Ein Lordsiegelbewahrer politischer Kultur.

Hans-Jochen und Bernhard Vogel verkörpern politische Kultur: Konsequent in der Argumentation, auch gelegentlich hart in der Sache.

Nie persönlich herabsetzend: „Wer mit einem Finger auf andere zeigt, auf den weisen drei Finger zurück“ (Hans-Jochen Vogel zugeschrieben).

Das „Cicero – Magazin für politische Kultur“ widmet sich diesem Thema. Dies unterstütze ich durch Kauf und Lektüre, so auch mit dem Heft August 2011. Fangen wir an: „Die Winkelzüge der Angela Merkel – Cicero-Kommentar von Michael Naumann“, ca. 800 Worte politische Kultur.

Schnell wird klar, es geht nicht um Kritik in der Sache, sondern um den Charakter der Bundeskanzlerin. Dafür findet sich nach einiger Suche im letzten Viertel des Artikels eine Art Begründung, falls man dies so verstehen will: „Vor uns liegt ein ´amerikanischer` Persönlichkeitswahlkampf…“.

Da der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Herrn Naumann jedoch bisher nicht enthüllt, wer denn Frau Merkel entgegentreten soll, schwächelt diese Erklärung für das, was Herr Naumann als politische Kultur ausgibt. Das wird dem SPD-Vorsitzenden offenbar übel genommen: „Die Strategen im Willy-Brandt-Haus, die gegen Peer Steinbrück intrigieren (eine sozialdemokratische Spezialität) …“.

Zurück zu Frau Merkel! Mit gekonnt leichter Hand geht Herr Naumann über Details der Entscheidungen hinweg; Charakter das Thema.

 So sieht das Führungszeugnis der Bundeskanzlerin aus:

  1. Neigung zum Verfassungsbruch („unverzeihliche Missachtung der Legislative …“).
  2. Neigung zum Eidbruch („Kanzlerwohl über Gemeinwohl …“).
  3. „Schandbar“ gewohnheitsmäßige Wählertäuscherin (Energiewende wg. Wahl statt Fukushima und gegen „den stromabhängigen Industriestandort Deutschland“).
  4. Faul und verantwortungslos (wg. Urlaub; das würde „kein Sparkassendirektor“ machen, „während seine Schuldner pleite gehen.“).
  5. „Illoyal“ und hinterlistig (spielt bei Steuersenkung Schäuble und Rösler gegeneinander aus und täuscht beide durch „machiavellistische Beweglichkeit“ und „Winkelzüge“).
  6. Eitel und selbstgefällig (da sie glaube, „ohne Fehler“ zu regieren).
  7. Ausgeprägte „Charakterschwäche“ (da „unberechenbar“, „wankelmütig“, unfähig zu „geradliniger Führung“).

Donnerwetter! Was für ein wackeliger Charakter oder Schwachkopf muss ich sein, weil ich hohen Respekt für unsere Bundeskanzlerin empfinde. Herr Naumann wollte in der Freien und Hansestadt Hamburg Erster Bürgermeister werden. In einer Reihe mit Hans-Ulrich Klose, Klaus von Dohnanyi, Henning Voscherau, Olaf Scholz, um nur einige Vorbilder hanseatisch-politischer Kultur in unserer Zeit zu nennen.

Darf ich eine Wendung zitieren? Die verwendet eine Persönlichkeit, die unsere politische Kultur auch erfreulich prägt, wenn es gegen die Regierung geht. MdB Gregor Gysi: „Ja, ist denn das die Möglichkeit?