Geheimrat im Heimatministerium?

Im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) soll neuerdings ein heimatpolitischer Beirat streng vertraulich wirken.

In der Berliner Bar jeder Vernunft sei dies noch — kurz vor der Schließung wegen Corona — zu später Stunde aus einer prominent besetzten Loge durchgesickert.

In Berliner Kreisen, in denen sich die rheinische Diaspora organisiert, sei diese Information fachlich erörtert worden. Was die rheinische Diaspora in Berlin umtreibe, sind vor allem zwei Fragen:

  • Wie lenken wir möglichst viel von den heimatpolitischen Haushaltsmitteln statt nach Bayern ins Rheinland und vorzugsweise nach Bonn, das man uns mit dem Umzug nach Berlin genommen hat. Auch das Bönnsche Umfeld sei nicht zu vergessen.
  • Wer ist dieser heimatpolitische Beirat und wie bringen wir ihn auf unsere Seite?

Bald stellte sich heraus, dass über die Person dieses neuen heimatpolitischen Beirats im BMI nur Vermutungen kursieren. Der Bundesminister Seehofer und die Führung des BMI hielten sich angeblich dazu eisern bedeckt.

So begannen die Spekulationen in der Berliner rheinischen Diaspora. Aus einer privaten Sitzung (nix Corona-Party, sondern gebotener Abstand in der geräumigen Altbau-Wohnung!) war folgendes über ihren Verlauf und das Ergebnis zu erfahren.

Ein Mitarbeiter in einer Personalabteilung habe zu systematischem Vorgehen bei der Suche nach diesem heimatpolitischen Beirat geraten.

1. Einstellungsvoraussetzungen für den heimatpolitischen Beirat müssten gewesen sein:

  • bedeutende heimatpolitische öffentliche Wirkung,
  • fundierte Kenntnis der Lebensbedingungen vor Ort in Deutschland und dortiger heimatpolitischer Anliegen,
  • nachgewiesene Erfahrung in der Beratung der öffentlichen Verwaltung bei sensibel zu gestaltenden heimatpolitischen Maßnahmen.

2. Als Aufgaben des heimatpolitischen Beirats kämen infrage:

  • Vertrauliche Beratung des Bundesministers und der Führungskräfte der Heimatabteilung des BMI bei der Konzeption und Umsetzung heimatpolitischer Maßnahmen.
  • Inhaltliche Vorschläge für heimatpolitische Veranstaltungen, die sowohl fachlich wie öffentlichkeitswirksam für den Zusammenhalt, das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation mit unserem Land eintreten.

Wer die Berliner rheinische Diaspora ein wenig näher kennt, weiß, dass diese systematische Einlassung bei weitem zu trocken war, umso wilder schoss danach die Spekulation ins Kraut.

Auch diese Welle ging nach dem Genuss einiger Flaschen rheinischen Gewürztraminers vorüber, als der Sicherheitsbeauftragte einer Behörde das Wort ergriff.

Er ahne, wo man den heimatpolitischen Geheim- und Gedönsrat suchen müsse, meinte er fröhlich. Wie, was, wo? — so der ratlose Chor. Na, unter den Kritikern der Heimatabteilung des BMI, denn damit tarne sich der vom Minister vertraulich berufene heimatpolitische Beirat.

Und er könne dem lieben Freund und Personaler aus Königswinter nur Recht geben. Gehen wir systematisch vor! Wer von den öffentlichen Kritikern erfüllt denn die Einstellungsvoraussetzungen? Und schon habe er jemanden im Blick:

Es ist ein renommierter Journalist. Der hat sich mit einem kritischen Artikel über die Heimatabteilung des BMI getarnt. In diesem Artikel hat er sich ungewollt als hoch qualifizierter Beirat gezeigt.

Wie das denn? Wieder die ratlosen Freunde.

Ganz einfach: In seinem Zeitungsartikel hat er verraten, dass er den Norden kennt — Winsen an der Luhe! Dass er den Süden unseres Landes kennt — Gamsbärte am bayerischen Hut, sogar das weiß er, sind nur echt, wenn sie aus den Rückenhaaren erwachsener Gamsböcke bestehen. Und was für uns wichtig ist: Er kennt unsere St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Hemmerden von 1349 e.V. aus Grevenbroich.

Da ist mein Neffe Mitglied! Und mein Onkel, riefen zwei Freunde.

Wer soviel von unserer Heimat weiß, und ein renommierter Journalist ist, und obendrein ein Kritiker der Heimatabteilung des BMI — das muss er sein, das ist unser Mann!

Erzähle, rück` raus, wer ist es?

Und triumphierend zog unser Sicherheitsbeauftragter, in Remagen beheimatet, die WELT vom 16. März 2020 aus der Tasche und zeigte auf Henryk M. Broder, sein Bild und seinen Artikel “HORST SEEHOFER. Wofür braucht der Heimatminister 147 neue Planstellen?“ *1)

Die Zeitung mit Herrn Broders Meinung kreiste in der Runde, auch zwei oder drei weitere Flaschen Gewürztraminer, und die Debatte wurde ebenso lebhaft wie einmütig — so isser, der Rheinländer.

Du könntest richtig liegen, meinte der Leiter eines Behörden-Archivs.

Letzten Herbst war ich mit meiner Tochter Chantal in Bacharach. Da legt ein Schiff an, und ich sach: Schantall, tu` mal winken! Und dat machte de hübsche Schantall. Und auf demm Schiff war ´ne Typ wie de Loreley mit lange blonde Haar. Und winkt zurück, nimmt plötzlich de riesenblonde Perück ab und winkt damit zu meine Schantall. Na, hat die gelacht, sich gefreut und zurückgewinkt, mit Küsschen. Und ich will euch wat sagen, der Typ sah genauso aus wie der da.

Und er wies auf das Foto von Henryk M. Broder.

Da jubelte die Freundesrunde der rheinischen Diaspora in Berlin: Dat iss unser Mann, der Jeck passt zu uns!

Und sie beschlossen nach einem weiteren Blick auf den Artikel, der ihnen immer freundlicher zur rheinischen Heimat erschien:

Diesen Geheim-, Gedöns- und Beirat für das Heimatministerium werden wir, genauso wie er seine Arbeit als Beirat beschreibt, “pflegen, betreuen, begleiten und steuern“ *1) vor allem für unsere rheinische Heimat — eine neue Flasche Gewürztraminer wurde gereicht — denn der weiß wie wir nach Berlin Verdammten:

Darum ist es am Rhein, am Rhein so schön!

*1) MEINUNG. HORST SEEHOFER. Wofür braucht der Heimatminister 147 neue Planstellen? Von Henryk M. Broder. Veröffentlicht am 16.03.2020; https://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article206584669/Wofuer-braucht-der-Heimatminister-147-neue-Planstellen.html