Hallo Puppe!

Eine Platzkarte der Deutschen Bahn (DB) führte Hugo W. an einen Tisch für vier Reisende nach Hamburg. Ihm gegenüber saß eine Mittsechzigerin, die unternehmungslustig um sich blickte: Wo ist jemand, der mich unterhält?

Hugo, etwa im gleichen Alter, vertiefte sich augenblicklich in eines der auf dem Tisch liegenden DB-mobil Werbemagazine. In ein Interview mit Udo Lindenberg, dessen Bild von Oberkante Hut bis kurz unter die Gürtelschnalle die Titelseite einnahm.

Auf den reservierten Platz neben der Dame setzte sich ein Herr in den Siebzigern. Alsbald gestand er seinen beiden Tischnachbarn schelmisch, wie froh er sei, eine längere Zugfahrt mit so jungen Menschen gemeinsam verbringen zu dürfen.

Die Dame, deren musternder Blick verriet, dass sie Hugo als Unterhalter bereits verworfen hatte, juchzte und leitete erleichtert ein intensives Gespräch mit dem zugestiegenen Herrn ein.

Hugo, vertieft in die Lektüre des Interviews mit Lindenberg, hörte nebenher, dass beide Gegenüber verwitwet und auf Petra und Werner getauft waren.

Petra, inzwischen recht in Schwung, zeigte auf den Udo-Titel, hinter den sich Hugo so gut es ging zurückgezogen hatte, und verkündete nicht zu leise:

„Vor 40 Jahren bin ich in Hamburg am Lehmweg vor dem Onkel Pö dem Udo begegnet.“ Ringsum erstarben die Gespräche. „Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Freund Jochen, als Udo, der dort mit zwei Begleitern stand, mir zurief ´Hallo Puppe!`“.

Hugo las gerade von Udos Begegnungen mit dem Sensenmann, seinem neuen Album „Stärker als die Zeit“ und musste dann Petras Beifall heischendem Blick standhalten. Hugo verbarg seine melancholischen Gedanken durch den Trick, sie in Fremdsprache zu fassen: „Dios mío, como nos ha golpeado la vida!“

Dies erleichterte Hugo, Frau Petra zu versichern: „Dass Udo Lindenberg Sie so grüßte, kann man sich noch heute gut vorstellen, hoffentlich fanden Sie es damals nicht ungezogen.“ Damit gab er Petra Gelegenheit nachzulegen: „Na, wieso denn, das war doch wohl ein Kompliment …“ „Und ein, wie ich sehe, sehr berechtigtes“, beeilte sich Werner.

„Und wie berechtigt“, wieder juchzte Petra, „ich hab`s meinem Freund erzählt. Der hielt sofort um meine Hand an. Vier Jahre später habe ich ihn erhört. Was meint Ihr, was Udo gesagt hätte, wenn mein armer Jochen dem Udo dies noch hätte erzählen können?“

Hugo staunte über die trockene Antwort Werners: „Irgendwas zwischen ´Mach die Fliege` und ´Dein Problem, Alter`“.