JA oder NEIN!

So fordert eine anmaßende Journaille ein „klärendes Wort“ zum Wunsch nach einer zweiten Amtszeit von unserem Staatsoberhaupt Joachim Gauck. Wohl im politischen Auftrag der GroKo-Spitzen *1). Erneut ein Tiefpunkt des politischen Anstandes in Deutschland.

Das Machtspiel mit unserem Staatsoberhaupt Joachim Gauck wird noch schändlicher dadurch, dass aus durchsichtigen Wahlkampfmotiven zugleich die Namen von Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier für die Nachfolge lanciert werden.

Der Bürger möchte hoffen, dass Herr Bundespräsident Gauck sich weiterhin der Schleimspur verweigert „Will er, wird er wohl wiedergewählt“ *1).

Ungezählte Staatsbürger Europas sind dankbar, dass Joachim Gauck das deutsche Staatsoberhaupt „der Freiheit“ ist. *2) Gerade in einer Zeit, in der die Machthaber Russlands die Freiheit zertreten, wo sie es können.

Nur zur Erinnerung als „klärendes Wort“ an die GroKo-Machthaber: Bundespräsident Joachim Gauck ist „Staatsoberhaupt des ganzen Volkes.“ *3) Seine Amtszeit endet im März 2017. Wir Bürger kennen den Artikel 54 (Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung) und die dort festgelegten Fristen.

Deshalb verbitten wir Bürger uns, dass über die Medien aus Wahlkampfinteresse der GroKo-Parteien mehr als zwei Jahre vor dem Ablauf der Amtszeit des Staatsoberhauptes bereits Namen von Nachfolgern gestreut werden.

Die Genannten, Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier, sind aus Sicht so denkender Bürger schon deshalb disqualifiziert, weil sie diese Debatte zugelassen, wenn nicht gar aktiv betrieben haben. Da die politische Macht entscheiden wird, wenn es um das Amt des Bundespräsidenten geht, hier noch einige weitere „klärende Worte“ eines unmaßgeblichen Staatsbürgers.

Frau Merkel könnte 2017 ihre Zeit an der Macht gehabt haben. Mehr als ein Vierteljahrhundert hätte sie dann — in Regierung oder Opposition — in machtpolitischen Spitzenpositionen Führung ausgeübt. Die Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Regierungszeit hohes Ansehen erworben.

Aber ihre herausragende Leistung als Regierungschefin und ihr eindrucksvoller Umgang mit politischer Macht sind durchaus diskussionswürdig, wenn es um die Frage geht, welche Persönlichkeit für das Amt des Bundespräsidenten geeignet ist. Denn die Aufgaben des „Bundespräsidenten sind .. aus seiner Stellung als nicht regierendes Staatsoberhaupt zu erklären.“ *3)

Deshalb sind die Qualitäten der großen Regierungschefin und Machtpolitikerin Angela Merkel für das Amt “Staatsoberhaupt des ganzen Volkes“ ohne Belang. „Unions-Granden sind sicher: DAS ist das letzte große Ziel von Merkel als Kanzlerin!“ — dieser Satz in BILD sollte den Bürgern Warnung genug sein.*1) Und auch an das unwürdige Spiel erinnern, das vor mehr als einem halben Jahrhundert Kanzler Konrad Adenauer mit dem Amt des Bundespräsidenten getrieben hatte.

Wer sieht in der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Dr. Merkel — einmal im Amt des Bundespräsidenten — eine Garantin für „Neutralität und Überparteilichkeit“? Wer nimmt ihr ab, dass diese Machtpolitikerin sich auf „die Aufgabe des Mahners, Beraters, Schlichters“ beschränken kann? *3)

Zu kritisieren ist leider auch die SPD, weil sie den angesehenen Außenminister Steinmeier in das zum jetzigen Zeitpunkt unwürdige Kandidatenspiel wirft. Dass der Bundesminister des Auswärtigen sich dies nicht verbeten hat, gehört zu weiteren Fragwürdigkeiten, die Steinmeier im Umgang mit Amt und Person des Bundespräsidenten gezeigt hat.

Blicken wir zurück auf den Fall des gescheiterten Bundespräsidenten Christian Wulff. Seinerzeit habe ich in mehreren Blog-Beiträgen das Verhalten einer medialen und politischen Hetzmeute gegenüber Bundespräsident Wulff kritisiert. Aus der Einstellung heraus, dass das Staatsoberhaupt nicht den Medien, nicht den Parteiakteuren, sondern dem „ganzen Volk“ verpflichtet ist.

Kritik an der Amtsführung des Bundespräsidenten ist mithin jedem Bürger erlaubt. Aber im Fall des Bundespräsidenten Wulff operierte eine politisch hemmungslose Hetzmeute, auch aus der Deckung des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag. Den Vorgang so zu bewerten, hat mir seinerzeit einiges an Kritik eingetragen. Ermutigt, an dieser Position festzuhalten, hatte mich vor allem der Beitrag eines der großen Rechtsgelehrten unseres Landes, des ehemaligen Verfassungsrichters Udo di Fabio.

