Parlamentarische Monarchie.

Den bewegenden Wechsel in der parlamentarischen Monarchie der Niederlande betrachtend, beeindruckt von der Persönlichkeit der scheidenden Königin Beatrix, kam der Moment – da entspann sich ein Tagtraum.

Hätte nach dem Ersten Weltkrieg eine erneuerte, auf überzeugende Persönlichkeiten gegründete parlamentarische Monarchie in Deutschland das folgende Unheil verhindern können? Den Menschen Halt, Orientierung, Bindung an europäische Werte auch in krisenhafter Zeit vermitteln können?

Hässliche Zeiten und der hässliche Deutsche mit allen Utensilien des Verbrechens und der Gewalt – von der Gesinnung, dem Gebrüll, dem Pöbel, über den „Ehren“-Dolch der SA bis zu der Totenkopf-Kokarde der SS, willfährigen Militärs, Millionen Tätern oder Mitläufern – hatten solche Illusionen für immer zunichte gemacht.

Heute sind die Deutschen Republikaner und Europäer, dem Wert guter Nachbarschaft verpflichtet. Verlasst Euch jedoch nicht zu sehr darauf.

Blickt auf unsere Qualitätspresse: Den SPIEGEL, dort hatte Gerhard Mauz 1983 den Maßstab „Das tut man nicht“ begründet. Die SÜDDEUTSCHE, heute greift sie ziemlich oft zu dieser Mahnung. Richtet diese Worte doch gelegentlich an den eigenen Laden! Anlässe finden sich.

SPIEGEL Online – 28. April 2013, „Scheidende Königin Beatrix – Stures Herz, steifer Hut.“ Von Gesa Mayr. DIE SÜDDEUTSCHE – 30. April 2013, „Eine Betonfrisur dankt ab.“ Von Violetta Simon. Was treibt diese beiden Damen zu solch abfälligen Überschriften? Ist dies Meinung oder bereits Unanständigkeit?

Wehret derartigen Anfängen, bevor unsere europäischen Nachbarn, die ihre parlamentarischen Monarchien aus guten Gründen wertschätzen, nach dem hässlichen Deutschen nun auch noch die hässliche Deutsche entdecken.

Buchen wir diese Entgleisungen ab. Halten wir uns an die Stillen im Lande. Die wir nicht auf dem profilsüchtigen Pressemarkt finden, wohl aber im exzellenten dradio.de. Nutzen wir die Analysen von Frau Annette Riedel (30. April 2013) und Frau Kerstin Schweighöfer (29. April 2013).

Sie erklären uns am Beispiel der Niederlande, was manche deutsche Intoleranz mit Häme kommentiert: „Ein zutiefst demokratisches Land schätzt, würdigt, feiert sein Königshaus – mit einer Begeisterung, die der in nichts nachsteht, die man von den Briten kennt.“ *1)

Diese Begeisterung hat ein festes staatspolitisches Fundament: „Der König ist im Idealfall niemandes König – oder eben der aller Bürger, kann deshalb gesellschaftlicher Kitt sein, kann dem Zusammengehörigkeitsgefühl dienen, steht für Kontinuität, baut Brücken über Wahlzyklen hinweg.“ *1) Die europäischen parlamentarischen Monarchien sind „in ihrer Macht beschnitten und auf rein zeremonielle und repräsentative Funktionen beschränkt worden. Sie haben allenfalls Einfluss, aber keine politische Macht“ *2)

In deutschen Kommentaren wurde gern bemerkt, dass das niederländische Königshaus den Steuerzahler rd. 40 Mio. Euro im Jahr koste. Gegenüber dem deutschen Bundespräsidialamt mit rd. 30 Mio. Euro.

Während unser Bundespräsident die wichtige Aufgabe wahrnimmt, z.B. bei Reisen unsere internationalen Partnerschaften zu pflegen, wird der niederländischen Königsfamilie folgender Ertrag zugeschrieben: „Für die niederländischen Unternehmer haben sich sowohl Beatrix als auch Kronprinz Willem Alexander und seine Maxima als Wirtschaftsfaktor, der nicht nur Geld kostet, sondern auch sehr viel Geld einbringt, unzählige Male bewiesen.“ *2)

König Willem-Alexander hatte seine kommende Aufgabe in einem Interview umrissen: Er wolle als König „für Kontinuität und Stabilität sorgen, aber auch ein bindender Faktor sein – einer, der Menschen zusammenbringt, anregt und ermutigt. Einfach, indem ich zur Stelle bin, wenn ich gebraucht werde, indem ich mein Land im Ausland repräsentiere. Ich möchte der niederländischen Gesellschaft dienen.“ *2)

Dieses Ziel entspricht seiner Rolle, wie niederländische Historiker, Frau Professor Reinildis van Ditshuyzen und Herr Professor Henk te Felde, bestätigen: „Ein König steht über den Parteien und über dem Volk, er ist ein bindendes Element. In polarisierenden Zeiten wie diesen ist jemand, der für alle da ist, nötig! Ein Präsident hingegen ist immer ein Parteimann … wird doch in erster Linie als Funktionär gesehen.“ *2) 

Aus der Sicht deutsch-niederländischer Nachbarschaft gebührt der heutigen Prinzessin Beatrix Dankbarkeit.

Als zwei-jähriges Kind musste sie mit ihrer Familie 1940 vor der deutschen Besatzungsmacht erst nach London, dann mit Mutter und Geschwistern nach Kanada fliehen. Gegen nicht selten erbitterte, wenn auch verständliche Proteste ihrer Landsleute heiratete sie 1966 den Deutschen Claus von Amsberg. Die niederländisch-deutschen Beziehungen förderte sie vorbildlich.

Glänzende Intellektuelle, erarbeitete sich die Königin höchstes Ansehen als Staatsoberhaupt: „Beatrix war immer extrem gut vorbereitet. Für das Montagsgespräch mit dem Ministerpräsidenten las sie meterdicke Dossiers durch – eine wahre Herkulesleistung! … Sie … wusste einfach, wie sie ihren Einfluss optimal geltend machen konnte.“ (Staatsrechtler Professor Wim Voermans) *2).

Schicksalsschläge trafen sie, ihre Warmherzigkeit wurde immer wieder sichtbar. Die tiefe Freundschaft, die Japans Kronprinzessin Masako mit Beatrix verbindet, ist eines von vielen Zeugnissen.

Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Beatrix der Niederlande hat als Mensch und Staatsoberhaupt weltweit überzeugt.

*1) Annette Riedel, Königliche Kontinuität, dradio.de, 30.04.2013.
*2) Kerstin Schweighöfer, Einfluss statt Macht, dradio.de, 29.04. 2013. Frau Schweighöfer stützt ihren Beitrag klug auf Einschätzungen bedeutender niederländischer Fachleute.