Polnische Wurzeln.

Interessantes Thema in der SZ, aber merkwürdig angefasst. Von einem geschätzten Journalisten. Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung. Hat er jetzt schon im Blick auf morgen zu lange gesessen – in der Bar jeder Vernunft?

Der morgige Donnerstag mag für viele ein wichtiger Grund zum Feiern sein. Mancher lässt es vorher schon richtig krachen. Das geht nicht immer gut.

Herr Kornelius zeigt im heutigen Artikel in der SZ *1), wozu investigativer Journalismus fähig ist. „Vor Kasner war Kazmierczak: Einer neuen Biografie über die Kanzlerin zufolge stammt Merkels Großvater Ludwig Kazmierczak aus Posen.“ So informiert uns der Herr.

Dieser einfache Sachverhalt lässt Herrn Kornelius nicht los. Er wiederholt und präzisiert: „Der tatsächliche Geburtsname ihres Vaters, der im September 2011 starb, war bisher nicht bekannt. Auch die polnische Vergangenheit seiner Vorfahren lag bisher im Dunkeln.“

Im Dunkeln! Unsere Kanzlerin muss wohl, folgt man Herrn Kornelius, dunkle Gründe haben, dass sie „bisher nur in Andeutungen darüber gesprochen (hatte), dass ihre Familie ´zu einem Viertel polnisch` sei.“ *1)

Jedoch erlaubt die Recherche, auf die sich der SZ-Artikel von Stefan Kornelius bezieht, nunmehr keine weiteren Ausflüchte der Kanzlerin. Was „bisher nicht bekannt“ war, was „bisher im Dunkeln“ blieb, worüber Angela Merkel „bisher nur in Andeutungen gesprochen“ hatte, jetzt wurde es endlich aufgedeckt.

Dass nämlich „Merkels Vater 1926 als Horst Kazmierczak auf die Welt kam. Erst 1930 entschied sich die Familie Kazmierczak, ihren Namen eindeutschen zu lassen. Merkel wurde als Angela Kasner geboren.“ *1)

Was treibt den Herrn Kornelius zu solch etwas sehr wichtigtuerisch formulierter „Enthüllung“? Als ob die Bundeskanzlerin etwas zu verbergen hätte.

Was mag den Herrn umtreiben? Ist es vielleicht ein „dunkles“ Geheimnis hinter seinem eigenen romanisch antikisierten Namen Kornelius? Solche Veredelungs-Verfahren sollen früher beliebt gewesen sein. Nicht nur bei bildungsbürgerlich ehrgeizigen Familien, auch bei Geschäftsleuten, die auf „vornehme“ bürgerlich-deutsche Kundschaft zielten, z.B. Buchhändler, Pelzhändler und Juweliere. Sehen wir hier ab von der in Deutschland stets begründeten Angst vor Diskriminierung …

Aus z.B. Chomerowski konnte so Schomerius werden. Gern erinnere ich aus der Soldatenzeit einen lustigen Rekruten namens Gabrielowicz. Bei manchem mag dieser Name zu Gabriel mutiert sein. Wenn solches auf die Familie Kornelius zuträfe, warum haben die es dann aber nicht glatt gezogen und sich „Cornelius“ mit hohem C genannt? Dieser Erklärungsansatz mag also nicht recht befriedigen.

Was also sonst könnte Herrn Kornelius zu seinem sonderbaren Enthüllungsbeitrag in der heutigen SZ veranlasst haben? Gehen wir dem Hinweis von Herrn Kornelius in seinem Artikel nach. „Darüber berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf das Buch „Angela Merkel – die Kanzlerin und ihre Welt“ (Verlag Hoffmann und Campe), das am Donnerstag erscheint“, hat er uns mitgeteilt. *1)

Google sei Dank. Schnell kommt sein Motiv aus dem Dunkel ans Licht. Es ist ganz schlichte Eigenwerbung. Kornelius selbst ist der Autor des erwähnten Werkes über die Kanzlerin, das morgen erscheinen soll. Das hatte er – nehmen wir an aus Bescheidenheit – in seinem SZ-Artikel verschwiegen.

Ja, warum denn nicht gleich. Soll er doch die Trommel rühren. Jeder versteht die Freude, wenn ein Buch endlich fertig ist. Jeder versteht, dass er es schon vorher hat richtig krachen lassen – in der Bar jeder Vernunft.

*1) http://www.sueddeutsche.de/politik/familiegeschichte-der-kanzlerin-merkel-hat-polnische-wurzeln-1.1623363.