Krisengespräche.

Zum Status des Spitzenpolitikers gehört auch bei Telefonaten das Mithören, Abhören, Durchstechen und auch die “vertrauliche“ Weitergabe der Gesprächsprotokolle durch Mitarbeiter an die Medien.

So hörte man im Freundeskreis der Bar jeder Vernunft von den folgenden Krisendialogen.

A.M.: Olaf, was nun? Unsere Parteien verlieren mehr als ein Drittel der Wähler in Thüringen. Mike Mohring sucht bei uns die Schuld. Ist das vielleicht gerecht bei unseren Leistungen?

O.Sch.: Deine CDU hat 35 % verloren, meine SPD nur 34 %. Und wir hätten gewonnen, wenn wir die Grundrente durch hätten, was Deine Leute verhindern!

A.M.: Olaf, was hast Du zu Dir genommen? In unserem Koalitionsvertrag haben wir wörtlich vereinbart: „Voraussetzung für den Bezug der Grundrente ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung!“

O.Sch.: Gerechtigkeit kennt keinen Koalitionsvertrag. Willst Du, dass mich Walter-Borjans absägt? Ich brauch` die Grundrente nicht für 150 Tausend Bedürftige, sondern für mindestens drei bis vier Millionen Fröhliche und das spätestens bis Weihnachten. Du weißt: Walter-Borjans, der EX-NRW-Schuldenverwalter, schafft nicht nur unsere Schwarze Null beim Haushaltsdefizit ab. Er soll auch bereits überall erzählen, er hätte noch zwei andere Nullen auf der Abschuss-Liste.

A.M.: Olaf, es muss Schluss sein mit dem ständigen Geldausgeben, denk` mal an die Steuerzahler!

O.Sch.: Sag` ich doch, Angela! Wir müssen die Wirtschaft rannehmen: Mindestlohn von 14 €, nicht das Geklecker von der Mindeslohn-Kommission mit ihren 9 €. Dann ziehen die Gewerkschaften nach, und die Löhne steigen auf breiter Front, das bringt Nachfrage für die Konjunktur, Angela. Und den Rest holen wir mit der Vermögensteuer.

A.M.: Olaf, hast Du die Grundgesetz-Garantie für Tarifautonomie vergessen? Halt Dich bitte aus der Lohnfindung raus! Peter Altmaier warnt mich schon vor den Unternehmen. Die sind mehr als sauer wegen der Steuern, Lohn- und Sozialkosten. Altmaier meint, die bereiten Entlassungen vor. Mit Robotern und 3D-Druckern statt schraubenden Facharbeitern, mit allen Mitteln der Digitalisierung, der KI, mit Betriebsverlagerungen und Investitionen ins Ausland wehren die sich.

O.Sch.: Angela hast Du die BILD-Zeitung gelesen? „Die Regierungschefin lebe längst in ihrer eigenen Welt. Vollkommen entkoppelt vom Alltag in Deutschland“, schreiben die. Da bin ich ganz bei Dir, Angela. Da will ich auch hin. Das halten wir beide zusammen bis 2021 durch, wenn Du die Kohle rausrückst, dass ich mir Walter-Borjans vom Hals schaffe. Und jetzt muss ich weg. Zu Journalisten in die Bar jeder Vernunft. Ich brauche jetzt gute Presse, auch in Deinem Interesse.

A.M. zu sich selbst nach Abgang von O.Sch.: Gott, ist der fertig. Jetzt brauch` ich mal Trost von Erfolgstypen. A.M. lässt sich mit Sebastian Kurz in Wien verbinden: Hallo Sebastian, hast Du Jungspund mal einen munteren Rat für eine müde Regierungschefin im Nachbarland?

S.K.: Servus, Angela. An Rat? Nau geh herst; da musst mei Obfrau, die Veronika, fragen. Die hat Sonderpädagogin gelernt. Weisst, ich bin grad unterwegs ins Central-Kaffeehaus. Hab` mich mit den wichtigsten Journalisten verabredet. Brauch` gute Presse, damit die Leut` nicht ungeduldig werden, weil die Regierung auf sich warten lässt. Aber Du hast Recht, mich anzurufen, wenn`s a Trost brauchst.

A.M.: Wusst ich`s doch, auf ÖVP-Freunde ist immer Verlass!

S.K.: Unbedingt, Angela: Deine Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst! Servus! Ba! Ba!