Hier sei noch einmal die für mich orientierende Sicht di Fabios auf das Amt und die Person des Bundespräsidenten Christian Wulff erinnert. *4)

Erstens: Die Ausforschung des Verhaltens von Christian Wulff vor Antritt des Amtes als Bundespräsident sollte aus Respekt vor dem Amt des Staatsoberhauptes von „einer akribischen Untersuchungsmentalität“ absehen.

Zweitens: Der Bundespräsident als Vertreter aller Bürger darf kritisiert werden. Da er aber Staat und Gemeinwesen „fast nur durch Worte und Symbole repräsentiert, sollte er nicht mit derselben Elle gemessen werden wie Kanzler und Minister, die über politische Macht verfügen.“

Drittens: Zu den behaupteten Rechtsverstößen des Ministerpräsidenten Wulff stellte di Fabio fest: „Für eine förmliche Präsidentenanklage würden die umstrittenen Sachverhalte nicht ausreichen.“

Viertens: Aus dem Telefonat des Bundespräsidenten Wulff, der unser Land gerade im Ausland vertrat, bei einem Chefredakteur, der sich zu diesem Zeitpunkt der Hetzmeute beigesellt hatte, wurde ein Anschlag auf die Pressefreiheit gemacht. Di Fabio empfahl zu diesem Skandalgeschrei, „eine mittlere Tonlage“ anzustimmen: „Der Bundespräsident verfügt über keine echte eigene Macht. Er kann nicht wirklich drohen.“

Dieser sachkundige und maßvolle Kommentar des ehemaligen Verfassungsrichters Udo di Fabio hat sicher sehr viele Bürger orientiert. In einer Zeit als mit dem Amt und der Person des Staatsoberhauptes in einer Weise umgegangen wurde, die an die Weimarer Republik und an die schändlichen Angriffe auf den sozialdemokratischen Reichspräsidenten Friedrich Ebert denken ließen. Der Kommentar di Fabios hat den Rang eines Maßstabs, einer Vorgabe für den öffentlichen Umgang mit dem Staatsoberhaupt — bestätigt übrigens durch Gerichtsentscheid, der Christian Wulff vollständig rehabilitierte.

Und hier liegt für mich als Staatsbürger und auch als Sozialdemokrat der politisch-kulturelle Grund, Herrn Minister Steinmeier als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten abzulehnen.

Weil Herr Steinmeier als Oppositionsführer des Deutschen Bundestages sich nicht zu schade war, dem scheidenden Bundespräsidenten Christian Wulff über die Presse eine würdige Abschiedszeremonie zu verwehren und überdies die Frage der Versorgungsbezüge zu thematisieren.*5)

Diese öffentliche Äußerung Steinmeiers hat sicher beigetragen, einen Pöbel in Berlin zu mobilisieren, dessen Gegröle den feierlichen Akt unseres Staates vor den Augen der Welt herabsetzte.

Hier ein „klärendes“ Bürgerwort an Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel: Wahren Sie den gebotenen Stil im Umgang mit dem Staatsoberhaupt! Werden Sie Bundespräsident Gauck die Wiederwahl antragen? JA oder NEIN?

Wird die Wiederwahl dem Staatsoberhaupt nicht rechtzeitig in der gebührenden Form angetragen, dann hier die Empfehlung eines Staatsbürgers an die Bundesversammlung, wenn sie zur Jahreswende 2016/2017 zusammentritt: Für das Amt des Staatsoberhauptes — weder Frau Merkel noch Herrn Steinmeier!

*1) ANGELA MERKEL ODER FRANK-WALTER STEINMEIER. Wird einer von beiden der nächste Bundespräsident? Von ROLF KLEINE; 07.03.2015 – 00:01 Uhr, bild.de. (Auch DER SPIEGEL beteiligt sich: Möglicher Gauck-Nachfolger Steinmeier. Plan S. Von Florian Gathmann und Philipp Wittrock, 04. März 2015, 12:59 Uhr; usw. wird man wohl sagen können …). Hervorhebung RS.

*2) „Freiheit, die ich meine“ S. 331 f., in: Joachim Gauck, Winter im Sommer — Frühling im Herbst, Erinnerungen. 2009, München, Berlin.

*3) Staatslexikon, Band 1, Artikel Bundespräsident, … 3. Aufgaben und Befugnisse des Bundespräsidenten, S. 926; 7. Auflage, Freiburg, Basel, Wien, 1995. Hervorhebung RS.

*4) Interview mit Ex-Verfassungsrichter. „Der Bundespräsident kann nicht drohen“; 06.01.2012, tagesspiegel.de. Von Frank Jansen, Jost Müller-Neuhof.

*5) FRANK-WALTER STEINMEIER. Wulff sollte Zapfenstreich absagen. Autor: Reuters. Datum: 06.03.2012;

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/frank-walter-steinmeier-wulff-sollte-zapfenstreich-absagen/6294726.html.