Politischer Aschermittwoch – Nachlese.

Dieser politische Aschermittwoch war nicht gerade ein Feuerwerk politischer Polemik und politischen Humors, dazu muss man geboren sein. Und wohl auch den richtigen Geburtsort haben – in Bayern natürlich.

Das machte Horst Seehofer gleich klar. Als er Peer Steinbrück lobte, dass der nach Bayern komme – um zu lernen, nicht aber um zu lehren. Denn, da wurde Seehofer biografisch: Peer sei in Hamburg geboren, in Nordrhein-Westfalen gescheitert, in Berlin als Problem-Peer abgeschrieben. Denn Beinfreiheit habe er gefordert, damit er ungehindert durch möglichst viele Fettnäpfchen tanzen könne.

Edmund Stoiber hielt mit Abstand die substantiellste politische Predigt, das kann´s aber nicht zum Aschermittwoch sein. Nur einmal brachte er es zu hochtouriger Polemik: „Der Herr Ude war bis zum 65. nur Kommunalpolitiker, also bis zur gesetzlichen Altersgrenze. Nun hat er Angst vor dem Ruhestand. Das kann ich verstehen. Deshalb will er Ministerpräsident werden. Das ist aber eine andere Liga. Landes- und Europapolitik muss er nun in einem Alter lernen, wo ich als Ministerpräsident aufgehört habe.

Und dann stelle man sich vor: Ein Ministerpräsident für den Freistaat Bayern, dessen Chef Sigmar Gabriel in Berlin ist“ – Tumult, Schreie des Entsetzens in der CSU.

Die Grünen nun auch noch. Du lieber Gott! Die talentierte Kirchenfrau Katrin Göring-Eckardt: Wir wollen eine andere Gesellschaft, weil viele Menschen es anders haben wollen. „Wir wollen keine Gesellschaft, wo viele alte Leute Angst haben müssen, kein Geld für Kaffeeklatsch zu haben.“ Und dann kam der Höhepunkt, mit dem sie ihr Potential für politischen Witz für die kommenden 40 Tage liturgischer Fastenzeit ausgeschöpft hatte – Herr Bundesverkehrsminister „Ramsaurier“ …

Deshalb hatten die Grünen einen zweiten Aschermittwoch-Künstler aufgeboten. Den von uns allen als ehrliche Haut geschätzten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.

Von „Kretsche“ war denn auch gleich zu hören, dass er ein wenig daneben sei. Damit blieben auch die Lachsalven aus, als er beklagte(!!), dass man heutzutage, wo es soviel Wichtiges gäbe, alles skandalisieren müsse: die Dr.-Arbeit von Frau Schavan, die Gehaltsvorstellungen von Steinbrück oder was Herr Brüderle nach Dienst an der Bar jeder Vernunft so treibt …

Dann war bei Kretsche irgendwie die Luft raus. Nach 10 Minuten Predigt erläuterte er dann aber, dass Frau Schavan habe zurücktreten müssen. Schließlich brauchte er noch mal 10 Minuten, um zur Frage zurückzukehren, warum man denn alles skandalisieren müsse. Aus dem längst verlorenen Zusammenhang gerissen, hier sein letzter Satz, den man im TV hörte: „Wir wollen es nicht, wir können es nicht“.

Stimmung kehrte bei Sahra Wagenknecht zurück. Die randalierte über die „sozialen Sauereien“ gegen jene, denen „immer in den Hintern getreten“ werde. Man merkt doch gleich, welcher Umgang da abfärbt.

Dann von Sahra eine dunkle Drohung gegen Ministerin Kristina Schröder: Die gehöre mit ihrem Doktor-Titel zur Hoch-Risiko-Gruppe in der Politik. Sahra ist aber selbst 2012 zum Dr.rer.pol. promoviert worden. Ich bin sicher mit einer vollständig ernsthaften Forschungsarbeit. Und gleichzeitig ist Frau Dr. Sahra Wagenknecht so schlau, dass sie allen VroniPlag oder GuttenPlag Doktor-Detektiven die Nase zeigt. Sie hatte ihre Arbeit an der Uni Chemnitz in englischer Sprache eingereicht: „The Limits of Choice“. Das ist als setze man einen Spürhund auf eine mit Pfefferspray verwischte Fährte.

Und dann trieb die gertenschlanke Doktorin auch noch fishing for compliments: Sie habe sich eigentlich für die Aschermittwoch-Rede in ein DIRNDL ZWÄNGEN wollen. Zwar habe sie keine Angst vor einem Hotel namens „Wilder Mann“. Aber doch vor dem Frauenversteher Brüderle, der in der Gegend sein Unwesen treibe. Daher hatte sie hochgeschlossene ostdeutsche Modekunst angelegt – in schwarz-rot …

Auch dem Peer „Steinreich“ gab sie noch einen mit. Aber der war einer der Wenigen, bei denen es richtig lustig zuging, als endlich der etwas zäh redende OB Christian Ude zum Ende fand. Zu seriös, der Herr Ude, für solche Auftritte!

Der temperamentvolle Peer Steinbrück fackelte nicht lange, sondern knöpfte sich gleich den Großmeister Seehofer vor. Maritim-Anglophil, wie Peer in Hamburg erzogen wurde, machte er in etwas sperriger deutscher Übersetzung klar, was Seehofer ist. „Seehofer, die größte lose Kanone Deutschlands“!!! Ein echter Peer! Im Saal eine Reihe sorgenvoller Gesichter, was kommt jetzt?

Aber Peer war bereits in voller Fahrt. Ein Kavallerist ohne jede Furcht, dass die Kanone nach hinten losgeht. „Ich bin sicher, ihr wollt keinen öligen Politikprofi (Wen meint er? Nur bei seinem Freund Sigmar sieht das Haar ölig-gegeelt aus.), ihr wollt keinen Dampfplauderer, auch keinen, der Muttis Liebling (Steinmeier?) werden will.“

Und dann zählt er seine Tugenden auf. Das gelungene Bild von der loose cannon Seehofer muss natürlich durch das 30cm-Geschütz „der dicke Peer“ übertroffen werden: Manchmal schieße auch ich übers Ziel hinaus, verspricht er den pazifistischen GenossInnen zum Ersten. Ich kann mich auch mal vergaloppieren, verspricht er zum Zweiten. Denn die Kavallerie-Drohung habe ja was gebracht gegen den Steuerbetrug (leider keine Rückzahlung aus der Schweiz). Ich bin kein Leisetreter und kann mich auch mal im Bild vergreifen. Das war sein drittes und letztes Versprechen.

Denn dann enthüllte er sein goldenes Lieblingswort: „Eine gute Grundlage ist die beste Voraussetzung für eine solide Basis!“

Frenetischer Jubel, Bravorufe, allen Sozialdemokraten von Bayern bis Berlin hat er aus dem Herzen gesprochen. Denen fallen Peers „Wackersteine“ von der Seele. Das ist es, Peer! Peer, wir bitten dich, bleib dabei, du hast es erfasst! Das ist das Rezept! Damit wirst Du Kanzler!