Primadonnen.

Wer der Seefahrt verbunden ist und einiges über transatlantische Fahrten oder gar über Kap Hoorniers gelesen hat, dem ist klar:

Könnte ein Schiff im Sturm auf hoher See gefahrlos verlassen werden, befände sich der Kapitän, sofern er „alter Schule“ ist, bald allein auf der Brücke.

An Land ist der Abgang im Sturm der Ereignisse leichter möglich, wie der Rücktritt von Professor Stark („Stark wie die Mark“, so soll er sich im Amt präsentiert haben) zeigt.

Die zu Recht angesehenen und hochbefähigten Mitglieder der EZB haben einen Knochenjob in diesen Zeiten. Ein Rücktritt vom Amt wirft sie aus guten Gründen nicht in Not.

Das zeigte schon Professor Axel Weber. Er verließ die Deutsche Bundesbank und die EZB – aus Gewissensgründen. Es ist zu lesen, dass sein hart erarbeitetes Renommee als „Soliditäts- und Stabilitätsfalke“ ihn zur Schweizer Großbank UBS führen wird, erst in den Verwaltungsrat, dann in den Vorsitz.

Die Vorteile dieser Selbstinszenierung Professor Webers für die UBS springen ins Auge: Das UBS-Ansehen hat gelitten. Im Vergleich mit anderen Privatbanken fuhr die UBS beispiellose Verluste durch Anlagen in amerikanischen Immobilien-„Schrott“-Papieren ein und musste Hilfe in Anspruch nehmen. UBS fiel auch regelmäßig in Medienberichten befremdlich auf: U.a. durch sonderbaren Führungsstil gegenüber Mitarbeitern, durch Konflikte mit USA-Behörden wegen Beihilfe zu Steuerbetrug oder Steuerhinterziehung, durch Meldungen über hohe finanzielle Engagements im Geschäftsfeld der Streubomben und durch neuere Erkenntnisse über eine Komplizenschaft mit Nazi-Deutschland beim Raub jüdischen Vermögens. Das ist natürlich vor allem die Schande Deutschlands, keine Missverständnisse!

Hier ist keine Bewertung möglich und nicht beabsichtigt; aber zur UBS lässt sich sicher sagen: Im Image-Vergleich zur Deutschen Bundesbank und zur EZB: Not too clean!

Also: Ein angesehener und sauberer „Soliditäts- und Stabilitätsfalke“ verlässt aus Gewissensgründen die Deutsche Bundesbank und die EZB, um künftig bei der USB zu wirken. Diese Absicht ist zweifellos verdienstvoll, weil dadurch punktuell die Bankenwelt verbessert werden könnte. Sofern dieser Abgang nicht zum Sittenverfall in der EZB führt. Das wollte Professor Weber mit seinem Rücktritt sicher nicht andeuten. Sollte sich Ähnliches im Fall von Herrn Professor Stark wiederholen?

Den „Abgang“ Starks – auch ein Abgang will gekonnt sein – beschreibt die NZZ treffend: „… wie schon bei Weber ein echter Paukenschlag …“ (NZZ Online, 9. September 2011). Etwas anders sieht es Marc Beise (sueddeutsche.de, 9. Sept. 2011): „Starks Rücktritt reiht sich an jenen des Bundesbank-Präsidenten Axel Weber, des Bundespräsidenten Horst Köhler und anderer Spitzenpolitiker – sie flüchten, wenn es schwierig wird.“ (Hervorhebung RS)

Wir Bürger und Sparer, denn das Vorsorgen erwarten unsere Politiker von uns, können in den stürmischen Zeiten das Schiff Deutschland nicht verlassen. Wir sind auf die Stabilitätsgarantie für Preisniveau und Finanzmärkte durch EZB und Bundesbank angewiesen.

Und wir müssen mit stillem Ingrimm ansehen, wie inkompetente Politiker sich über die Unabhängigkeit dieser Institutionen her machen und sie u.a. als „Bad Bank“ herabsetzen. Immer auf den Beifall der Galerie bedacht, immer zum Fenster hinaus geredet!

Dieses Gerede ist verantwortungslos, aber leider nicht belanglos. Zumal es auch in Teilen der Presse gepflegt wird! Mit Bedacht ist hier der Begriff „inkompetent“ gewählt. Vom Fachlichen mal ganz abgesehen, zeigen die Herren nicht die Einsicht in die „externen Effekte“ ihrer Ausflüge in das währungs- und geldpolitische Gebiet. Bei der üblichen Parteipropaganda sind die externen Effekte eher belanglos und eine Frage der politischen Kultur. Nicht dagegen auf dieser Fachebene; deshalb werden so hohe Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit von Notenbankern gestellt!

Politikerstimmen haben Gewicht in der Öffentlichkeit. Und mit diesem Gerede von der „Bad Bank“, vom Verlust der Unabhängigkeit und Stabilität wird Sorge bis Panik unter den Bürgern gesät. Wie Anlageberater berichten, kommt es bereits in nicht wenigen Fällen vor lauter Angst zu unsinnigen Vorkehrungen zum „Schutz“ der Ersparnisse. Zwei dieser Politiker seien hier benannt: Herr Carsten Schneider, MdB, und neuerdings Herr Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender (s. FAZ.NET, Holger Steltzner, 9. Sept. 2011). Dabei sei es belassen, um nur vor der eigenen Haustür zu kehren.

Das sind nun keine Belege für Regierungsfähigkeit. Erneut die Hoffnung: Herr Steinmeier und Herr Steinbrück, bitte, bringen Sie die Herren zur gebotenen Zurückhaltung. In diesen krisenhaften Zeiten müssen verantwortliche Politiker zu Vertrauensbildung beitragen, nicht Panik verstärken, was sie sonst so gern den Akteuren an den Finanzmärkten vorwerfen. Dazu gibt es Möglichkeiten in der Politik, wie Sie bereits hinreichend bewiesen haben.