Gegen den Strom.

Das Erfreuliche in unserer Gesellschaft: Es gibt noch Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und „die sich einen Funken Widerstandsgeist bewahrt haben“ (Jan Fleischhauer).*1)

Da ist Frau Katrin Müller-Hohenstein. Neben dem anständigen Herrn Bosbach stand sie auf in einer TV-Runde, in der das Bündnis von Groß-Viper und Groß-Heuchler Herrn Hoeneß erledigte. „Ich weigere mich es so zu sehen, dass alles, was er für die Region und die Gesellschaft geleistet hat, jetzt nichts mehr wert ist“.

Damit widerstand die herausragende Sport-Moderatorin einem moralischen Mahlstrom von Kirchen, linker Politik und einer deutschen „Öffentlichkeit“, die es ganz besonders liebt, ihren „Helden beim Sturz zuzuschauen“ (Eric Gujer). *2)

Vergessen wir nicht: Die Heuchler aus Kirchen und Politik, die den Fall Hoeneß nicht der Justiz überlassen können, sondern sich als moralische Henker aufführen, bilden eine Koalition.

Eine Koalition, die den aktiven Staat und das Gemeinwohl proklamiert. Mit Ausgaben, gern und meist fälschlich „Investition“ genannt, für „Infrastruktur“, „Klima“, „Umwelt“, „Bildung“ und „Soziale Gerechtigkeit“ von der Wiege bis zur Bahre und für die „Zukunft“ außerdem. So unbestimmt wie der Aufgabenkatalog, so klar ist die Forderung nach Steuererhöhungen.

Nur eines muss dem Bürger bewusst sein: Den überwältigenden Anteil der Ausgabenexpansion, der „Investitionen“ für „Reformen“ ohne Prioritäten, wird der öffentliche Dienst unter Führung von Verdi-Chef Bsirske und dem Beamtenbund verzehren. Die Reform-Erfahrung, die Willy Brandt Anfang der 1970er Jahre machte, scheint heute vergessen: „Keiner hat mich … wie die Beamten“, soll er gesagt haben. Und für sein liberales Verständnis für das Steuern „sparen“ gibt es viele Zeitzeugen.

So beobachten wir das Bündnis von Kirchen und linker Politik. Eine „Koalition“ in der Opposition mit gewaltigen Reformplänen, die sich dennoch seit Jahrzehnten der Aufgabe verweigert, die Einnahmen des Staates, vor allem die Einkommensteuer zu reformieren. Um ein Steuersystem einzuführen, das einfach, in der Belastungswirkung abschätzbar und von den Bürgern als gerecht empfunden wird. Die wichtigsten Finanzwissenschaftler der Bundesrepublik, darunter angesehene Sozialdemokraten, haben seit Jahrzehnten dafür immer wieder konkrete Pläne vorgelegt.

Frau Merkel besaß den Mut, im Wahlkampf 2005 dieses Reformvorhaben anzukündigen. Das hat sie fast den Wahlsieg gekostet. Seitdem läuft die rot-rot-grüne Kampagne gegen die Reform der Einkommensteuer. Auch Union und Liberale weichen solcher Debatte inzwischen aus. Traurig zu sehen. Auch für ganz „normale“ Einkommensteuerpflichtige, denen die Steuererklärung zwei bis drei freudlose Tage im Jahr bringt.

Hört man Herrn Trittin über Steuerpflicht bei unserem intransparenten System der Steuer auf das Einkommen reden, muss jeder selbständige Unternehmer befürchten, mit einem Bein im Knast zu stehen. So diffus werden Begriffe wie Hinterziehen, Vermeiden, Gestalten bei der für jeden Selbständigen besonders komplizierten und aufwändigen Erfüllung der Steuerpflicht in der politischen Kampagne vermengt. Außerdem trägt gerade die Hetze Trittins gegen das im Bundesrat aus gewiss auch respektablen Gründen blockierte Steuerabkommen mit der Schweiz durchaus schäbige Züge. Denn für ihn und die Hetzmeute scheint in dieser Kontroverse nur das Horrido gegen Hoeneß und andere „Reiche“ zu zählen.

Da also saßen sie im TV, Viper, Heuchler und ihre Claqueure. Mit sich und ihrem anmassenden Gerede von Gemeinwohl zufrieden auf dem „moral highground“. Zu Gericht über Herrn Hoeneß. Und nur Frau Müller-Hohenstein wagte, diesem TV-Gericht entgegenzutreten. Danke für Ihren Mut!

Dieser Vorlauf schürt sicher die geeignete öffentliche Stimmung für den Triumph einer rot-rot-grünen Steuerpolitik, die sich von Wirtschaft und Wissenschaft, von Sparern und vorsorgenden Familien abgewendet hat. Diesen steuerpolitischen Triumph bekamen in voller Härte drei aufrechte Politiker zu spüren.

Drei Politiker aus Baden-Württemberg, dem Land der Fleißigen, der Sparer, der verantwortungsbewussten Bürger, die das Deutschland verkörpern, das für wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Ausgleich steht. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Grüne; Landesminister für Finanzen und Wirtschaft und Stellvertreter des Ministerpräsidenten, Nils Schmid, SPD; Boris Palmer, Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, Grüne. Alle drei warnen seit längerem vor den Belastungen der Wirtschaft durch linke Politik, plädieren für „Maß und Mitte“ gerade auch in der Steuerpolitik.

Hoffentlich halten sie stand – gegen Häme und Zorn aus ihren Parteien, gegen den Strom, gegen das Bonzentum des „Stur auf Kurs“ *3) in der Steuerpolitik.

*1) Spiegel Online, 25. April 2013, Korrektes Sprechen „Sag das Wort nicht“, Eine Kolumne von Jan Fleischhauer.
*2) Vom Podest gestürzt, NZZ, 22.4.2013, Eric Gujer.
*3) Spiegel Online, 26. April 2013, Stur auf Kurs, von Florian Gathmann.