Liberale Solidarität!

Herr Schönenborn brachte es heute im Presseclub auf den Punkt. Vor einem Jahr unisono: Steinbrück muss Kandidat werden, heute unisono: Steinbrück muss weg. Ähnliches gilt für Herrn Rösler.

So ist er, der „gebildete“ Pöbel in Deutschland. Schon immer so gewesen. Du hast ihn entweder zu Füßen oder an der Gurgel, wusste bekanntlich Sir Winston Churchill. Diese Haltung fällt übrigens auch bei Biographen beider Politiker auf.

Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart. Sehen wir mal von Herrn Niebel und seiner ihm das Herz zerreißenden Sorge um die Zukunft der Liberalen ab. Hinge die Zukunft der Liberalen von den Wählerstimmen ab, die Herr Niebel oder Herr Baum oder gar Herr Gerhardt zusätzlich mobilisieren, dann könnte allerdings die FDP alle Hoffnungen begraben.

Aber Herr Genscher, Herr Brüderle – eine Phalanx anständiger liberaler Persönlichkeiten hat heute Solidarität mit dem bedrängten Herrn Rösler gezeigt. Menschliche Solidarität ist eben keine Frage der Höhe von geforderten Mindestlöhnen oder Sozialleistungen, für die Dritte den Preis zahlen.

Auch Peer Steinbrück ist in Bedrängnis geraten. Auch wegen der Unprofessionalität seiner SPD-Großorganisation, die ihn auf die Wähler loslässt ohne kompetentes Kommunikations- und Strategieteam.

Eine eindrucksvolle SPD-Heuchlerriege tadelt nun den sicher etwas schnellzüngigen Peer Steinbrück. Der Publizist Wolfram Weimer analysiert dazu heute im Presseclub: Jetzt könne Peer Steinbrück nicht mal mehr die von ihm mitgetragenen Agenda-Reformen vertreten, sondern sei so geschwächt, dass er sich nun „auf Genossenkurs“ bewegen müsse. Dahin sei die „Beinfreiheit“.

Nichts gegen Bundeskanzler Gerhard Schröders Agenda-Politik. Aber ausgerechnet Herr Schröder musste sich melden, um Peer Steinbrück zu sagen, wie gut er, Schröder, doch mit dem Gehalt als Bundeskanzler zurecht gekommen sei. Und dass man sich ja einen anderen Beruf als den des Politikers suchen könne. Ausgerechnet Schröder musste Steinbrück dermaßen in die Seite treten.

Aber, wie gesagt, wir reden von Solidarität, von SPD-Solidarität im eigenen Haus. Im SZ Magazin 49/2012 berichtet Oskar Lafontaine über Gerhard Schröder: „Einmal habe ich zu ihm gesagt: Was willst du eigentlich? Sag mir mal, was du eigentlich willst. Da saßen wir, so wie wir jetzt hier sitzen, zu zweit, und es ging um inhaltliche Dinge. Und seine Antwort war: ›Ich will die Macht und die Kohle.‹ Die Macht und die Kohle. So war der. Und das ist ja auch, was ich an ihm geschätzt habe. Er hat in dieser etwas merkwürdigen Brutalität immer gesagt, was er denkt und will.“

Diese Anekdote steht sicher nicht im Widerspruch zu dem beobachtbaren Weg Schröders nach der Kanzlerschaft. Aber sie passt auch zu Schröders langjährigem Umgang mit Parteifreunden, nicht zu reden von Rivalen oder vermeintlichen Rivalen, sie passt zu dem absurden Auftritt am Tor des Bonner Kanzleramtes („Ich will hier rein!“), zu seinem absurden Auftritt bei der Elefantenrunde 2005. Starke Worte, starke Auftritte – und wenn´s schwierig wurde „Basta“, Abgabe des Parteivorsitzes und voreiliger Ruf nach Neuwahlen.

Schon verwunderlich, dass er selbst seine größte öffentliche Entgleisung heute als „Kult“ darstellt, allerdings bei BILD (30.12.2012) und neben Frau Doris sitzend. Und noch immer zeigt er brutales Nachtreten gegen Nikolaus Brender und Hartmann von der Tann, die Moderatoren der Elefantenrunde von 2005: „Die beiden Kollegen von Ihnen sieht man übrigens gar nicht mehr im Fernsehen . . .“ Richtig feine Anspielung auf den langen Arm der Politiker in TV-Beiräten!

Wer mag, kann ja diesen und die übrigen Auftritte Schröders als „Alpha-Tier“- Attitüde bewundern. Damit verrät er nur die eigene subalterne Neigung. Nüchterne Politikbeobachter sehen das vielleicht eher als Ausdruck von Kompensationsdrang und stufen Gerhard Schröder bereits heute, gerade im Vergleich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, als einen besonders machtschwachen Kanzler ein.

Der SPD-Führung wünscht man die Souveränität, von dieser Art Schröders abzurücken, der das Missgeschick Peer Steinbrücks mit gewohnter Brutalität für die eigenen Zwecke und die von Frau Doris Schröder-Köpfs Landtagsambition nutzt. Die SPD-Führung möge sich sofort und ganz entschieden vor ihren Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück stellen!

Und vor allem möge sich die SPD-Führung ein Beispiel nehmen an der menschlichen und politischen Solidarität, die heute in Stuttgart von der Führung der Liberalen gegenüber Herrn Rösler bewiesen wurde.