Europartner François Hollande.

Wenn der Präsident der Republik, François Hollande, die Öffentlichkeit über seine politischen Ziele informiert, sollten die Deutschen zuhören oder nachlesen.

Denn Hollande ist eine der geistig und politisch herausragenden Persönlichkeiten unserer Zeit. Hier sein Programm für Frankreich und die deutsch-französische Partnerschaft in Europa – der Öffentlichkeit am 14. Januar vorgetragen. *1)

Dieses Programm ist bedeutend gerade auch für den Partner Deutschland. Denn jenseits notwendiger Reformen, um die europäische Krise zu überwinden, strebt Hollande an, den französischen Staat neu zu ordnen und zu dezentralisieren. Darüber hinaus formuliert er Vorschläge, um die treibende Kraft der Europäischen Union und der Eurozone – die deutsch-französische Partnerschaft – zu dynamisieren und neu zu orientieren.

Der Pakt der Verantwortung.

Nach der schweren Krise mit den lange unterschätzten Problemen der Haushalts- und Außenhandelsdefizite seien fragile, erste Erfolge erkennbar. Aber: „Wir haben den Kampf für Beschäftigung noch nicht gewonnen.“

Deshalb müsse Frankreich das maximale Wachstum für die Wirtschaft, Produktion und Beschäftigung anstreben. Deshalb der Pakt der Verantwortung. Mit einem zentralen politischen Grundsatz: Steuerliche und regulatorische Vorschriften abbauen, von denen unternehmerische Aktivität belastet und behindert wird, damit die Gewinne der Unternehmen und ihre Investitionen steigen können. Damit neue Arbeitsplätze, vor allem für die Jugend, geschaffen werden können.

Dazu solle ein umfassender „Sozialer Dialog“ die Entscheidungsträger in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft orientieren.

Vier Baustellen …

umfasst der Pakt.

Baustelle 1: Senkung der Kosten des Produktionsfaktors Arbeit, damit Gewinne steigen und produktive Investitionen für neue Arbeitsplätze realisiert werden können. Ein Instrument für dieses Ziel ist eine Steuergutschrift für wettbewerbsfähige Arbeitsplätze, die 2014 die Lohnsumme um 4 %, 2015 um 6 % reduziert. Ferner werden bis 2017 die Sozialabgaben für familiäre Beihilfen gestrichen, eine Belastung der Unternehmen von derzeit 30 Mrd. €.

Baustelle 2: Modernisierung der Besteuerung der Unternehmen – Steuern senken, vereinfachen und die Zahl der verschiedenen Unternehmenssteuern vermindern. Damit sind für die unternehmerischen Investitionen bis 2017 klare Rahmenbedingungen zu schaffen.

Baustelle 3 ist ein Schlüsselelement des Paktes. Sie zielt auf einen „choc de simplification“, eine Reform der Regulierungsbestimmungen für die Wirtschaft.

Die Vereinfachung von Vorschriften – die nicht selten kostenträchtig, überflüssig und hinderlich für unternehmerisches Handeln sind – umfasst sämtliche „Schlüssel-Handlungen“ im Lebenszyklus eines Unternehmens. Von der Gründung, der Errichtung von Betrieben, dem Zugang zu öffentlichen Aufträgen, den Regeln für Freisetzung von Arbeitskräften, den Vorschriften für Buchhaltung sowie für administrative und fiskalische Verpflichtungen. Nicht um die soziale Sicherung der Arbeitnehmer, den Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz und den Umweltschutz zu verringern, sondern zu vereinfachen und damit zu fördern.

Die Regulierungsreform wird von einem „conseil de simplification“ unter Leitung eines Parlamentariers und eines Unternehmers bis 2017 vorangetrieben.

Baustelle 4 betrifft die Gegenseitigkeit des Paktes der Verantwortung: konkrete festgelegte Gegenleistungen der Unternehmen. Landesweit und branchenbezogen werden Ziele für Neueinstellungen von jungen und älteren Arbeitnehmern vorgegeben. Ebenso Kriterien für die Qualität der Arbeitsplätze, die berufliche Bildung, für Tarifverhandlungen. Der soziale Dialog und die Sozialpartnerschaft sollen zeitgemäß gestaltet werden. Mit parlamentarischer Begleitung wird ein „Observatoire des contreparties“ eingerichtet, das die gegenseitigen Verpflichtungen von Staat, lokalen Gemeinschaften und Sozialpartnern im Rahmen des Paktes für Verantwortung überwacht.

Institutionen und Zeitplan des Paktes.

Dieser Pakt der Verantwortung ist bereits verbindlich institutionalisiert, um Freiheit, sozialen Zusammenhalt und raumwirtschaftlichen Ausgleich als zentrale Anliegen der Präsidentschaft Hollandes zu sichern. Eines Präsidenten, der sich vor seiner Wahl als Sozialist, nunmehr aber als Sozialdemokrat definierte.

