“Kapitalismus tötet!“

Mit Sympathie verfolge ich verschiedene Aktivitäten der Jugend. Aus aktuellem Anlass — Europäische Zentralbank (EZB), Frankfurt am Main — ein Blick auf das Blockupy-Netzwerk.

Dieses Netzwerk wird u. a. finanziert, organisiert und vielfältig unterstützt von Organisationen wie dem DGB und der Groß-Gewerkschaft VERDI, von den Parteien DIE LINKE und ihrem hellenischen Partner SYRIZA, den Feinden der Globalisierung von ATTAC u.ä.m.

Vor vielen Jahren im Berufsleben wagte ich einmal — und nur einmal, denn ich wollte niemanden erneut kränken — vor links imprägnierten KollegInnen meine Meinung etwa über Analysen von ATTAC zu äußern. Das kam einem Sakrileg gleich: „Aber Reinhold, das ist eine soziale Bewegung!“

Wie gesagt, mit Sympathie sehe ich auf junge Menschen in diesem Netzwerk. Vor allem, wenn sie sich selbst mit ihren Berufsbezeichnungen vorstellen: Bürgerrechtler, Menschenrechtler, Organizer, Scout, Campaigner, Aktivist, Networker usw.. Politischem Interesse folgend, halte ich Ausschau nach einem kommenden Joschka-Fischer-Pendant. Ich hätte schon ein paar Namen von jungen Frauen und Männern. Jedoch will ich die nicht enthüllen, um keinen weiteren Schaden mit dem genannten Vergleich anzurichten.

Wie gesagt, heute war die EZB Gegenstand einer Demo: „Kapitalismus tötet!“

Sowohl der Polizei als auch den verantwortlichen Organizern und Aktivistinnen geriet bereits die Vormittag-Veranstaltung gründlich daneben. Wer von beiden unfähiger in der Lagebeurteilung war, sei dahingestellt. Jedenfalls leistete gewaltbereiter Mob aus ganz Europa — so die Polizei — ganze Arbeit: Blockaden, Brände, zerstörte Autos von Polizei und Bürgern, schwere Schäden und Plünderungen an Geschäften.

Währenddessen höre ich salbungsvolle Worte, die der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann in der Feierstunde an EZB-Präsident Mario Draghi richtet: „Ich wünsche Ihnen ein glückliches Händchen!“ Weilte Herr Feldmann vorher bei der Einweihung eines Kindergartens oder bei einem Vorgespräch mit Blockupy-Organizern?

Was soll nun ein halbwegs informierter Bürger dazu sagen?

Gegen spekulativen, ruinösen „Raubtier-Kapitalismus“ gibt es seit vielen Jahren zwei mächtige Institutionen, die das Biest bisher recht erfolgreich in die Ordnung der Sozialen Markt- und Wettbewerbswirtschaft gezwungen haben.

Die Europäische Integration und die Europäische Zentralbank (EZB).

Dagegen ist nun die Demo „Kapitalismus tötet!“ und die Gewalt gerichtet. Ausgerechnet gegen die EZB als bisher eine der wichtigsten Einrichtungen des europäischen Einigungswerkes: durch die gemeinsame Währung, den Euro!

Die EZB-Politik sorgt bekanntlich für:

1) Stabilisierung der europäischen Finanzmärkte, u. a. durch Intervention (derzeit Käufe) am Markt für Staatsanleihen;

2) monetäre Unterstützung von Banken, z. B. in Griechenland, das unter SYRIZA gerade erste Erfolge der Konsolidierungs- und Reformpolitik zu verspielen droht;

3) niedrige Zinsen und ausreichende Geldmenge, so dass

a) die Erwartungen stabil bleiben für ein künftiges Preisniveau knapp unter zwei Prozent in den Ländern der Eurozone, und so ein Abschwung in die Deflation und die Rezession vermieden wird. Ferner werden

b) damit v. a. im südlichen Europa Konjunktur und Beschäftigung angeregt.

Mit solchen Maßnahmen leistet die EZB weit mehr als manche Regierung und die allermeisten Politiker in der Eurozone, um wirtschaftlichen Wohlstand und sozialen Zusammenhalt zu fördern.

„Kapitalismus tötet!“ — das ist die Botschaft des Blockupy-Netzwerks, maßgeblich getragen vom mächtigen DGB und von Verdi, ausgerechnet an die EZB!

Jungen AktivistInnen und OrganizerInnen möchte ich nichts vorwerfen. Nur darauf hinweisen: Selbst wenn sie den Kapitalismus in der EU abschafften, selbst wenn sie einen europäischen Sozialismus und seine Planwirtschaft einführten — eine Europäische Zentralbank wäre auch dann unverzichtbar. Denn zur Tauschwirtschaft der Steinzeit wollen sie sicher nicht zurück.

Jedoch den — für diesen Demo-Tag und seine Parole „Kapitalismus tötet!“ — Verantwortlichen von DGB und VERDI werfe ich maßlosen Opportunismus und auch Dummheit vor. Diese Groß-Verbände machen sich lächerlich! Leider können sie nicht für den angerichteten Schaden herangezogen werden.