Unter der Lupe des DGB.

Als Gewerkschaftsmitglied seit 45 Jahren möchte ich hiermit die Forderung von DGB-Vorstand Stefan Körzell nach Einführung der Vermögensteuer kommentieren. *1) Vorweg das Ergebnis: Erstaunliche Dreistigkeit!

Zugegeben: Über 7 Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben Familien durch Konsumverzicht, durch Fleiß, aus Sorge um Unabhängigkeit im Alter und als Hilfe für die Kinder zum Teil beträchtliche Vermögen aufgebaut. Überwiegend aus bereits versteuerten Einkommen! Anders eingestellte Menschen mögen von sich sagen: Wir haben unser Geld verlebt.

Die Sparanstrengungen durch Konsumverzicht waren nicht nur, aber gerade auch bei Selbständigen hoch, da viele Menschen nicht mit auskömmlichen Renten oder Pensionen rechnen können. Und weil diese Menschen im Alter nicht von staatlicher Hilfe abhängig sein möchten, bilden sie Vermögen. Ein Jahr Altenheim mit Pflege kann bekanntlich 40 bis 60 Tausend Euro pro Person kosten.

Notwendig bleibt die staatliche Grundsicherung vor Not; denn nur eine Minderheit von Menschen wird auf Vorsorge verzichten, ihr Verdientes ausgeben, eher Schulden als Vermögen häufen — um sich dann im Alter auf die „Solidarität“ der Steuerzahler zu verlassen.

Zweifelhafte Aspekte der Kampagne von rot-rot-grünen Politikern und des DGB für die Vermögensteuer sind gleichwohl: Erstens, die Benachteiligung von Menschen, die durch Sparen vorsorgen, um nicht der Allgemeinheit zur Last zu fallen. Zweitens, die Begünstigung von Menschen, denen die gebotene Vorsorge gleichgültig erscheint, die also „Solidarität“ und sozialstaatliche „Ansprüche“ einkalkulieren.

Eigenes Vermögen ist gewiss ein sinnvoller Ersatz für die fehlende Sicherung durch hohe Renten- oder Pensionsansprüche, für die nicht zuletzt der Steuerzahler aufkommt.

Aber der Vermögenswert lebenslanger Renten- oder Pensionsansprüche geht natürlich nicht in die von Linken vorgesehene Definition und Erfassung des „Vermögens“ ein.

Obwohl dieser Vermögenswert als Barwert (z.B. zum Stichtag 31.12.2017) des Anspruchs auf künftige Renten und Pensionen wohl leicht festzustellen ist. Leichter vielleicht als der Wert von Immobilien, Netto-Finanzvermögen und sonstigen Anlagen wie Gold, Diamanten, Kunst, auf die der DGB und die linken Politik-Komplizen „die Lupe“ (Körzell) und die Schnüffelei richten werden.

Finanzwissenschaftler mögen doch einmal genau kalkulieren: Wie hoch mag der heutige Wert der künftigen Altersbezüge sein. Zum Beispiel der Gegenwartswert der Ruhegehälter von DGB-Vorständen, von Politikern in Deutschland und in der Europäischen Union sowie ihrer angestellten und beamteten Eliten, die ihnen zuarbeiten. Ansprüche auf Altersrente und Pensionen, die nicht zuletzt steuerfinanziert sind.

Einfache finanzmathematische Schätzungen erlauben die Vermutung: Allesamt haben diese politischen Eliten gesicherte künftige Ansprüche auf ein persönliches Ruhegehalt, dessen heutiger Wert die Millionen-Grenze deutlich überschreiten dürfte. *2)

Wie hart es ist, durch Konsumverzicht ein damit auch nur halbwegs vergleichbares Maß an Sicherheit durch eigenes Vermögen aufzubauen, weiß jeder Sparer. Wer wollte diesen Menschen verdenken, wenn sie sich bei der Forderung nach Vermögensteuer des Wortes von Bertolt Brecht erinnern: Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber!

Die Wählerschaft mag weiter überlegen, ob die häufig genannten Prozentsätze, 1 %  jährlich vom Vermögenswert, oder die genannten Freibeträge (1 Mio. Euro) überhaupt glaubwürdig sind: In den letzten Jahren erhöhte die Verdi-Gewerkschaft den zunächst angepeilten Freibetrag von 250 Tsd. Euro erst nach massiven Protesten der eigenen wohlhabenden Mitglieder … Was ist zu erwarten, wenn „die Lupe“ (Körzell) erst einmal das persönliche Vermögen von Bürgerinnen und Bürgern vollständig erfasst hat?

DGB und linke Politiker wollen nun den Menschen, die verantwortungsbewusst sparen, die vorsorgen, die sich um Unabhängigkeit von staatlicher Hilfe bemühen, mit der „Lupe“ (Körzell) die langjährig angesparte Substanz eigenen Vermögens abgreifen.

Die politischen Propagandisten der Vermögensteuer sind obendrein vom Steuerzahler mit Ruhegehalts-Ansprüchen abgesichert und versorgt, deren heutiger Wert (Barwert) die Millionenhöhe übersteigt.

Und ausgerechnet diesen Millionen-Barwert ihrer eigenen künftigen Ansprüche auf Ruhegehalt wollen sie vom „Vermögens“-Begriff ausnehmen! *2)

Dies vor allem ist der Grund für das Ergebnis meines Kommentars zur Forderung nach Vermögensteuer durch den DGB und dessen rot-rot-grüne Unterstützer: Erstaunliche Dreistigkeit!

*1) DGB drängt auf Erfassung und Besteuerung von Vermögen. DTS-Meldung vom 13.06.2017.

*2) Hinweis: Gemeint ist mit „heutigem Wert“ der auf einen heutigen Stichtag (z.B. 31.12.2017) diskontierte „Barwert“ der künftigen Ruhegehälter nach versicherungsmathematischer Lebensdauer. Dass dieser Barwert zum Vermögensbegriff gehört, betont u.a. der Ökonom Dr. Alfred Boss, in Fachkreisen bekannt durch langjährige steuerpolitische Forschung im Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Boss schreibt: „Vermögen ist das auf die Gegenwart diskontierte Einkommen der Zukunft. So erhält eine Aktie ihren Wert durch die in der Zukunft erwarteten Erträge. Man kann also die Belastung durch eine Substanzsteuer wie die Vermögensteuer in eine Belastung von Erträgen umrechnen und umgekehrt. Es ist zu entscheiden, ob eine Einkommensteuer oder eine Vermögensteuer erhoben werden soll. Es verursacht unnötig hohe Kosten, neben einer Einkommensteuer eine Vermögensteuer zu erheben. Zudem bestehen erhebliche Zweifel, ob die Wiedererhebung der Vermögensteuer verfassungskonform wäre.“ 18. JULI 2016;

http://www.insm-oekonomenblog.de/14490-warum-die-vermoegensteuer-nicht-wieder-erhoben-werden-sollte/#more-14490. (Hervorhebung RS).