Eingefrorene Konflikte in Europa.

Präsident Putin lässt fälschen, morden, droht mit Atomwaffen und will die Ukraine vernichten. Wenn sein tyrannischer Wahn auf Widerstand stößt, mag er seine Aggression “einfrieren“.

Das heißt nach aller Erfahrung mit Putin: Er stationiert Militär und hält es zum Zuschlagen bereit. Mit dieser Drohung nutzt Putin Angst und Instabilität bis zur Unterwerfung, um sein Machtgebiet auszuweiten.

Tragisch ist dies für die Menschen, denen Bundeskanzler Scholz versichert hat: „Wir haben Klarheit darüber geschaffen, dass die Zukunft der Westbalkanstaaten, die Zukunft der Ukraine, Moldaus und perspektivisch auch Georgiens in der Europäischen Union liegt.“ *1)

An der “Klarheit“ dieser Kanzlerworte ist schon deshalb zu zweifeln, weil der europäischen Zukunft dieser Länder Putins Terror entgegen steht, Europa mit Krieg oder “eingefrorener“ Aggression zu überziehen.

  • Westbalkan. Fachleute der US-amerikanischen „Foundation for Defense of Democracies“ warnen, dass Putin neuen Krieg in Europa schüre, um die westliche Unterstützung im Ukraine-Krieg zu schwächen: „Dafür könnte Serbien der Auslöser sein … Erst kürzlich drohte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic offen damit, den Kosovo anzugreifen.“ *2)
  • Ukraine. Die Krim und große Teile des Donbas hat Putins Terror seit 2014 der Ukraine entrissen. Friert Putin seinen Vernichtungskrieg in der Ukraine ein, würde solcher „´Waffenstillstand` bzw. ´eingefrorener Konflikt` .. nach wenigen Jahren doch wieder zu einem heißen Krieg“.*3)
  • Moldau. In der Republik Moldau, Nachbarland der Ukraine,  wachse die Sorge, einer weiteren Aggression Russlands zum Opfer zu fallen. Putins Machtansprüche drohen durch russisches Militär, das die von Moldau abtrünnige Region Transnistrien kontrolliert. Ende Februar 2024 hat der dortige separatistische “Kongress der Volksdeputierten“ Russland um Schutz gebeten.*4)
  • Georgien. Weil die ehemalige Sowjetrepublik Georgien sich der EU und der NATO annähern wollte, hatte Russland 2008 militärisch interveniert. Zuvor schon waren separatistische Spannungen in den georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien durch Russland geschürt worden. Seit dem Krieg 2008 ist Russland in diesen beiden Provinzen militärisch präsent. Dies belaste die russisch-georgischen Beziehungen und dürfte die von Georgien angestrebte Mitgliedschaft in EU und NATO blockieren. *5)

Menschen nicht nur in diesen Ländern müssen mit Krieg (Ukraine) oder Kriegsdrohungen leben — das ist Putins Methode, seinen Machtbereich auszuweiten, auch wenn er Kriege oder von ihm geschürte Konflikte “einfriert“. Deshalb ist Putins Aggressions-Politik zu bekämpfen bis zu seiner Niederlage, so dass ein neues Russland diesem Terror unwiderruflich abschwört.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Rolf Mützenich, hat jedoch die Frage aufgeworfen: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“ *6) Da Mützenich nicht erkennen lässt, welche konkreten sicherheitspolitischen Antworten er auf seine Frage erwartet, sind Gegenfragen geboten:

  • Verkennt Mützenich den völkerrechtlich „einseitig verbrecherischen Charakter dieses Unterwerfungs- und Vernichtungskrieges“ *3), den Putin in der Ukraine führt?
  • Verkennt Mützenich Putins Methode, in Europa ethnopolitische Konflikte zu schüren und nach seinem Belieben temporär “einzufrieren“?

Bundeskanzler Scholz hat mitnichten „Klarheit darüber geschaffen, dass die Zukunft der Westbalkanstaaten, die Zukunft der Ukraine, Moldaus und perspektivisch auch Georgiens in der Europäischen Union liegt.“ *1)

Die von Scholz behauptete Klarheit über die EU-Zukunft dieser Länder trifft bisher auf diese Gegenwart: *7)

Von Putin werden sie existentiell bedroht, die SPD-Führung stellt Illusionen in Aussicht.

*1) Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz zu einem Jahr Zeitenwende vor dem Deutschen Bundestag am 2. März 2023 in Berlin; https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/

*2) DER WESTEN. Putin setzt auf neuen Europa-Krieg – dieses Pulverfass kann ihm in die Karten spielen. Von Alexander Riechelmann. 22.03.2024; https://www.derwesten.de/politik/putin-ukraine-krieg-moskau-serbien-b-id300891281.html

*3) Diese Vorhersage ist unter Russlandkennern verbreitet. Hier sei zitiert: DIE WELT. SCHOLZ ZÖGERT. Auch dieses neue Argument gegen Taurus-Lieferungen ist falsch. Von General a. D. Klaus Wittmann. Veröffentlicht am 26.01.2024; https://www.welt.de/debatte/kommentare/article249683234/Scholz-zoegert-Auch-das-neue-Argument-gegen-Taurus-ist-falsch.html

*4) Deutschlandfunk. Osteuropa. Moldau, Transnistrien und die Angst vor Russland. 29.02.2024; https://www.deutschlandfunk.de/moldau-transnistrien-land-und-probleme-100.html

*5) Bundeszentrale für politischen Bildung (bpb). Der Kaukasuskrieg 2008. Der Kaukasuskrieg im August 2008 wurde auf dem Staatsgebiet von Georgien ausgetragen. Nur fünf Tage dauerte der Krieg zwischen Russland und Georgien. Doch bis heute ist der Konflikt ungelöst. 01.08.2023; https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/523728/der-kaukasuskrieg-2008/

*6) UKRAINE-LIVEBLOG. Mützenich: Auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren kann. AKTUALISIERT AM 14.03.2024; faz.net

*7) Zur „Klarheit“ über die in Aussicht gestellte Osterweiterung der EU um die EU-Beitrittskandidaten Ukraine, die Westbalkanstaaten, Moldau und Georgien: „Größere Herausforderungen warten im politischen Bereich. Zu viele Mitgliedsstaaten sind skeptisch, neue Mitglieder aufzunehmen, ohne vorher die internen EU-Strukturen zu reformieren. Ein Konsens über eine solche Reform ist allerdings nicht absehbar.“ Siehe: EU-Osterweiterung, die Zweite? Chancen und Risiken einer neuen EU-Osterweiterung. Kristof Bender. 21.02.2024; https://www.bpb.de/themen/wirtschaft/freihandel/geopolitik-und-welthandel/545664/eu-osterweiterung-die-zweite/