GRÜNE: Regierungsführung im Bund?

 

Drei eher formale Gründe sollten nahelegen, den Grünen Spitzenämter in der Führung der kommenden Bundesregierung zu verweigern.

Es sei ausdrücklich betont: Diese Position wird nicht wegen der politischen Ziele der Grünen vertreten. Deren Ziele werden geachtet wie die jeder demokratischen Partei. Sie werden hier weder abgelehnt noch propagiert; sie sind für die hier begründete Meinung belanglos.

Auch ist jetzt schon zu vermuten, dass diese Meinung zur Regierungsfähigkeit der Grünen ebenfalls politisch belanglos ist. Denn die grünen MdBs könnten nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 gebraucht werden, um überhaupt eine halbwegs stabile Bundesregierung zu bilden.

Deshalb wird hier die Auffassung eines Wählers dargelegt — take it or leave it.

Grund 1: Die grüne Kanzlerkandidatin.

Zig Millionen Menschen in unserem Land wissen, dass sie bei jeder Personalabteilung, bei jeder ernsthaft geprüften Bewerbung für eine berufliche Aufgabe scheitern, wenn sie einen Lebenslauf vorlegen, der “Präzisierungen“ erfordert. (s. u. Grund 2: Robert Habeck, Ko-Vorsitzender der Grünen).

Was sollen diese Menschen von der grünen Kanzlerkandidatin halten, deren Lebenslauf seit Tagen in den Medien auf fehlende “Präzisierungen“ geprüft wird.

Bisher entpuppt sich der Lebenslauf von Kanzler-Kandidatin Baerbock nach Presseberichten als “geschöntes“ Dokument einer Politikstudentin mit gewiss bestem Vordiplom, die sich zwar als Politikwissenschaftlerin und “Völkerrechtlerin“ ausgebe, aber dennoch ihren politischen Aufstieg mit unkorrekt angegebenen internationalen Arbeitsorten (Brüssel) und prestigeträchtigen internationalen Mitgliedschaften (UNHCR, German Marshall Fund) betrieben habe.

Hinzu kommt die nicht eingehaltene Deklarierungspflicht gegenüber der Bundestagsverwaltung von Corona-Sonderzahlungen (Corona- oder Weihnachtsboni?) der Grünen-Partei (25 220 €) an Baerbock.

Obwohl sie seit 2013 im Bundestag sitzt — gewiss angemessen bezahlt und von einem mehrköpfigen Team unterstützt — behauptet sie, sie „habe es ´nicht auf dem Schirm` gehabt, dass sie Zahlungen ihrer eigenen Partei habe angeben müssen; es seien schließlich ´keine Einnahmen von Dritten` gewesen, wie bei anderen Abgeordneten.“ *1)

Erst die Presse musste dem langjährigen MdB Annalena Baerbock erklären: *1)

  •  Der „Artikel 38 Grundgesetz bestimmt, dass Abgeordnete ´Vertreter des ganzen Volkes` sind, aber gerade nicht Vertreter einer Partei. Entsprechend handelt es sich bei den Sonderzahlungen für ihre Parteidienste als Vorsitzende durchaus um ´Einnahmen von Dritten`“.
  • Baerbocks öffentliche Behauptung “Ich habe das selber gemeldet und auch selbst transparent, öffentlich gemacht“ sei falsch: „Die Bundestagsverwaltung aktualisiert die Angaben zu Nebeneinkünften auf der Webseite. Frau Baerbock hat nichts ´selbst öffentlich gemacht`. Im Gegenteil. Sie hat, trotz Twitter-Account, MdB-Büro und Grünen-Pressestelle dazu nichts von sich aus mitgeteilt. Es bleibt der schlechte Eindruck, sie habe gehofft, es merke keiner.“

Wie soll die Eignung Baerbocks für höchste Staatsämter den Bürgern unseres Landes erklärt werden, die Jahr für Jahr zu wissen haben, was eine Deklarierungspflicht ist — sonst bringt es ihnen das Finanzamt bei.

Grund 2: Der Ko-Vorsitzende der Grünen Dr. Robert Habeck

War es ein Fehler, Baerbock statt Habeck die Kandidatur für das Amt des Bundeskanzlers zu übertragen?

Bewertet man mit heutigem Wissensstand als brutale Dreistigkeit, wie Baerbock sich mit Habeck verglich, indem sie ihn “ihre Überlegenheit in der Partei spüren“ ließ, dann erscheint ihre Kanzlerkandidatur als Fehler der Grünen: “In manchen Dingen sind wir einfach sehr anders. Vom Hause her kommt er … Hühner, Schweine, Kühe melken. Ich komm` eher vom Völkerrecht. Da kommen wir aus ganz anderen Welten im Zweifel.“ *2)

Man könnte erwarten, dass der als Doktor der Philosophie ausgewiesene Habeck besser als Baerbock auf die hohen Anforderungen an politische Kommunikation für Regierungsführung im Bund vorbereitet sei. Zumal er als Landesminister in Schleswig-Holstein im Gegensatz zu Baerbock Regierungserfahrung gesammelt hat.

