Deutsche Bahn und Freiheit.

Sah ich immer zusammen. Schon mit 13 Jahren, als Fluchtgedanken auf dem Bahnhof Nordstemmen fast übermächtig wurden, wenn der Zug nach Rimini einlief. Doch nun zur Gegenwart. Zur Politik und den mit ihr verquickten Groß-Organisationen und -Unternehmen. Die beanspruchen heute, dass ihr Wirken im Sinne des Gemeinwohls und hoher Grundsätze gesehen wird.

„Konzerngrundsätze Ethik“ beschwören Werte wie Kundenorientierung, Wirtschaftlichkeit, Fortschrittlichkeit, Partnerschaftlichkeit und Verantwortung. *1)

Gehört zur ethischen Praxis die Freiheit der Bürger, also der zahlenden Kunden?

Statt zynischer Heiterkeit über manche Befunde übt der Bürger Geduld. Neigt nicht zum Meckern. Doch gelegentlich scheint Meckern wichtiger als Geduld.

„Misstrauen ist nicht nur verzeihlich, sondern lobenswert.“ So zitiert David Attenborough einen Zoologen, der den ersten Schnabeltierbalg, der nach London gelangte, für eine Variante der „eierlegenden Wollmilchsau“ hielt, die manche Kneipe ziert.

Auch Riesenunternehmen wie die Deutsche Post AG, die Deutsche Telekom, der öffentlich-rechtliche Rundfunk oder die Deutsche Bahn AG mögen mit ähnlicher Skepsis betrachtet werden.

Die drei erstgenannten Unternehmen wurden hier schon einmal aus der Perspektive des Kunden behandelt. Diesmal ist die Deutsche Bahn (DB) dran, wobei ein treuer Bahnkunde schreibt.

Mancher Ärger wurde schweigend hingenommen: Nicht wenige Bahnhöfe in mittleren Städten haben langen und schwierigen Zugang zu den Bahnsteigen, vor allem für Ältere mit schwerem Gepäck.

Schließlich angekommen, suchen solche Käufer von Platzkarten den Wagenstandsanzeiger. Der ist nicht selten im eher hinteren Ende des Bahnsteigs gelegen — von der Zugangstreppe gesehen. Ist dann die Wagen-Nummer im Gedränge der Passagiere gefunden, kann Kunden das Pech treffen, dass sie sich wieder dorthin zurückkämpfen müssen, wo sie herkamen. Damit sie bei der Einfahrt des Zuges in der Nähe des Waggons mit ihrem Sitzplatz stehen. Und dann fehlt noch, dass sich die Reihenfolge der Wagen geändert hat oder der Wagen mit dem gebuchten Platz ganz fehlt.

All diese Beobachtungen als treuer Bahnkunde wurden stoisch hingenommen. Doch jetzt soll einmal nur ein wenig rebelliert werden. Und auch dies nur, um eine kleine Anregung zur „Kundenorientierung“ (Konzerngrundsatz Ethik) beizusteuern.

Der Kunde X tritt am 15. 02. 2016 an den Schalter, um eine Fahrkarte Bonn—Neuss—Bonn (Rückfahrkarte) zu kaufen. Der Termin und der Zug für die Hinfahrt stehen fest. Der Termin für die Rückfahrt Neuss—Bonn in etwa 8 Tagen bleibt offen, da das Ende des Besuchs in Neuss nicht auf den Tag genau festgelegt werden kann. Zum Beispiel, weil die Trennung von Tante Elfriede und Onkel August schwer fällt.

Die gewandte Bahnangestellte Y hatte schnell einen vorteilhaften Sparpreis ermittelt, musste dann aber verlangen, dass ein bestimmter Tag, z. B. Dienstag, der 23.02.2016, für die Rückfahrt festgelegt wird. Sonst gäbe es keine Rückfahrkarte, da Neuss weniger als 100 km von Bonn entfernt sei, nämlich nur rd. 74 km. Ohne jetzt festgelegten Tag der Rückfahrt müsse Kunde X für den von ihm gewählten Rückreisetag im Hauptbahnhof (HBF) Neuss erneut einen Einzelfahrschein nach Bonn kaufen.

Kunde X wendet ein: Ich verzichte auf den Sparpreis. Wohne aber nicht direkt in Neuss. Möchte jedoch am ungewissen Tag der Rückfahrt unbedingt den Mittagszug von Neuss nach Bonn erreichen und deshalb keinesfalls mit längerem Zeitaufwand in Neuss-HBF in der Schlange stehen, um noch einmal ein Ticket zu kaufen.

Bahnangestellte Y: Bedaure sehr. Eine Rückfahrkarte Bonn—Neuss—Bonn gibt es so nicht. Unruhe in der Warteschlange. Kunde X und Frau Y gestresst. Da kommt dem Kunden X die Idee: Dann buchen Sie doch, bitte, das Rückfahrticket von Bonn so weit über Neuss hinaus, dass die elenden 100 Bahnkilometer erreicht werden. Wachsende Unruhe in der Warteschlange.

Frau Y grübelt. Und dankenswert sucht sie schließlich im Fahrplan auf ihrem Rechner und findet — Boisheim. Kunde X zahlt für ein Rückfahrticket Bonn—Boisheim—Bonn und dankt Frau Y für die Lösung.

Und den Chefs im ethischen Konzernmarketing der DB gilt diese Bitte eines treuen Bahnkunden:

Ihr verkauft dem Kunden für € 4.50 pro Strecke das Recht auf einen Sitzplatz. Warum nicht auch gegen einen pauschalen Zuschlag von 3 bis 5 Euro ein Rückfahrticket selbst dann, wenn die einfache Strecke kürzer als 100 km ist.

Im Sinne Eurer „Konzerngrundsätze Ethik“, für „Kundenorientierung“, für „Fortschrittlichkeit und Partnerschaftlichkeit“. Für mehr Freiheit des Bürgers, des für intelligenten Service gern zahlenden Kunden!

*1) Konzerngrundsätze Ethik Verhaltenskodex; https://www.deutschebahn.com/file/de/2192404/.