Intervention in Libyen.

Heftig wird über die Stimmenthaltung Deutschlands im UNO-Sicherheitsrat zur Libyen-Resolution debattiert. Das ist gut für die Demokratie.

Was geschah in New York? 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates stimmten ab: 5 Enthaltungen, 10 zustimmende Voten zur Resolution des UN-Sicherheitsrates Nr.1973 (2011), keine Gegenstimme. Fünf Ständige Mitglieder des UN-Sicherheitrats, die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich, haben das Recht, durch Ablehnung jeden Beschluss zu verhindern. Deshalb nennt man diese Länder „Veto-Mächte“. Daneben gibt es 10 nicht-ständige, von der UN-Vollversammlung befristet gewählte Mitglieder.

Neben Deutschland enthielten sich die beiden Veto-Mächte Russland und China sowie Indien und Brasilien. Für die Resolution stimmten drei Veto-Mächte, die USA, Großbritannien und Frankreich, sowie Portugal, Bosnien-Herzegowina, Libanon, Gabun, Nigeria, Südafrika und Kolumbien.

Den UN-Sicherheitsrat habe das Ziel geleitet, die Gewalt in Libyen und Gaddafis Regime zu beenden, um einen Prozess politischen Wandels in Libyen einzuleiten, so Dr. Peter Wittig, der deutsche UN-Botschafter. Dr. Wittig begründete die deutsche Stimmenthaltung u.a. mit nicht ausgeschöpften Möglichkeiten, Sanktionen zu verschärfen und mit den kaum kontrollierbaren Risiken für das Leben der libyschen Bevölkerung (vgl. Website UN).

Die vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Resolution Nr. 1973 (2011) ermächtigt die Staatengemeinschaft, ein Flugverbot in Libyen mit bestimmten militärischen Mitteln (Luftschläge, keine Bodentruppen) durchzusetzen. Die Resolution verhängt darüber hinaus wirtschaftliche Sanktionen wie z.B. ein Waffenembargo, Reiseverbote und verfügt das Einfrieren spezifizierter libyscher Guthaben. Ein Gremium von Experten wird eingesetzt, das dem UN-Sanktionskomitee bei der Überwachung der Sanktionen hilft (Vgl. Handelsblatt, 19.3.2011, Die zentralen Punkte der Libyen-Resolution).

Dazu erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Libyen-Gipfel in Paris (Vgl. das Pressestatement, 19.3. 2011, Website Auswärtiges Amt) u. a.: „Es wird niemandem gelingen, die internationale Staatengemeinschaft … zu spalten.  … Deutschland hatte in New York (RS: im UN-Sicherheitsrat) gegen Teile der Resolution seine Bedenken vorgebracht. Wir werden uns deshalb auch nicht mit eigenen Soldaten an der Umsetzung dieser Resolution beteiligen, allerdings alle Teile … entschlossen umsetzen, die sich mit nichtmilitärischen Aktionen befassen … Diese Resolution gilt, und deshalb wollen wir auch, dass sie erfolgreich durchgesetzt wird.“

Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier unterstützt die Regierungschefin (vgl.: Kölnische Rundschau, 18.3.2011): „Ob militärische Luftschläge dem Volke in Libyen wirklich helfen, daran kann man zu Recht Zweifel haben. Deshalb halte ich das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung für verständlich und nachvollziehbar.“

Die deutschen Soldaten sind durch die Bundeskanzlerin und durch die klare Position des Oppositionsführers Steinmeier in höchst verantwortlicher Weise positioniert und abgeschirmt worden. Wie hätten deutsche Soldaten ihren NATO-Kameraden in die Augen sehen sollen, hätte die Regierung der Resolution zugestimmt, aber klar gemacht, dass der gefährliche Einsatz, um das Flugverbot durchzusetzen, den Soldaten anderer Länder überlassen wird. Nach der Devise: Deutschland ist immer dabei, wenn die Gefahr von anderen getragen, das Leben der Soldaten anderer Nationen eingesetzt wird. Diese Situation blieb den deutschen Soldaten durch die Erklärung von Kanzlerin Merkel und Oppositionsführer Steinmeier erspart. Hut ab!

Nun scheint sich ausgerechnet General a.D. Klaus Naumann, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, mit scharfer Kritik und „Bauernschläue“ profilieren zu wollen: Es stehe jedem UNO-Mitglied frei, ob es sich an der Durchsetzung einer Resolution beteilige oder nicht. Man könne „Ja“ sagen, ohne sich beteiligen zu müssen. (vgl. Handelsblatt, 20.3. 2011).

Schon springt Dr. Rolf Mützenich, MdB, auf diesen Zug und disqualifiziert sich. „In der UN-Charta steht, dass man einem Beschluss des Sicherheitsrates zustimmen und dann auf nationaler Ebene schauen kann, wie man mit diesem Beschluss umgeht“, weiß er (Vgl. auch  im folgenden: Deutscher Bundestag, 97. Sitzung, 18.3.2011).

Der anerkannte Wehrdienstverweigerer, Thomas Oppermann, MdB, versucht in juristischer Manier, den Abgeordneten Dr. Rainer Stinner in Schwierigkeiten zu bringen. „Sie haben soeben erklärt: Wenn der Beschluss des UN-Sicherheitsrates umgesetzt wird, dann ist das völkerrechtlich korrekt. Finden Sie das politisch richtig oder finden Sie das politisch falsch?“ fragt er in mehrfachen Varianten im Stile eines Großinquisitors. Solche Verhörer haben natürlich auch das Privileg, die eigene Auffassung zu verbergen! MdB Stinner standfest: „Da dies (RS: die UN-Resolution) völkerrechtlich legitimiert ist, werden wir auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben – das heißt, wenn andere Staaten die völkerrechtliche Ermächtigung nutzen -, (RS: also militärisch eingreifen) politisch mittragen.“

Neben dem Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen, Thomas Oppermann, MdB, schlägt auch MdB Heidemarie Wiezcorek-Zeul zu, allerdings – so kennt man die Rote Heidi – geradliniger: „Ich finde es eine Schande, dass sich die Bundesregierung als Mitglied des UN-Sicherheitsrates in dieser Situation enthalten hat. Gegenüber Despoten kann es bei solchen Entscheidungen keine Enthaltung geben.“ Hört sich gut an, aber vielleicht nicht für ihren Fraktionsvorsitzenden, Frank-Walter Steinmeier.

Vergessen wir, was Kanzler Gerhard Schröder unter Jubel seiner Fraktion (Ausnahme Hans-Ulrich Klose, MdB) am 21. Januar 2003 in Goslar sagte, als es um den Schlachter Saddam Hussein ging: „Rechnet nicht damit, dass Deutschland einer den Krieg legitimierenden  Resolution zustimmt.“ (Vgl. Transatlantischer Dialog für soziale Demokratie, Website S. 146 / Buch S. 209). Vergessen können wir auch den einen oder anderen Beitrag zur Libyen-Debatte.

Was zählt ist: Die Staatsbürger in Uniform und die Staatsbürger in Zivil können Bundeskanzlerin Angela Merkel und Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier vertrauen. Beide haben die Bundesrepublik Deutschland glaubwürdig positioniert.