Limburg und Hamburg.

Als Ludwig II von Bayern die Schlösser Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof (unvergessliche Eindrücke bei einer Besichtigung 1982) erbaute, bekamen die Buchhalterseelen kalte Füße.

Erst entmündigten sie ihn und dann brachten sie ihn um. Heute sind die „Skandalschlösser“ die rentabelsten Immobilien Bayerns und Quelle eines eindrucksvollen touristischen Geschäfts für den Freistaat.

Eine ähnliche Situation und Perspektive könnte sich in Limburg an der Lahn entwickeln. Bisher sind bestenfalls an Sakralbauten Interessierte auf den Gedanken gekommen, dorthin zu reisen. Hält man sich an die veröffentlichten Fotos des neuen Diözesanen Zentrums in Limburg, so ist dort ein hervorragendes Ensemble von Baukunst gelungen. Das wird Touristen anlocken. Vor allem, wenn die heutige Publizität anhält. Und Bischof Tebartz-van Elst bald zurückkehrt.

Nun läuft wieder – und wieder in der weniger ergiebigen Ferienzeit, bevor die Koalitionsverhandlungen richtig Stoff liefern – eine Medienwelle mit „Protzbau und Protzbischof“ und all den üblichen Zutaten. Plausibel ist die Kampagne schon: Da ist ein neuer Papst Franziskus, der Armut und Bescheidenheit predigt, und in der reichen deutschen katholischen Kirche wird „Prunk“ entfaltet. Und das am Ende unter fragwürdigen „kirchenrechtlichen“ Umständen.

Ehe man da auf dem falschen Fuß erwischt wird, surfen die gewandteren katholischen Amtsträger auf der Welle verständlichen Bürgerzorns und der Medien.

Da sehen wir Amtsbrüder des „Protzbischofs“, allen voran den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. Nach seinem Besuch bei Papst Franziskus, der ihn mit dicker Bugwelle auf der Woge der Empörung trug, schien er nicht so recht mit dem Ergebnis seiner Audienz zufrieden gewesen zu sein. Das war zumindest der Anschein, wenn man ihn bei seinen etwas wortreichen TV-Erklärungen zum Gespräch mit Papst Franziskus genauer ins Auge fasste.

Dann fehlte auch nicht ein ganz verschlagener Kunde, der die Medien ständig anfütterte und weiter versorgte, ein Professor aus Münster. Mit der Experten-Attitüde des Kirchenrechtlers tarnte sich ganz offensichtlich ein persönlicher Feind des „Protzbischofs“. Wohl auch wahr: Bei Herrn Tebartz-van Elst scheint das Talent, sich Feinde zu schaffen, nicht gerade unterentwickelt.

Und nicht zu vergessen die zornigen Bürgerinnen und Bürger aus Limburg. Die brauchte man nur kurz zu sehen, um zu erkennen, dass Bischof Tebartz-van Elst dort nicht ankommen konnte. Die guten Leute sind selbst sparsam und indigniert über kirchliche „Verschwendung“. Nicht wenige sahen allerdings aus wie Handwerker, die vielleicht beim „Protzbau“ nicht zum Zuge gekommen waren.

Allen diesen „Betroffenen“ ist nun gemeinsam und deutlich anzumerken, dass sie letztlich über den zurückhaltenden Umgang des Papstes Franziskus mit dem Vorgang Bischof Tebartz-van Elst nicht recht glücklich sind. Dies deutet auf ein etwas Limburg-zentrisches oder deutsch-katholisches Weltbild gegenüber dem Papst einer Weltkirche. Wenn man nicht von der geplatzten Blase der Wichtigtuerei reden möchte.

Die Empörung über „Protzbischof“ und „Protzbau“ hat fast ausschließlich die Bilder und Texte der Medien bestimmt. Wer wollte bestreiten, dass der Zorn berechtigt ist.

Dennoch sollte der verständliche Wunsch nach Einklang mit der respektablen Bürgermeinung nicht so weit gehen, dass eine Stellungnahme des betroffenen Architekten Michael Frielinghaus ganz und gar totgeschwiegen wird. Hier ist die Sicht des Architekten:

„Gegenüber dem Limburger Dom, einem der bedeutendsten Kirchenbauten Deutschlands, sei nun ein einmaliger Ort entstanden, der keineswegs eine Privatangelegenheit des Bischofs sei … Von Verschwendung könne nicht die Rede sein, vielmehr sei hier nachhaltig „investiert“ worden … Die Alternative wäre gewesen, gegenüber dem Dom zwei Baudenkmäler verkommen zu lassen und ein Brachgrundstück nicht zu nutzen … Wer den neuen Gebäudekomplex nun betrete, werde einen „Ort der Einkehr und der Besinnung“ erleben, der mit wenigen Materialien und einer „disziplinierten Formensprache“ auskomme …

Tebartz-van Elst habe sich inhaltlich an der Baugestaltung beteiligt, aber keineswegs mit Sonderwünschen den Architekten bedrängt. So sei dem Bischof etwa wichtig gewesen, dass der Felsen, auf dem der Bau gründe, und die Ruine des alten Wehrturms am Fuße des Gebäudes, für die Öffentlichkeit zugänglich und sichtbar seien. Die Privaträume des Bischofs, die nur einen geringen Teil des Komplexes ausmachten, seien keineswegs unangemessen. So habe das Schlafzimmer ins Untergeschoss verlegt werden müssen, da im Erdgeschoss kein Platz mehr gewesen sei … “ *1)

Bilder des Limburger Diözesanen Zentrums scheinen diese Stellungnahme des Architekten und den ersten Eindruck zu bestätigen, dass dort ein Stück regionaler Baugeschichte geschrieben wurde.

Bauliche Ästhetik und Fragen der Baukunst spielen jetzt aber gar keine Rolle mehr. Neben der Medienhetze setzt sich eine Untersuchungskommission mit kirchenrechtlichen Aspekten der Baumaßnahme auseinander. Und die „Öffentlichkeit“ wartet begierig auf das Urteil eines Hamburger Amtsgerichts zu einer angeblichen Falschaussage des einhellig vorverurteilten Bischofs Tebartz-van Elst.

Apropos Hamburg. Zur Baukunst verfolgt die Freie und Hansestadt Hamburg – wie auch ihre Bürger – einen anderen Ansatz. In Limburg soll – je nach Version der verantwortlichen Beiräte – der Kostenplan für das Diözesane Zentrum mindestens um das 6-fache überschritten worden sein.

Bei der Elbphilharmonie hört man aus den Medien vom 11-fachen. Auch in Hamburg gab es erheblichen Ärger, schließlich ist es eine Kaufmannsstadt. Aber Hamburg, seine Bürger und seine Besucher scheinen zunehmend gefangen – inzwischen nicht mehr vom Kostenplan, sondern von der Ausstrahlung dieses Bauwerks. Und dem Wunsch, dort die erste Oper zu erleben.

*1) Architekt Frielinghaus: Limburger Zentrum, ´kein Protzbau`, 20. Oktober 2013, kath.net/news/43341.