Mannheimer Erklärung der SPD – DGB-Chef Sommer als Partner?

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schlägt über die ´Mannheimer Erklärung` und den Dialog mit Betriebsräten eine politische Richtung ein, welche die Werte und Interessen der arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dies wird sich als der richtige Weg zum politischen Erfolg erweisen.

Mit der ´Mannheimer Erklärung` verband Sigmar Gabriel auch Worte der Aussöhnung an den mit Gerhard Schröder entzweiten DGB-Vorsitzenden Michael Sommer. Das ist zu begrüßen; denn konfliktfähige Gewerkschaften braucht das Land. Doch Vorsicht bei einer politischen „Morgengabe“ an Michael Sommer …

Gerhard Schröder rückte als Kanzlerkandidat schon vor 1998 diese politische Priorität für die arbeitenden Menschen ins Zentrum seines Programms für wirtschafts- und sozialpolitische Modernisierung (Vgl. Transatlantischer Dialog für soziale Demokratie (Website, Abschnitt 5.1., S. 88 ff., insbes. S. 91, 92)). Denn ihrer Arbeit seien die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Werte zu verdanken, die das Land voranbringen. Diese politische Priorität zugunsten der arbeitenden Mehrheit bedeute, deren Recht auf Sicherheit, Dialog, Teilhabe und Mitbestimmung zu garantieren.

Dann wurde Gerhard Schröder deutlich – vor der Bundestagswahl 1998: Diese politische Priorität müssen alle Menschen respektieren, die soziale Ansprüche gegenüber der Gesellschaft und dem Staat geltend machen. Als Bundeskanzler hat Gerhard Schröder dieses Programm umgesetzt. Seine Leistung wirkt noch heute in den starken Beschäftigungseffekten der anziehenden Konjunktur nach.

Dies hat mich zu folgendem Brief an meine Partei geführt:

Liebe SPD-Internet-Redaktion,

herzlichen Dank für die wichtige Information zur gelungenen Initiative von Sigmar Gabriel, eine enge Zusammenarbeit mit Betriebsräten einzuleiten, um die praktischen Erfahrungen in den Betrieben in politischer Arbeit zu berücksichtigen. Dieser Weg unseres Vorsitzenden wird die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer motivieren, sich mit dem Leitbild „Fortschritt“ der SPD und ihren praxisnahen Politikthemen auseinander zu setzen.

Allerdings glaube ich nicht, dass der DGB-Vorsitzende Michael Sommer ein glaubwürdiger Partner für politischen Fortschritt ist.

Ende April 2010 forderte er im Interview mit der Wirtschaftswoche (wiwo.de, 24.04.2010) erstens, die Abschaffung der Agenda 2010, mit der Bundeskanzler Gerhard Schröder die Zukunft unseres Sozialstaats sicherte, und, zweitens, die Abschaffung der „Schuldenbremse“, mit der auch die SPD beitrug, die finanziellen Lasten für kommende Generationen unter Kontrolle zu bringen.

Mich (1960 in die SPD eingetreten, 1973 in ÖTV) erfüllt mit Scham, dass offensichtlich junge Menschen – aus Angst vor dem langen Arm von Gewerkschaften anonym – sich zu folgender Antwort an Herrn Sommer veranlasst sahen :

„Zwei Leserbriefe an wiwo:

von M2 am 24.04.2010 08:20 Uhr

Die Schuldenbremse komplett zu streichen, kann ja nur von jemandem kommen, der alt genug ist, die Folgen nicht mehr tragen zu müssen. Es ist ja schön, dass die heutige 50+ Generation ihr ganzes Leben lang über ihre Verhältnisse gelebt hat und das jetzt auch noch für das Alter sichern will – aber lassen Sie sich gesagt sein, insbesondere die gut ausgebildete flexible Generation wird das nicht mehr lange mitmachen. Es reicht irgendwann. Wir sind dann mal weg…

von M am 24.04.2010 08:17 Uhr

Auch die ewig gestrigen Gewerkschaften werden irgendwann erwachen müssen und einsehen, dass z.B. selbst die Rente mit 67 noch zu teuer und dauerhaft nicht finanzierbar ist. Da wird auch kein Streik helfen, im Gegenteil, eigentlich sollten die Gewerkschaften den wirtschaftlichen Schaden, den Sie mit sowas anrichten komplett den Unternehmen – vor allem aber dem Staat und den Bürgern, die letztlich über höhere Staatsschulden dafür aufkommen, ersetzen müssen. Hartz IV war notwendig, die Rente mit 67 ist es auch, und weitere Kürzungen und Verlängerung der Lebensarbeitszeit werden es auch sein, es sei denn die Lebenserwartung geht deutlich zurück.“

Als SPD- und VERDI-Mitglied empfinde ich Solidarität mit diesen Stimmen des jungen Protestes! Die SPD als Partei des Fortschritts und der Aufklärung ist dem Grundsatz verpflichtet: Der Wahrheit ins Auge sehen!

Mit herzlichen Grüßen

Reinhold Sohns