Dr. h. c. Martin Schulz.

Die Einladung aus Israel an den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, enthielt mindestens zwei bedeutende Ehrungen für den hohen Gast.

Die Hebrew University in Jerusalem verlieh ihm die Würde des Ehrendoktors: für seine Verdienste um enge Beziehungen zwischen der EU und Israel, sein Eintreten für Toleranz und Menschenrechte und gegen den Anti-Semitismus. Über diese akademische Ehre an Martin Schulz dürfen sich alle deutschen und europäischen Freunde Israels freuen.

Ferner gewährte das Parlament des Staates Israel, die Knesset, Martin Schulz die Ehre einer Rede in deutscher Sprache. Dies hat der deutsche Gast auch dankbar anerkannt.

Jedem halbwegs informierten Bürger, ob in Europa oder in Israel, sind die kritischen Elemente des Nahostkonflikts bekannt.

Das Nahost-Quartett (EU, USA, Vereinte Nationen und Russland) hat einen als „Roadmap“ bekannten Plan für Frieden durch eine „Zwei-Staaten-Lösung“ erarbeitet. Israel und ein unabhängiger, demokratischer palästinensischer Staat sollen als friedliche Nachbarn in wechselseitig anerkannten Grenzen bestehen.

Das deutsche Auswärtige Amt wertet diese Roadmap als „wichtiges Bezugsdokument für die Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft.“

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hätte nun vor der Knesset eine Rede halten können, die auf das Leitbild des EU-Parlaments und der Europäischen Union Bezug nimmt: „Einheit in Vielfalt“. Für solchen Ansatz hätten sich wertvolle Gedanken für einen Dialog mit den Partnern in Israel – einem Staat mit mehreren Amtssprachen und Religionen – entwickeln und mit dem Grundsatz wirtschaftlicher Solidarität und Zusammenarbeit verknüpfen lassen.

Statt dessen zeigte sich Martin Schulz wieder einmal (wahl-)kämpferisch, Aufmerksamkeit gerade in europäischen Medien suchend, nicht als Staatsmann, sondern als „Politico“!

Die heutige Überschrift der Deutschen Welle brachte es auf den Punkt, Wort für Wort: „ISRAEL. Schulz sorgt für Eklat in der Knesset.“ *1)

Wie sorgte er dafür? Mit der Methode und Mentalität des Politico: Pendelnd zwischen Provokation und Beschwichtigung. Vor allem bei Interviews.

Nehmen wir nur ein Beispiel aus seiner Ansprache als Gast des israelischen Parlaments: Schulz zitiert einen palästinensischen Jugendlichen in Ramallah, der ihn gefragt habe, „warum ein Israeli täglich im Schnitt 70 Liter Wasser verbrauchen könne, ein Palästinenser gerademal 17“. Schulz, in seiner Gastrede vor der Knesset: Er habe diese Zahlen nicht überprüfen können, wolle aber die israelischen Parlamentarier fragen, ob sie korrekt seien … *1)

Habe die Ehre, auf solche Idee, eine Gastrede vor israelischen Parlamentariern zu würzen, muss man erst einmal kommen!

Gott sei Dank hat der palästinensische Junge nicht behauptet, die Israelis hätten vorige Woche zwanzig seiner Verwandten gefoltert und getötet, und er, Martin Schulz, wolle seine parlamentarischen Gastgeber fragen, ob diese Zahlen stimmten.

Dieser leider etwas missglückte Besuch in Israel durch unseren Präsidenten des EU-Parlaments stand wohl unter dem Motto: „Ich und der Nahostkonflikt.“ Gleichwohl enthielt Schulz` Rede vor der Knesset beachtenswerte Gedanken – für Europa und für Israel. **) Martin Schulz kleidete sie in kluge Zitate:

„Für den Sieg des Bösen reicht die Untätigkeit der Guten.“ (Edmund Burke). „It is impossible to have a Jewish democratic state, at the same time to control all of Eretz Israel. If we insist on fulfilling the dream in its entirety, we are liable to lose it all.“ (Ariel Sharon). „Frieden schließt man mit Feinden, nicht mit Freunden“. (Yitzhak Rabin). „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“ (Willy Brandt).

Der einfältige Hinweis des SPIEGEL zum Knesset-Eklat verwundert schon etwas: „Im Lager von Schulz reagierte man später gelassen auf die Emotionen. Auch beim US-Außenminister Kerry hätten die Siedler kürzlich den Saal verlassen.“ *2)

Da wurden in diesem Schulz-Lager und Reise-Tross wohl zwei Punkte übersehen: Welcher Wert dem Einstehen der USA für den Staat Israel dort beigemessen wird, v.a. im Vergleich zur EU bzw. zu Deutschland. Und welche Macht und Verantwortlichkeit den Äußerungen des US-Außenministers Kerry Gewicht verleihen und dass deshalb – neben ganz anderen Gründen – gilt: quod licet …

Von solchem „Lager“ (SPIEGEL) entfernt sich der Freund Israels schnell. *3)

*1) ISRAEL. Schulz sorgt für Eklat in der Knesset. DW.De. 12.02.2014.

*2) Auftritt in Israel. Tumulte bei Schulz-Rede in der Knesset. Von Christoph Sydow und Veit Medick, Jerusalem. SPIEGEL ONLINE; 12.Februar 2014.

*3) Zur derzeit kritischen Lage des Verhandlungsprozesses für Frieden zwischen Israel und Palästinensern sowie zum Besuch von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vgl. auch verschiedene Beiträge aus israelischer Sicht in THE JERUSALEM POST. Zum Beispiel:

Palestinian envoy to peace talks rebuffs Livni: We won’t recognize Israel as a Jewish state. By Khaled Abu Toameh. 10/02/2014.
Bayit Yehudi demands apology from European Parliament president. By JPOST STAFF. 12/02/2014.

Zur Sicht des EU-Rates zum Nahost-Friedensprozess vgl.: 17867/13 1 DE 16. Dezember 2013 Wichtigste Ergebnisse der www.consilium.europa.eu/uedocs/NewsWord/DE/foraff/140460.doc‎; S. 14 f.

**) http://www.europarl.europa.eu/the-president/de/press/press_release_speeches/speeches/sp-2014/sp-2014-february/html/speech-to-the-knesset-12-february-2014-by-martin-schulz-president-of-the-european-parliament. (Manuskript).