Pech für Köln?

So sehr die AfD als politische Partei missfallen mag … sie hat das Recht, am 22. April in Köln einen Bundesparteitag zu halten. Die Presse meldet: „Köln befindet sich ab sofort im Ausnahmezustand“. *1) Pech für Köln.

Die AfD führt ihren Bundesparteitag 2017 im zentral gelegenen Kölner Hotel Maritim am Heumarkt 20 durch. Auf dem benachbarten Platz Heumarkt, in Hör- und Sichtweite des Maritim-Hotels, werden Protestdemonstrationen verschiedener Veranstalter stattfinden. Am 22. April, „ab 12 Uhr sprechen unter anderem Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), Cem Özdemir (Grüne) und Pfarrer Franz Meurer.“ *1)

Dies ist ein politisch würdiges Zeichen der Ablehnung gegenüber der AfD. Verdienstvoll wäre, wenn mit dieser Veranstaltung erreicht würde, dass die Proteste gegen die AfD friedlich ablaufen. Da bleibt den Bürgern leider nur der Glaube …

Denn genau dies hatte das Polizeipräsidium Köln bezweifelt. Und deshalb dem linken, „Antifa-nahen“ Aktionsbündnis „Köln gegen Rechts“ die Demonstration auf dem Heumarkt untersagt und einen etwas entfernteren Demo-Ort zugewiesen. Die Begründung dafür: Der Streit zwischen „Köln gegen Rechts“ mit dem Bündnis gegen Rassismus „Köln stellt sich quer“ über die Nutzung des Heumarktes gegen den AfD-Parteitag führe wegen übergroßer Teilnehmerzahlen zu gefährlichen Störungen im Ablauf der Demonstrationen.

„Köln gegen Rechts“ klagte mit Eilantrag gegen diese Verbotsauflage vor dem Verwaltungsgericht Köln und bekam am 19. April 2017 Recht.

Da beide Organisationen das gleiche Ziel — gegen den AfD-Bundesparteitag zu demonstrieren — verfolgten, „sei nicht erkennbar, dass etwa eine zeitlich gestaffelte Nutzung des Heumarkts … zu nicht beherrschbaren Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führe.“ Das Verbot von Veranstaltungen auf dem Heumarkt wurde ausgesetzt, jedoch sei „von der Polizei für erforderlich gehaltenen Auflagen insbesondere zum zeitlichen Ablauf Folge zu leisten“, so das Verwaltungsgericht Köln. *2)

Pech für die Polizei. Das wäre bekanntlich nicht das erste Mal in Köln, in NRW!

Dem Kölner Polizeipräsidenten Jürgen Mathies wird gleich mehrfach die Verantwortung für die Ereignisse an diesem Wochenende zugeschoben.

Polizeipräsidenten Mathies muss die Öffentlichkeit informieren: *3)

  • „Es gibt kein Recht, die Ausübung von Grundrechten Anderer zu verhindern. Die Freiheit in einer Demokratie darf nicht die verfassungsmäßig garantierten Freiheiten Anderer verhindern. Dies zu gewährleisten ist Aufgabe der Polizei.“ Die Polizei müsse also den AfD-Bundesparteitag vor Übergriffen von Demonstranten schützen.
  • „Ich würde mir wünschen, an dieser Stelle ausschließlich über friedliche Proteste sprechen zu können. Es geht hier aber auch um Offenheit und Transparenz gegenüber der Bevölkerung und den vielen Polizistinnen und Polizisten, die von den Auswirkungen der Demonstrationen unmittelbar betroffen sein werden. Sie alle haben das Recht, über die Erkenntnisse, die wir als Polizei haben, informiert zu sein.“
  • Polizeipräsidenten Mathies erklärt ferner, warum an diesem Wochenende „mehr als 4.000 Polizistinnen und Polizisten alle friedlichen Versammlungen und den AfD-Parteitag schützen“ müssen: „Ganz offensichtlich weichen die vorgetragenen Bewertungen einiger Bündnisvertreter und der Polizei zum Punkt der Mobilisierung in der gewaltbereiten linksextremen Szene deutlich voneinander ab.“
  • Nach Lagebeurteilung der Polizei werden „mehrere tausend Linksextreme nach Köln kommen .. Darunter mehrere hundert Gewaltbereite“.
  • Aktuelle Aufrufe der linksextremen Szene zur Verhinderung des AfD-Parteitages zeigten der Polizei, womit zu rechnen ist: „Kommt alle nach Köln: Es wird unser Fest, und deren Hölle. Feuer statt Konfetti. Last Call: Feuer statt Konfetti. Willkommen in der Hölle von Köln“.

Wir haben die „Hölle von Köln“ schon einmal erlebt. Bei Ausschreitungen rechter Gruppen wie „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) im Oktober 2014: Fast 5000 Hooligans und Neonazis gingen auf die Polizei los, nahezu 50 Beamte wurden verletzt, Polizeiautos demoliert. Das Phoenix-TV (Beitrag von Moderator Michael Sahr) zeigte dazu extrem provozierende Symbole und Internetbanner wie z.B. „Nixe wolle Musel Dreckschwein“. Straßenschlachten prägten damals die „Hölle von Köln“. *4)

Da bleibt dem Bürger nur der Glaube, dass linker Protest gegen den AFD-Bundesparteitag zivilisiert abläuft. Dass krawall- und gewaltbereite Extremisten nicht die Gelegenheit zur Straßenschlacht wahrnehmen, sondern sich friedlich unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Cem Özdemir am Heumarkt versammeln. Oder der Glaube, dass die Präsenz von über 4000 Ordnungskräften die gewaltbereiten Extremisten zu friedlichem Auftritt anhalten wird.

Und wenn dieser Glaube trügt?

Pech für die Polizei? Pech für Köln?

*1) AfD-Parteitag und Gegendemos. Köln befindet sich ab sofort im Ausnahmezustand. Von Tim Stinauer, Hendrik Geisler. 21.04.17. Kölner Stadt-Anzeiger.

*2) Aktionsbündnis „Köln gegen Rechts“ darf auf den Heumarkt. 19. April 2017; http://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/08_170419/index.php.

*3) Pressekonferenz der Polizei Köln zur Einsatzlage vom 21. bis 23. April 2017 (Bundesparteitag der AfD / Versammlungslage). Rede von Polizeipräsident Jürgen Mathies; https://www.polizei.nrw.de/media/Dokumente/Behoerden/Koeln/20170420-rede-pp-pk.pdf.

*4) In meinem Blog-Beitrag „Hooligans und Deutschlandbild. AM 04. NOVEMBER 2014″ hatte ich gehofft, dass Köln von derartigen Vorfällen künftig verschont bleibe. Denn Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hielt seinerzeit bei erkennbarem Missbrauch ein Verbot derartiger Demonstrationen für wahrscheinlich: „Wenn von vornherein klar ist, dass hier die Gewaltanwendung im Mittelpunkt steht und eigentlich die Politik nur ein Vehikel ist, um eine Massenschlägerei anzuzetteln, das übrigens mit Alkohol verbunden, dann sehe ich gute Chancen, dass die Verwaltungsbehörde ein Verbot ausspricht und dass das auch vor Gericht hält“. Diskussion über Extremismus in Deutschland. (Quelle: Maaßen befürchtet mehr Krawalle. Stand: 28.10.2014 15:00 Uhr; http://www.tagesschau.de/inland/diskussion-extremismus-deutschland-101.html.)