Zur Übersicht ein kurzer Blick auf die wesentlichen Institutionen im Rahmen des Paktes der Verantwortung. Sozialer Dialog zwischen den Entscheidungsträgern des Staates, der lokalen Gemeinschaften und der Sozialpartner, um über den Fortschritt des Paktes zu informieren. Strategischer Rat für Staatsausgaben: Der ist beauftragt, eine Senkung der Staatsausgaben mit Augenmaß zu gewährleisten. Diese ist für die steuerliche Entlastung der Unternehmen notwendig, damit neue Staatsschulden vermieden werden. Ein Generationenvertrag und ein Rat für prioritäre Bildung fördern Bildung, Stipendien, Lehrstellen und Arbeitsplätze für die Jugend sowie Maßnahmen, um die Quote jugendlicher Schulabbrecher zu senken. Der Rat für Vereinfachung überwacht und sichert den Fortschritt der Regulierungsreform. Und schließlich das Observatorium der Gegenleistungen, das sicherstellt, dass den fiskalischen und regulatorischen Vergünstigungen für die Unternehmen mit neuen Investitionen und Arbeitsplätzen entsprochen wird.

Ein Gesetz zur Dezentralisierung ist in Vorbereitung, von dem erwartet wird, dass es traditionelle Verdoppelungen von Maßnahmen und das Durcheinander bei Zuständigkeiten zwischen Zentralstaat, Regionen und Departements überwindet. Ein Gesetz, das Zuständigkeiten genau definiert sowie Rechtssicherheit und Freiräume für dezentrale Verantwortlichkeit und Entscheidung garantiert. Bereits 2013 waren per Gesetz 13 große Metropolen geschaffen worden. Solche Metropolen prägen die europäischen und globalen Wirtschaftsbeziehungen Frankreichs und bilden Zentren und Zielort strategischer, strukturschaffender Investitionen.

Die kurz dargestellten Institutionen werden hochrangig durch Premierminister Jean-Marc Ayrault, verantwortliche Minister seines Kabinetts, Parlamentarier und Sozialpartner gesteuert. Ein Sofortprogramm und ein straffer Zeitplan sind bereits implementiert. Im Herbst 2014 wird das gesamte, den Zielen des Paktes konforme Gesetzespaket zur Planung der Staatsfinanzen bis 2017 im Parlament eingebracht.

Appell an die deutsch-französische Partnerschaft.

Dieser nationale Pakt der Verantwortung wird von Präsident Hollande eng verbunden mit dem Appell für eine neue Dynamik europäischer Integration durch die deutsch-französische Partnerschaft als treibende Kraft solcher Initiative. Drei Vorschläge unterbreitete Hollande für die kommenden Gespräche mit Bundeskanzlerin Merkel.

Erstens, eine Initiative zu entwickeln für wirtschaftliche und soziale Konvergenz zwischen Frankreich und Deutschland. Dazu gehöre ein gesetzlicher Mindestlohn sowie eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung. Für die Eurozone wäre eine „gemeinsame Regierung“ für Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, industrielle Entwicklung und deren Finanzierung einzurichten.

Zweitens, die europäischen Herausforderungen des Übergangs zu neuen Energiequellen sollten Frankreich und Deutschland gemeinsam beispielhaft für Europa gestalten und koordinieren. Die Vorreiterrolle Deutschlands bei den Erneuerbaren Energien könnte Frankreich durch spezifische Fähigkeiten bei der Speicherung und bei den Stromnetzen ergänzen.

Drittens regte Hollande für die deutsch-französische Partnerschaft an, das Ziel einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (!) zu verfolgen und gemeinschaftlich Verantwortung für den Frieden und die Sicherheit in der Welt übernehmen.

Abschließend unterstrich Hollande seine

Strategie für Frankreich: Investitionskultur.

Der Pakt der Verantwortung werde die französische Wirtschaft und Gesellschaft einen und mobilisieren für das Ziel Investition. Investition für Produktion, Wachstum und Beschäftigung. Investition für Bildung, für Umweltschutz, für Wissenschaft und Forschung. Staat, Wirtschaft und Gesellschaft sollten die Kräfte bündeln für die zentrale Idee der Investitionskultur.

Gelinge dieser Pakt der Verantwortung und der soziale Dialog, dann sieht Präsident François Hollande in 10 Jahren ein Frankreich mit starker Wirtschaft und festem sozialen Zusammenhalt.

So entwickelte Präsident Hollande am 14. Januar die zentralen Themen seiner Regierungsstrategie für die Presse. Was hören wir von der deutschen Presse dazu?

Bestenfalls das Übliche: Skepsis. Und sonst? Gesuhle im „o là là“. Querbeet. Querbeet dürftig.

*1) Ouverture de la conférence de presse du président de la République au Palais de l’Élysée le 14 janvier 2014.