Grüne Glaubwürdigkeit – Anspruchsinflation.

Bevor wir uns über die neue Akzeptanz der „Glaubwürdigkeit“ in der Politik zu früh freuen, sollten wir mal das Handeln abwarten – ein paar Jahre lang mindestens.

Am Ende könnte dieses schön klingende Wort noch zum Unwort dieser Jahre ruiniert werden.

Gerade einige PolitikerInnen der Opposition führen es häufig, sehr häufig sogar, im vollen Munde. Vor allem in der AKW-Debatte nach Fukushima und vor den Landtagswahlen dieses Jahres.

Da verwundert zunächst die anhaltende Verbitterung bei Anti-AKW-Aktivisten. Zwei dieser Stimmen seien zur Illustration zitiert:

1) linkszeitung.de, 6. September 2010: „Es wurde dann auf der Internet-Seite des Bundes-„Umwelt“-Ministeriums – damals noch unter Jürgen Trittin – in einer Tabelle mit exakten Datumsangaben veröffentlicht, daß das AKW Biblis A am 26. Februar 2007 abgeschaltet werde. Später wurde dies dann klammheimlich gelöscht. Die früheren „Umwelt“-Minister Trittin und Gabriel verlassen sich offenbar darauf, daß die Mehrzahl der Deutschen dies inzwischen vergessen hat.“

2) AntiAtom-Düren „Wählertäuschung, 28. März 2011, in ´Allgemein´ : Mit den jetzigen rotgrünen Oppositionspolitikern beschweren sich also genau diejenigen, die es während ihrer eigenen Regierungszeit nicht einmal geschafft haben, ein einziges zusätzliches Atomkraftwerk stillzulegen!“

Nun verfolgten wir interessiert die gestrige Beckmann-Runde. Mir lag vor allem daran, die beiden großen und von mir verehrten Persönlichkeiten, Egon Bahr und Bernhard Vogel, zu hören. Beide leisteten herausragende Beiträge, gewährten fesselnde politische Einsichten.

Dann aber zusätzlicher Aufschluss zum obigen Thema: Der Sozial-Liberale Gerhard Baum zeigte sich überaus nett gegenüber Boris Palmer, dem sachkundig in der Stuttgart 21-Schlichtung hervorgetretenen grünen OB von Tübingen. Baum wurde immer herzlicher. Der Kommunalpolitiker Palmer weiss noch nicht, dass solche Granden umso gefährlicher sind, je freundlicher sie sich geben.

Und dann kommt die Falle: Gerhard Baum spricht die Bestandsgarantie für AKWs unter Rot-Grün an. Und prompt poltert Palmer los: War doch Schuld des Kanzlers Schröder. Der habe verfügt, ein Ausstieg sei nur im Konsens mit den AKW-Betreibern zu machen. Und überhaupt seien die Grünen sehr verärgert über den Umweltminister Trittin gewesen. Mitleid erregend dieser Auftritt!

Ich kann nicht verhehlen – Zyniker sind mir erträglicher als Heuchler.