Habeck — über Baerbocks Lebenslauf: „Gehe davon aus, ´dass die Präzisierungen im Lebenslauf jetzt erfolgt sind`“ — erklärte bei einer Pressekonferenz in Berlin am 07.06.2021 das schwache Abschneiden der Grünen (5,9 %) bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt mit “Unzulänglichkeiten der letzten Wochen“.

Dann wurde Habeck von einem Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters als Amateur politischer Kommunikation vorgeführt: *3)

  • Dieser Journalist fragte Habeck, was er denn genau mit dem Begriff “Unzulänglichkeiten“ gemeint habe.
  • „´Sie dürfen gerne spekulieren`, antwortete Habeck zunächst süffisant lächelnd.
  • Der Journalist .. blieb hartnäckig: Spekulieren sei nicht seine Aufgabe, vielmehr sei es Habecks Job, zu erklären, was er denn meint.“

So zeigte Habecks Auftritt auf der Pressekonferenz, dass politische Kommunikation in Berlin sich auf einer mit Schleswig-Holstein nicht vergleichbaren Anspruchsebene vollzieht.

Grund 3: Wahlprogramm ohne Kostenplan.

Baerbock hat 2004 und 2005 an der London School of Economics (LSE) studiert und einen Abschluss “Master of Law LL.M.“ erworben. Dies ist als hervorragende akademische Leistung anzuerkennen. Baerbock studierte also zwei Jahre in London zur Zeit der Regierung von Tony Blair als Premierminister und Gordon Brown als Schatzkanzler (= Finanzminister).

Dennoch bleibt die Frage offen, ob die “Politikwissenschaftlerin“ Baerbock (wie die LSE erwartet) sich überhaupt mit der Politik ihres britischen Gastgeberlandes näher beschäftigt hat. Zum Beispiel mit der immens sorgfältigen Vertrauensarbeit von Tony Blair und Gordon Brown, die ihre Regierungsprogramme seit 1997 in den Rahmen extern geprüfter Kostenpläne gestellt hatten. So hatte die britische Wählerschaft keine Sorge vor unerwarteten Steuererhöhungen und vertraute der im Regierungsgeschäft unerprobten Labour Party 1997 die Führung des Landes an.

Diese Lehren aus dem britischen Beispiel der Blair/Brown-Regierungsjahre hätte Baerbock nutzen können, um für Vertrauen in Deutschland zu werben, statt sich auf das Klischee “Frau, frisch, unverbraucht“ zu verlassen.

Das Wahlprogramm der Grünen — Baerbock: “Alles ist drin“ — ist eine gewiss wohlmeinende Sammlung von Ideen zur Rettung unseres Planeten, der Menschheit, der sozialen Gerechtigkeit und Umverteilung. Jedoch ist noch immer die Frage offen nach den Kosten, dem Ausmaß der Umverteilungspolitik, den zusätzlichen Belastungen von Arbeitnehmern und Wirtschaft. Noch immer steht zum Wahlprogramm der Grünen die Frage nach dem Kostenrisiko im Raum: “Wahnwitz oder Verantwortungsgefühl“? *4) Kein Wunder, dass die Angriffe der politischen Wettbewerber auf die Grünen immer schärfer werden.

Dies dürfte in der Wählerschaft die Sorge vor unkalkulierbaren finanziellen Belastungen durch die grüne Politikstrategie 2021 wachsen lassen.

Grüne Regierungsführung im Bund?

Beiden Vorsitzenden der Grünen möge die Wählerschaft noch einige Lehrjahre zur Vorbereitung auf höhere Aufgaben der Regierungsführung zuweisen.

*1) Grünen-Zahlungen an Kanzlerkandidatin. Wie Baerbock ihr Versäumnis mit zwei neuen Fehlern verteidigt. Sie habe es „nicht auf dem Schirm“ gehabt, die Einkünfte zu melden, sagt die Politikerin. Warum nicht? Weil sie Volk und Partei verwechselt. Ein Kommentar. JOST MÜLLER-NEUHOF. 30.05.2021; https://www.tagesspiegel.de/politik/gruenen-zahlungen-an-kanzlerkandidatin-wie-baerbock-ihr-versaeumnis-mit-zwei-neuen-fehlern-verteidigt/27239708.html

*2) „Hühner, Schweine, Kühe melken“. So gab Habeck Baerbock bei Illner einen mit. 21.05.2021; https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_90078712/talk-bei-maybrit-illner-robert-habeck-gibt-annalena-baerbock-einen-mit.html

*3) DEUTSCHLAND. GRÜNEN-CHEF NACH SACHSEN-ANHALT. Auf Nachfragen zu Baerbocks Lebenslauf reagiert Habeck schmallippig. Stand: 07.06.2021; https://www.welt.de/politik/deutschland/article231642325/Baerbocks-Lebenslauf-Auf-Nachfragen-reagiert-Habeck-schmallippig.html?

*4) Sebastian Huld. Wahlprogramm fürs 1,5-Grad-Ziel. Grüne planen ein Land nach unserer Zeit; FREITAG, 19. MÄRZ 2021; https://www.n-tv.de/politik/Gruene-planen-ein-Land-nach-unserer-Zeit-article22436556.html