Kirsch-Blüten in Niedersachsen.

Mit „Kirschblüte Anne Weser“ wirbt die niedersächsische Gemeinde Reileifzen.

Sogar S.E. Herr Takeshi Nakane, Botschafter von Japan in der Bundesrepublik Deutschland, und seine Gattin sind heute angereist. Beide hohen Gäste wissen um die Freude an der Betrachtung der Kirschblüten nach einem langen, harten Winter.

Auch in Reileifzen hatte man vielleicht gemerkt, dass dieser Winter lang und hart war. In die Vorbereitung des traditionellen Kirschblütenfestes am 21. April waren dennoch – wenn man dem Eindruck im NDR-TV glaubte – wohl nur der örtliche Schlachtermeister und wahrscheinlich im Übermaß der Gastwirt und Anbieter von hochprozentigem Kirsch und Hannoveraner Lüttjen Lagen eingeschaltet. Allerdings erscheint fraglich, ob der Einfluss von Hannover bis Reileifzen reicht. Selbst was harte Getränke angeht.

Denn dann hätten die Reileifzener Organisatoren rechtzeitig etwas gemerkt. Nämlich, dass in diesem Jahr das Blühen der Kirschbäume nicht sicher ist. Und die Hannoveraner hätten ihnen auch gesagt, Freunde in Reileifzen, keine Sorge, wir haben eine Reihe sehr guter Gärtner.

Die lassen einige kleine Kirschbäume vortreiben. Wenn dann S.E. Herr Botschafter Nakane kommt, werden er und seine liebenswerte Gattin so schöne Kirschblüten betrachten können, dass sie ihr Heimweh nach Japan und seiner Kirschblüte vergessen. Zusätzlich ziehen wir Folien über eure Kirschplantage, damit es dort blüht. Nennt man eure Gegend nicht ohnehin Münchhausenland?

Aber Reileifzen denkt bis … Reileifzen eben. Lässt S.E. Herrn Botschafter Nakane und seine Gattin anreisen, um mitzuteilen, für Kirschblüte ist es leider zu kalt. Macht aber nichts, da ist der Bratwurststand, dort die Blasmusik.

Na ja, so sind die Niedersachsen, auf alle Fälle sturmfest und erdverwachsen! Schon habe ich den ersten Anruf aus Hamburg: Da hast Du´s, Niedersachse. Südlich von der Elbe, in Harburg, fängt der Balkan und die Doofheit an.

Da reagierte ich erbost. Wegen der Doofheit aus Eitelkeit. Und außerdem kenne ich den Balkan ein wenig. Nicht ein einziges Dorf gibt es auf dem gesamten Balkan, das in solcher Lage nicht termingerecht blühende Kirschbäume auf dem Ehrenplatz gehabt hätte, und wenn´s im Dezember gewesen wäre! Aber seit 60 Jahren kenne ich auch das Weserbergland und die schöne Rühler Schweiz. Habe nie anderes als gastfreundliche, nette Menschen und aufmerksame Bewirtung erlebt.

Irgendetwas muss in Reileifzen in diesem Jahr schief gelaufen sein. Wenn die schönsten Dörfer Niedersachsens am 21. April vor dem japanischen Botschafter und seiner Gattin nicht die versprochene Kirschblüte zeigen können, ist das Tischvorlage „Sofort“ für Ministerpräsident Stefan Weil.

Hannover war 1951 noch von Ruinen gezeichnet. Dennoch gab es dort die erste Bundesgartenschau – mit dem Blumenkorso am 5. August. Hunderttausende bewunderten den bunten Zug. Mit lieben Verwandten, Großtanten Emmi und Frieda, den Onkeln Ernst und Fritz, durfte auch ich dabei sein. Die Blüten waren Hoffnung. Damals wie heute. Das Fest der Kirschblüte in Reileifzen geht auch Hannover an.