I`ll be your substitute.

Haben wir Bundespräsident Steinmeier, die Bundeskanzlerin Merkel, die Ministerpräsidenten Laschet (NRW, CDU) und Seehofer (Bayern, CSU), richtig verstanden?

Laden sie die SPD ein, erneut eine Große Koalition (GroKo) mit der CDU/CSU einzugehen? Nachdem die vom Balkon groß angekündigte Zukunftsvision „Jamaika“ in den Berliner Sand gesetzt wurde? Raten sie der SPD, ihren politischen Platz zum dritten Mal unter Kanzlerin Merkel in der GroKo zu suchen — frei nach dem alten Pop-Song „I`ll be your substitute“? *1)

Der hier gender-neutral behandelte Vorgang ist auf der Pop-Ebene schnell erklärt.

Ein Wesen (ESPEDE genannt) versichert im Pop-Trostgesang nach einem Desaster (Jamaika-Reinfall genannt), das ein anderes Wesen (MERKEL genannt) sich selbst angetan und selbst verschuldet hat: Wenn die Täterin des Jamaika-Reinfalls (EFFDEPE genannt) nicht um Verzeihung bittend, reumütig zu MERKEL zurückkehrt, dann steht ESPEDE Dir MERKEL bei — mit allem, was sie noch zu bieten hat; denn:

You`ve been loyal, true and faithful

All this time with bein` alone …

If she doesn`t come back

I`ll be your substitute

Wherever you want me

Don`t you know

I`ll be your substitute

Whenever you need me

Da verlässt der noch politisch engagierte Bürger mit Grausen die Realität der Pop-Songs und wendet sich der politischen Fiktion Berlins zu: Ist es denn die Möglichkeit? Da hat die SPD nach der größten Wahlschlappe ihrer Geschichte die vernünftige Entscheidung getroffen, sich in der Opposition politisch und programmatisch neu aufzustellen.

Und nachdem die Jamaika-Reinfall-Truppe (CDU/CSU, FDP, GRÜNE) der Berliner Republik acht Wochen nach der Wahl und nach vier Wochen Verhandlungs-Fiktion vor dem Scherbenhaufen ihrer Balkon-Auftritte steht — was macht die SPD?

Die SPD beruft sich auf den Gesprächswunsch des Bundespräsidenten, die schwierigen Zeiten, auf Europa, auf die Notwendigkeit einer stabilen Regierung und will gleich wieder in die Große Koalition (GroKo).

Schon der Gang in die „Opposition“ passte zur fiktiven Realität der Berliner Republik:

  • Programmatisch und rhetorisch den Kapitalismus und die Kapitalisten (Siemens etc.) verdammen und gleichzeitig Vorteile und Verteilungsspielräume des BRD-„Kapitalismus“ genießen!
  • Die Geschäftsführende GroKo-Bundesregierung kritisieren und gleichzeitig ihre vielen SPD-Minister- und SPD-Staatssekretärposten genießen.
  • Selbst das Verbot der Kanzlerin für die Geschäftsführende Arbeits- und Sozialministerin Dr. Ka­ta­ri­na Bar­ley, beim EU-Sozialgipfel in Göteborg Mitte November 2017 Deutschland zu vertreten, hat nicht den gebotenen sofortigen Rücktritt aller SPD-Kabinettsmitglieder ausgelöst. Dann wäre es mit einer neuen Regierung sicher recht schnell gegangen!
  • Ist es so schön auf den Geschäftsführenden Posten bei „Mutti“?

Die SPD-Politikchefin, SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles, hat die Macht, die schlaue Unverschämtheit und die Fähigkeit, diesen Zick-Zack-Kurs zwischen Opposition und Regierung auf den rechtfertigenden Punkt zu bringen:

Zick-Opposition („Jetzt, Merkel, gibt`s in die Fresse!“), Zack-Regierung: (Meine lieben Jung-Sozialisten, wir müssen raus aus dem Mist (=Opposition nach Müntefering), Verzeihung, raus aus der Kacke, hat Nahles den Jusos zugerufen).

Und schon werden von SPD-Größen Forderungen erhoben und Verhandlungen angeboten. Statt die CDU/CSU, die GRÜNEN, die FDP, und, ja, gerade auch die AFD, die im Bundestag die Mehrheit haben, zu irgendeiner Regierung — mit oder ohne Mehrheit, mit oder ohne Tolerierung — zu zwingen!

Und die Rechtfertigung für diese politische Wendehals-Nummer?

Europa braucht die GroKo! Die schweren Zeiten brauchen die Groko! Und die UNION von CDU/CSU will jetzt die GroKo, weil es mit der SPD bequemer ist als mit GRÜNEN, FDP und, nochmals ja, wir gönnen es Merkel, mit der AfD über Mehrheiten für Projekte einer Minderheitsregierung zu verhandeln.

„Erst das Land, dann die Partei“, tönt die SPD jetzt wieder und die Mitglieder der SPD sollen das „Ergebnis am Ende“ (Martin Schulz) über eine Befragung absegnen. Wer Fragen stellt, verehrter SPD-Vorstand, muss auch eine Antwort erwarten. Hier ist eine einzige Antwort vorweg:

  • Europa und die schweren Zeiten — dem sehen wir für mindestens das nächste Jahrzehnt entgegen: Also wollt ihr eine Ewigkeitsgarantie für die GroKo-Posten?
  • Wenn nicht jetzt personelle und programmatische Erneuerung in der Opposition — wann dann?
  • Zweimal (2005-2009, 2013-2017) ist die SPD nach der GroKo hart abgestraft worden. Ein leider von mir vergessener Autor sagte für solche Fälle: „Mein lieber Herr, ich will nicht frech sein, ich will mich üben in Geduld, zweimal Pech kann zweimal Pech sein, aber dreimal Pech ist Schuld.“
  • Dreimal GroKo? Ja, seid ihr noch zu retten, werte Genossinnen und Genossen? Sollte etwa diese Idee vom Geschäftsführenden Vizekanzler und Ex-Pop-Beauftragten stammen?

Wenn ihr Berliner Sozialdemokraten es wollt, dann lasst auch noch den Stolz auf Eure große, über 150-jährige Geschichte fahren und bringt im Pop-Chor der ewigen Bundeskanzlerin Merkel das Ständchen:

I’ll be your substitute

Wherever you want me

Don’t you know

I’ll be your substitute

Whenever you need me!

*1) Clout. Substitute.