„Haushälterin“ Dr. Gesine Lötzsch.

„Macht mal halblang“, so könnte die Empörung einiger MdBs von CDU, SPD und Grünen kommentiert werden, die Dr. Gesine Lötzsch, MdB, von der LINKEN den Vorsitz des Haushaltsausschusses verwehren wollen.

Eher erheiternd erscheint allerdings der „Kompromiss“-Vorschlag der Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN, Frau Göring-Eckardt. Sie gönnt Frau Lötzsch das Amt unter dem Vorbehalt der „Protokollnotiz: Gleichwohl ist ihre Aussage, im Gegensatz zum Palast der Republik (PdR, RS) sei der Deutsche Bundestag kein Haus des Volkes, absolut indiskutabel.“ *1)

Frau Lötzsch hat die „indiskutable“ Aussage begründet: Dass im PdR „Abgeordnete und Bürger beraten, feiern, essen und Kunst genießen … war und ist revolutionär (und) wäre im Bundestag undenkbar. Der ist kein Haus des Volkes.“ *1)

Die Aussage wie die Begründung sind sicher abwegig, aber keineswegs „indiskutabel“. Ganz im Gegenteil, dies sollte durchaus diskutiert werden. Im Rahmen politischer Bildung gegen das Vergessen. Beginnend mit der Frage: Warum ist der Deutsche Bundestag kein „Haus des Volkes“ im Sinne des PdR, wo „Abgeordnete und Bürger beraten, feiern, essen und Kunst genießen?“

Im übrigen sollte Frau Lötzsch den Vorsitz des Haushaltsausschusses übernehmen, der steht der Fraktion der LINKEN zu. Und nach der Meinung maßgeblicher „Haushälter“ im Bundestag ist sie „eine erfahrene und geschätzte Haushälterin“. *2)

Frau Lötzsch (August 1961 geboren) hat bis zur Wende folgende Stationen in der DDR durchlaufen: 1980 Abitur, 1984 Mitglied der SED, 1985 Diplom-Lehrerin für Deutsch und Englisch, 1987 Auslandssemester in den Niederlanden, 1988 Dr. phil. an der Humboldt-Universität zu Berlin: „Computergestützte Studien zum mittelniederländischen Plenarium Ms. germ. 1612″ (Wikipedia).

Nicht gerade ein „Täter-Weg“. Wer will heute einer 23-Jährigen den Beitritt zur SED vorwerfen? Helmut Kohl hatte, was das Nazi-Regime angeht, von der „Gnade der späten Geburt“ gesprochen. Dieser Gedanke kann auch auf die „Gnade der Geburt oder des Aufwachsens in der Bundesrepublik Deutschland“ übertragen werden.

Seit 2002 ist Frau Lötzsch im Wahlkreis Berlin-Lichtenberg direkt gewählt. Offenbar gehört sie zu den besonders hart arbeitenden MdBs: Obfrau ihrer Fraktion im Haushaltsausschuss, Mitglied des Verteidigungsausschusses und Leiterin eines ökonomisch anspruchsvollen Arbeitskreises ihrer Fraktion zur Regional- und Strukturpolitik.

Dieser langjährigen Bundestagsabgeordneten wird nun gern vorgehalten, über „Wege zum Kommunismus“ nachgedacht zu haben, die besser wären als der DDR-Weg. Was mag denn gelegentlich bei Seminaren im Karl-Marx-Haus Trier diskutiert werden?

Frau Lötzsch wird auch die eine oder andere gelegentliche Bekundung von Loyalität gegenüber akademischer Förderung in der DDR vorgehalten werden können. Dazu möchte ich eine Erfahrung des Jahres 1990 beisteuern.

Sofia, Bulgarien. Angenehmes Gespräch mit einem jüngeren Paar, beide Akademiker und in wichtiger Funktion des ehemals kommunistischen Landes. Der Herr sagt mir: „Ohne den Kommunismus in Bulgarien würde ich noch heute an der Haltestelle des Orient-Expresses stehen, um den Reisenden Erfrischungen und Butterbrote anzubieten.“

Wollen wir ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer in Deutschland und Europa mit dem Kommunismus noch einen seiner wenigen positiven Beiträge – die gezielte akademische Förderung von Kindern der Arbeiter in Stadt und Land – verurteilen? Auch wenn darüber der Schatten fällt, dass Kinder aus „bürgerlichen“ Kreisen der Zugang zum Studium schwer oder verbaut war?

Macht mal halblang mit Eurer Empörung über Frau Dr. Lötzsch!

*1) Warum die Linke Gesine Lötzsch den Palast der Republik toller fand, von Matthias Meisner, 05.12.2013; www.tagesspiegel.de/ .

*2) Gesine Lötzsch zu kommunistisch für den Haushalt? 05.12.2013; welt.de.