Gabriels dummes Zeug.

„Dummes Zeug“ in der Politik ist zum Beispiel, wenn: *1)

  • ein Spitzenpolitiker wie Außenminister Gabriel nach drei Niederlagen seiner SPD die bitter notwendige Politik-Kritik als üble Nachrede gegenüber der Partei diffamiert;
  • diese Kritik gar von einem Kenner wie Steinbrück kommt, der sicher für sehr viele Sozialdemokraten spricht, und Gabriel dies dennoch als „dummes Zeug“ bezeichnet;
  • die bei SPD-Mitgliedern durchaus häufige Sorge vor einem „Rot-Rot-Grün“-Kurs, der Steinbrück Stimme und Gewicht gibt, von Gabriel mit „schlecht über die eigene Partei reden“ verwechselt wird;
  • von einem Spitzenpolitiker wie Gabriel quasi ein „Maulkorb“-Erlass mit Rede- und Kritikverbot verfügt, und sogar an einer angesehenen Persönlichkeit wie Steinbrück ein Exempel statuiert wird. Zumal wir erinnern, dass Steinbrück als Kanzlerkandidat vom damaligen SPD-Chef Gabriel als „Feigenblatt“ für den „Mitte“-Fake missbraucht wurde. Fake, weil Gabriel ein linkes Programm für die rot-rot-grüne Machtperspektive mit Steinbrück als Persönlichkeit der „Mitte“ getarnt hatte. Mit großer sozialliberaler Unterstützung warnt Steinbrück, diesen Kurs zu wiederholen.
  • Und schließlich ist “dummes Zeug“ in der Politik, wenn statt Auseinandersetzung mit Steinbrücks Bedenken gegen die „rot-rot-grüne“-Machtstrategie, diese „Partei-Linie“ von Gabriel anscheinend durchgezogen wird. Obwohl ähnliche Warnungen von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kommen.

Gabriel mag heute sagen, „er habe für Steinbrücks Auslassungen keine Erklärung“. Die Erklärung wird ihm am 25. September ins Auge springen, wenn Steinbrücks Warnungen nicht ernst genommen werden.

Überdies zeigt Gabriels Behauptung zur aus seiner Sicht vorbildlichen, angeblich kritiklosen „Haltung“ großer Sozialdemokraten gegenüber ihrer Partei getrübte Erinnerung: Eine Reihe hochrangiger Sozialdemokraten bis hin zu Willy Brandt hatte zum Beispiel im Wahlkampf 1990 vor dem vereinigungspolitischen Deutschland-Kurs des SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine gewarnt. *2)

Folgt man Gabriel, haben diese Sozialdemokraten seinerzeit wohl alle „schlecht“ oder „dummes Zeug“ über ihre Partei geredet. Denn, so Gabriel: „Ich frage mich, warum Menschen, die ihre ganze berufliche Karriere ihrer Partei zu verdanken haben, hinterher schlecht über die eigene Partei reden.“ Und dafür habe er, Gabriel, keine Erklärung. *1)

Wie also lässt sich Gabriels „dummes Zeug“ erklären?

Vielleicht hat Gabriel sich in letzter Zeit zu sehr von der Freundschaft zwischen Gerhard Schröder und Präsident Putin beeindrucken lassen. *3)

Gewaltiges Ambiente und Schwelgen beim St. Petersburger Palast-Dîner, das Beschwören von Konformismus und Stabilität durch einen Autokraten wie Putin … Dies mag schon abfärben.

*1) Gabriel attackiert Steinbrück. „Das ist dummes Zeug“.

Außenminister Gabriel zeigt sich verärgert über die Kritik des ehemaligen Kanzlerkandidaten Steinbrück am Wahlkampf der SPD. Einer Umfrage zufolge steigt die Partei erstmals seit Wochen wieder in der Wählergunst. 04.06.2017. faz.net.

*2) SPD. Hohes Risiko. SPD-Kanzlerkandidat Lafontaine will im Bundestagswahlkampf nicht auf der nationalen Welle schwimmen, sondern soziale Themen anpacken. 26.03.1990; dort Zitat zu Lafontaine: „Kohl zu schlagen, das sei für ihn im Dezember nicht das Problem, tönte der Saarländer. Das Problem sei die Partei: ´Nur wenn die SPD meine Positionen trägt, ist es okay.` Wer anderer Auffassung sei, solle schweigen. Jedenfalls dulde er ´keine Querschüsse`.“ Das diesem hochfahrenden Auftritt folgende Wahl-Desaster der SPD ist bekannt.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13499303.html.

*3) Putin, Gabriel und Schröder. Dinner mit einem alten Bekannten. Die Ukraine, Syrien und andere Krisen waren die Themen: Außenminister Gabriel hat in St. Petersburg ein Vieraugengespräch mit Kremlchef Putin geführt. Beim anschließenden Abendessen trafen sie einen alten Bekannten.

Aus St. Petersburg berichten Severin Weiland und Benjamin Bidder. Samstag, 03.06.2017;

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wladimir-putin-dinner-mit-sigmar-gabriel-und-gerhard-schroeder-a-1150591.html.