Fired?

Präsident Trump hat der Welt eindrucksvoll gezeigt, wie er einem Staatsbesuch Glanz und Gloria verleiht — für sich selbst! Der Besucher aus Frankreich, Staatspräsident Macron, hat das Zeremoniell, so wie es Trump vorführte, mit Würde und eisernen Nerven durchgestanden.

Gerade dann, wenn Präsident Trump dem Staatsgast scheinbar Schuppen von der Schulter wischte oder ihn „hinter sich herzog wie einen Schuljungen“. *1)

Der Staatsbesuch erhielt historische Weihe, als die beiden Präsidenten die Verbundenheit ihrer Nationen symbolisierten. Sie pflanzten gemeinsam mit ihren Ehefrauen einen jungen Baum: Eine Stein-Eiche (Quercus ilex), immergrün, Hartholz, kommender Klima-Erwärmung und Trockenheit bestens angepasst, mit einer Lebensdauer, die nach Jahrhunderten zählt.

Dieser junge Baum war eine politische Wahl Präsident Macrons: „Der Baum stammt aus dem Wald von Belleau nordöstlich von Paris. Im Juni 1918 kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs war der Ort Schauplatz eines Gefechts, bei dem US-Marines eine deutsche Offensive abwehrten. Dabei kamen fast 2000 von ihnen ums Leben.“ *2) Nach der gemeinsamen Strafaktion gegen den syrischen Chemiewaffen-Mörder Assad eine Bekräftigung amerikanischer-britischer-französischer-Waffenbrüderschaft!

Und dann folgte das Ereignis, mit dem Staatspräsident Emmanuel Macron gewiss wirkmächtigen Einfluss auf das politische Washington gewann: seine große Rede, in englischer Sprache gehalten, vor den Parlamentariern beider Kammern des Kongresses der USA. *3)

Am gleichen Tag des Jahres 1960, dem 25. April, hatte der französische Staatspräsident, Charles de Gaulle, vor dem US-Kongress bekräftigt, „that nothing was as important to France as ´the reason, the resolution, the friendship of the great people of the United States`“. *3) Macron hob diese Worte De Gaulles als Zeichen bleibender Freundschaft zwischen der amerikanischen und der französischen Nation ausdrücklich hervor.

Hier wird aus der Rede Macrons nur ein Gedanke referiert — sein Appell, nicht einer verächtlichen Haltung gegen die multilaterale liberale Weltordnung zu folgen, nicht der nationalistischen Abschottung und nicht einer Politik des Isolationismus! Kurz gedeutet: Diese Überzeugung Macrons ist als starke Anregung zu verstehen, sich kritisch mit den isolationistischen Thesen von Rechtspopulisten (und des Präsidenten Trump?) auseinander zu setzen.

Macron beschwor die amerikanischen Parlamentarier:

Mit den internationalen Verbündeten und Partnern sei eine Weltordnung für das 21. Jahrhundert auf den bleibend gültigen Grundsätzen zu errichten, die gemeinsam nach dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzt wurden.

Wir können die Weltordnung für das 21. Jahrhundert aufbauen, die Ordnung eines neuen Multilateralismus, der wirksamer, auf Rechenschaft und Resultate ausgerichtet ist. Eines starken Multilateralismus.

Dies erfordere mehr denn je die Mitwirkung der Vereinigten Staaten, denn ihre Rolle war entscheidend, die heutige freie Welt zu schaffen und zu sichern. Diesen Multilateralismus haben die Vereinigten Staaten erfunden. *4)

Macron appellierte an den Kongress:

„A strong multilateralism will allow our cultures and identities to be respected, to be protected and to flourish freely together. Why? Because precisely our own culture is based, on both sides of the Atlantic, on this unique taste for freedom, on this unique attachment to liberty and peace. This strong multilateralism is the unique option compatible with our nations, our cultures, our identities.

With the US President, with the support of every 535 members of this joint session, representing the whole American nation, we can actively contribute together to building the 21st-century world order, for our people.

The United States and Europe have a historical role in this respect, because it is the only way to defend what we believe in, to promote our universal values, to express strongly that human rights, the rights of minorities and shared liberty are the true answer to the disorders of the world.“ *3)

Immer wieder mit „standing ovations“ gefeiert, sprach vor den US-Parlamentariern ein Staatsmann Macron, dem das Format zuwächst, nicht nur für die Zukunft der Europäischen Union, sondern auch für deren transatlantische Rolle führend zu wirken.

Dagegen muss die gehässige Dürftigkeit erschrecken, mit der in deutschen Medien Macrons Staatsbesuch in den USA beurteilt wird: „Vor allem der französische Präsident sei ´politisch wirkungslos` geblieben: ´Im Falle von Macron war das eine Art von Ranschmeißen, die höchst zweifelhaft war.`“ *5)

Bei solchen Stellungnahmen in Deutschland können wir vielleicht heiter bleiben mit Hilfe eines spekulativen Scherzes:

Als Donald Trump im TV Emmanuel Macrons Rede vor dem US-Kongress hören und die wiederholten „standing ovations“ sehen musste — könnte er in Rage geraten sein. „You are fired“, mag er, seiner Gewohnheit folgend, getobt haben.

Aber nur die junge französische Stein-Eiche im Park des Weißen Hauses stand seinem Zorn zur Verfügung.

Weg ist sie. Fired — verfeuert in Donald Trumps Kaminzimmer?

*1) 25. April 2018, 15:35 Uhr. Trump und Macron. Das Gefummel der Mächtigen. Von Jana Anzlinger. 25. April 2018; http://www.sueddeutsche.de/politik/trump-und-macron-das-gefummel-der-maechtigen-1.3957184.

*2) SPIEGEL ONLINE. Weißes Haus. Macrons Baum ist weg; 29. April 2018, 18:58 Uhr.

*3) Transcription du discours du Président de la République, Emmanuel Macron, devant le congrès des États-Unis d’Amérique;

http://www.elysee.fr/declarations/article/transcription-du-discours-du-president-de-la-republique-emmanuel-macron-devant-le-congres-des-etats-unis-d-amerique/. Publié le 25 Avril 2018.

*4) Hinweis RS: Bundeskanzler Helmut Schmidt und Frankreichs Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing haben die multilaterale Gipfeldiplomatie erfunden. Beide haben im Krisenjahr 1975 den ersten G 6-Gipfel (sogenannter Weltwirtschaftsgipfel nach der 1. Ölkrise) im Schloss Rambouillet bei Paris gemeinsam initiiert. Teilnehmer: Bundeskanzler Helmut Schmidt (Bundesrepublik Deutschland), Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing (Frankreich), Premierminister Harold Wilson (Großbritannien), Ministerpräsident Aldo Moro (Italien), Premierminister Takeo Miki (Japan) und Präsident Gerald Ford (Vereinigte Staaten von Amerika). Ein großer Beginn multilateraler Krisenpolitik führender Industrieländer der freien Welt!

Vgl.: G6-GIPFEL. Als Helmut Schmidt den Weltwirtschaftsgipfel erfand. Von Jens Meyer-Odewald. 27.06.2017; https://www.abendblatt.de/hamburg/article211049039/Als-Helmut-Schmidt-den-Weltwirtschaftsgipfel-erfand.html.

*5) So Christiane Hoffmann, Journalistin des SPIEGEL, im: „Will“-Talk zu Trump-Besuchen. Merkel, Macron und „America only“. Von Julian Vetten. Montag, 30. April 2018; https://www.n-tv.de/politik/Merkel-Macron-und-America-only-article20411179.html.