Regierungsgrundsätze.

In den Medien verschärft sich das Urteil über die Qualität der Bundesregierung in der Flüchtlingkrise.

Politik und Regierungsstil: schlecht. Denn so z. B. Christoph Schwennicke, Cicero: „Merkel schlägt politische Kapriolen, die Folgen tragen … im Falle der Flüchtlinge die Kommunen. Das ist das Gegenteil von Regierungskunst. Das ist schlechte Politik. Und schlechter Stil obendrein.“ *1)

Die Form, in der die Kehrtwende auf dem „Flüchtlingsgipfel“ der GroKo-Parteivorsitzenden Merkel, Gabriel, Seehofer durchgeführt und den Bürgern mitgeteilt wurde: „etwas erbärmlich“, eine „verdruckst kommunizierte Kehrtwende“ *1)

Eine Bundesregierung, die in solch „erbärmlicher“ Form die Bürger über „die größte Herausforderung seit 1990“ *2) informiert, verspielt das Vertrauen.

„Wir brauchen noch in diesem Jahr ein weiteres Maßnahmenpaket von Bund und Ländern. Dabei muss es dann vor allem darum gehen, Abschiebungen von Personen ohne Bleiberecht konsequent umzusetzen, sowie den zu erwartenden Familiennachzug wirksam zu steuern“ *2), fordert der Sozialdemokrat Roland Schäfer, DStGB-Präsident und Bürgermeister der Stadt Bergkamen.

Die Große Koalition (GroKo) hat noch nicht die Hälfte der planmäßigen Regierungszeit hinter sich. Da schaffen die zerstrittenen Partner und Parteien auf dem „Flüchtlingsgipfel“ mühsam einen gekleisterten Kompromiss, der aus Sicht des DSTGB-Präsidenten Schäfer nicht einmal für dieses Jahr tragfähig ist.

Genau da setzte Bundesinnenminister Thomas de Maizière an, indem er die Öffentlichkeit über die aus seiner Sicht (und der des DSTGB) notwendigen weiteren Maßnahmen informierte. Und das betraf natürlich auch das Problem des Familiennachzugs, ein Anspruch, der die Zahl von Migranten mit Aufenthaltsrecht (bis 2017 etwa 3 Millionen) mindestens verdreifachen könnte.

Hier mussten Bundesinnenminister de Maizière und Bundesfinanzminister Schäuble Stellung beziehen, sonst hätten sie ihre Verantwortung als Bundesminister nicht wahrgenommen, für die sie vor dem Bundestag ihren Amtseid leisteten. *3)

Das führte zu teils maßloser Hetze aus linken Kreisen von SPD (SPD-Vize Stegner und Noch-Generalsekretärin Fahimi etc.), seitens der GRÜNEN und der LINKEN, die sich zwar allesamt heuchlerisch in die Fahne der „Humanität“ hüllen. Aber den Städten und Gemeinden eine vernünftige Antwort auf die überbordenden Probleme des Zustroms von Flüchtlingen schuldig bleiben.

Von der GroKo wäre ja zu erwarten, dass sie wie der DSTGB die Bürger über einen mittelfristig wirksamen „Maßnahmenkatalog zur Flüchtlingspolitik“ informiert. Solches kann oder will die GroKo wohl nicht mehr offen thematisieren und leisten. Vielleicht wollen Kanzlerin und Vizekanzler ihren Sinneswandel mit Rücksicht auf die SPD-Linke oder auch auf christlich-kirchlich-gewerkschaftliche Kreise nur scheibchenweise, „stiekum“ umsetzen, dem unvermeidlichen Verlauf der Krise folgend.

Dies ist die plausible Überlegung, die Christoph Schwennicke formuliert hat: Bundesinnenminister de Maizière habe „das ausgeplaudert, was klammheimlich vollzogen werden sollte. Denn nur so kann sich das Ganze einigermaßen erklären. Merkel wollte die Schotten still und leise dicht machen. Einfach im Vollzug. Und de Maizière hat diese Vorgehensweise mit seiner Geradlinigkeit durchkreuzt. Die SPD veranstaltet im Nachgang pflichtschuldig Theaterdonner.“ *1)

Damit haben Merkel und Gabriel den Bürgern einen GroKo-Intrigenstadel präsentiert, der die hehren Grundsätze des Koalitionsvertrages 2013, siehe: 5.2 Moderner Staat, lebendige Demokratie und Bürgerbeteiligung, der Lächerlichkeit preisgibt: Wirksam und vorausschauend regieren (alle Warnungen seit Anfang 2015 vor der drohenden Massenflucht nach Deutschland wurden ignoriert!). Bürgerbeteiligung. Transparenter Staat.

