Neue Maßstäbe und Vorgaben für politische Debatten.

Ein Spitzenpolitiker* hat sich geäußert. In der Presse und im TV wird er breit zitiert. Wer bestimmt, wer etwas zur zivilgesellschaftlichen Debatte beitragen darf, und wer bestimmt, was und wie debattiert werden darf?

Die Antwort lässt sich der Äußerung leicht entnehmen. In unserer heruntergekommenen Gesellschaft und Kultur …. Was? Mit dieser Diagnose nicht einverstanden? Bitte, lest in der zitierten Aussage nach, welcher Müll hier in Deutschland angeblich „hoffähig“ ist. Was sich das „Bürgertum“ inzwischen alles erlaube. Z.B. einem parteigerichtlich anerkannten Sozialdemokraten zu „applaudieren“.

Hatten wir nicht kürzlich von der Anmassung gewisser Parteien gehört, sich „bürgerlich“ zu nennen? Waren wir nicht überein gekommen, dass uns allen durch unser Grundgesetz Anspruch auf die „Bürger“ – Würde gegeben ist?

Was für ein faschistoides Gesocks soll sich denn hinter der zitierten soziologischen Kategorie des „Bürgertums“ verbergen? Das angeblich abgrenzt und ausgrenzt und, es sei wiederholt, obendrein einem parteigerichtlich bestätigten Sozialdemokraten applaudiert?

Zurück zum Spitzenpolitiker und seinen Vorgaben zur zivilgesellschaftlichen Debatte, zur politischen Bildung und Erziehung. Da hat er bekanntlich Erfahrung. Da ist er ja schon einmal mit einer großen Einrichtung für politische Bildung Schlitten gefahren.

Den Maßstab des Erlaubten sollten – wenn ich die Aussage richtig verstehe – künftig diejenigen setzen, die vorher geprüft haben, ob es „an den Rändern der Gesellschaft Verrückte (gibt,RS), die sich legitimiert fühlen (könnten, RS), härtere Maßnahmen anzuwenden.“

Also: ein neuer Beirat für die Regulierung zivilgesellschaftlicher Debatten – berufen und ernannt von Politikern – der erlaubt, was erörtert werden darf. Bei enger Interpretation besagten großen Satzes könnten „Verrückte an den Rändern der Gesellschaft“ selbst den Anspruch erheben, in den Beirat berufen zu werden. Damit man sie vorher fragt, was erlaubt ist, was gefällt. Damit sie nicht auf den Gedanken kommen, „härtere Maßnahmen“ anzuwenden.

Der Bürger zahlt solidarisch Steuern, damit Menschen nicht an „die Ränder der Gesellschaft“ geraten. Weil ihm der soziale Zusammenhalt in unserem Land wichtig ist. Weil er weiß, diese „Ränder“ sind keineswegs der soziologische Ort, wo „Verrückte“ beheimatet sind. Unsere Geschichte beweist, die gibt es überall, in allen Etagen. Das sollte der zitierte Spitzenpolitiker eigentlich wissen.

Resigniert bleibt dem sozialliberalen Bürger nur noch eins: Klappe zu! Für heute!

* Zur Erinnerung – Sigmar Gabriel, Interview dpa: „In einer Gesellschaft, in der Anti-Islamismus und die Abgrenzung von anderen wieder hoffähig wird, in der das Bürgertum Herrn Sarrazin applaudiert, da gibt es natürlich auch an den Rändern der Gesellschaft Verrückte, die sich letztlich legitimiert fühlen, härtere Maßnahmen anzuwenden.“