Die BRICS-Drohung.

Man könnte die BRICS-Verlautbarungen, die einerseits einen anti-westlichen Unterton haben, andererseits ein internationales Kooperationsbündnis von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika in Aussicht stellen, als Lach-Nummer abtun.

Zunächst sind die BRICS allesamt auf die westlichen weltwirtschaftlichen Produktions- und Handelszentren „ausgerichtet“, d.h. Entwicklung und Wohlstand hängt eher vom „Westen“ (USA, EU, Japan) ab als umgekehrt.

Die Perspektiven eines Intra-BRICS-Handels sind nicht unbeachtlich. Dennoch stehen sie als Austausch zwischen eher peripheren Wirtschaftsmächten nicht in substitutiver Beziehung zu dem Handel, Kapitalverkehr und Technologietransfer mit den USA und der EU. Die angekündigte Enge ihrer Zusammenarbeit ist schon beim Tourismus fragwürdig. Welcher Russlandkenner würde denn z.B. Südafrikanern empfehlen durch Russland zu reisen? Allerdings gibt es eine Ausnahme zu dieser relativierenden Sicht: Der Waffenhandel. Da ist tatsächlich Intra-BRICS-Potential …

Im übrigen sollte der Blick zurück bei der Beurteilung helfen: Die Konfliktgeschichte der Atommächte China und Indien wird weithin erinnert. Die Führung Chinas ist bekannt für ihre verächtliche Einschätzung russischer Kompetenz in Fragen von Politik und Wirtschaft. Bestenfalls wird es zu Schulterklopfen der Chinesen für den endlich wach gewordenen Schüler Putin kommen. Chinas Drang, im eigenen Interesse die erste Geige in diesem „Bündnis“ zu spielen, wird den Zusammenhalt prägen.

Jede wirtschaftlich relevante Vereinbarung zwischen politisch, sozio-ökonomisch und demographisch so ungleichen Partnern könnte am Trittbrett-Fahrer-Problem scheitern – d.h. an der Versuchung, sich zum eigenen Vorteil nicht daran zu halten. Wird China im Interesse des Zusammenhalts auch auf eigene Kosten für „win“-Situationen bei seinen BRICS-Partnern sorgen? So wie es die USA gegenüber ihren Bündnispartnern hielten? Zweifel drängen sich auf.

Also das Ganze eine Lachnummer?

Keineswegs! Denn die BRICS sind im Rahmen ihrer jeweiligen Regionen bedeutende Entwicklungs- und Wachstumspole von großem wirtschaftlichen Einfluss auf ihre Nachbarländer. Das bringt auch politische Macht.

Damit sind wir bei dem vielleicht wichtigsten rationalen, machtpolitischen Motiv dieses „Bündnisses“: Die BRICS wollen ihr regionales Umfeld dominieren. Jeder in seiner Region und alle BRICS wollen ihre Anrainer und Nachbarn unter der Fuchtel halten. Gegen die USA und ihre Partner. Und bei diesem Bestreben könnte das BRICS-Bündnis wirken. Arme kleine Nachbarn der BRICS – bei Georgien mag das Mitgefühl beginnen …

Immerhin: Der Iran ist (noch) nicht dabei. Eiserne Nerven sind in der westlichen Außenpolitik gefragt.

Nachtrag 28.03.2013.

Für die hoch industrialisierten Marktwirtschaften USA, Eurozone und Japan sowie die BRIC-Staaten China, Indien, Russland und Brasilien seien die Anteile an der Welt-Wirtschaftsleistung (Welt-Bruttoinlandsprodukt) des Jahres 2012 verglichen.*1) Dies mag die weltwirtschaftlichen Gewichte illustrieren (Angaben in Prozent).
19% (USA) + 14% (Eurozone) + 5% (Japan) = 38%
15% (China) + 5% (Indien) + 3% (Russl.) + 3% (Bras.) = 26%

*1) Diese Schätzwerte sind einer Grafik entnommen bei: Frank Stocker, Investoren fürchten China-Kollaps, DIE WELT, 21.08.2012, Finanzen, S.13.