Dieses Ausmaß der Heuchelei ist schon atemberaubend.