Bürger danken den unabhängigen Köpfen der Regierung, Bundesmininister Schäuble und de Maizière, dass sie die intransparenten Manöver von Kanzlerin und Vizekanzler, die parteiinternen Interessen folgen, nicht akzeptieren wollten. Dass sie die Probleme vielmehr benannt haben im Sinne ihrer Verpflichtung für die innenpolitische und finanzpolitische Stabilität Deutschlands.

Und Bürger danken einem herausragenden Parlamentarier und Innenpolitiker, dem Christdemokraten Wolfgang Bosbach, MdB. Herr Bosbach forderte angesichts des schäbigen Schauspiels der GroKo-Spitze, die Verantwortung für innenpolitische Entscheidungen zu verwischen trachtete, zum „Ressortprinzip“ zurückzukehren. *4)

Die Aufgabe der „Koordinierung“ der Flüchtlingspolitik durch Peter Altmaier, MdB, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, habe nicht den Rang der Leitung des Innenministeriums und der Verantwortung für das Ressort: Die Innenpolitiker der Union „stünden geschlossen hinter der Politik des Innenministers,“ so Bosbach.

Im Rahmen der grundsätzlichen und richtungweisenden Entscheidungen über die politische Führung der Bundesregierung (Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers) „leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.“ (Artikel 65 Grundgesetz) *5).

Dies wird als das „Ressortprinzip“ der deutschen Bundesregierung bezeichnet. Danach darf Innenminister de Maizière seine Innenpolitik allerdings nicht im Widerspruch zu den von Bundeskanzlerin Merkel festgelegten Richtlinien führen. Das war im vorliegenden Streit sicher nicht der Fall. Schon weil unklar ist, ob als Richtlinie der Kanzlerin noch das „humanitäre Willkommen“ gilt oder ob dies durch die Vereinbarungen des „Flüchtlingsgipfels“ der drei GroKo-Chefs Merkel, Gabriel, Seehofer endgültig aufgehoben ist.

So war nicht verwunderlich, dass dieser „Flüchtlingsgipfel“ eine Reihe von Meinungsverschiedenheiten in der Bundesregierung hervorrief.

Solche Meinungsverschiedenheiten sollten zielführend in der Bundesregierung durch das aus Bundeskanzlerin und den Bundesministern bestehende „Kollegium“ bereinigt werden. Hier kommt der Bundeskanzlerin nicht die Führung, sondern nur die Rolle der „prima inter pares“ (Erste unter Gleichen) zu.

Das ist das „Kollegialprinzip“ der Bundesregierung, dem Innenminister de Maizière zwar umgehend folgte, indem er seine Überlegungen zum Familiennachzug für syrische Flüchtlinge zurückstellte. *5) Aber nicht nur die profilsüchtige SPD-Linke, obschon Koalitionspartner, hat sich unter Führung des Stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Stegner für ein Polit-Theater auf dem offenen Markt mit der Opposition hergegeben.

Das taucht die Regierungsfähigkeit der GroKo in ein trübes Licht. Und Sozialdemokraten, die im Mitgliederentscheid der GroKo zugestimmt haben, zweifeln erneut an ihrer Partei. Um die Union mögen sich deren Parteimitglieder Sorgen machen; jeder kehre vor seiner Haustür.

Mit 25 % Wählerstimmen demonstriert die SPD ein aufgeblasenes Getöse in der Bundesregierung, als stelle sie den Kanzler. Weder das grundgesetzlich verankerte „Ressortprinzip“, noch das „Kollegialprinzip“ der Bundesregierung wird respektiert. Ganz zu schweigen von der Selbstverpflichtung der GroKo-Parteien im Koalitionsvertrag 2013 (Abschnitt 8), sich abzustimmen und „Konsens“ in Sachfragen herzustellen.

Die GroKo — prinzipienlos, machtversessen, auf das eigene Scheitern hin arbeitend?

*1) SCHWARZER FREITAG DER REGIERUNG. Die Chaos-Kanzlerin. Von Christoph Schwennicke. 6. November 2015; http://www.cicero.de//berliner-republik/schwarze-freitag-der-regierung-merkel/60079.

*2) Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutschlands Aufnahmefähigkeit ist begrenzt, 09.11.2015; http://www.dstgb.de/. Der DSTGB bietet hier zur Information der Bürger einen höchst informativen „Maßnahmenkatalog zur Flüchtlingspolitik“.

*3) Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesminister leisten nach Artikel 56 unseres Grundgesetzes bei ihrem Amtsantritt den folgenden Eid: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

*4) Bosbach ruft zu Rückkehr zum Ressortprinzip auf. DTS-Meldung vom 08.11.2015.

*5) Artikel 65 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Vergleiche dazu: Model/Creifelds/Lichtenberger, Staatsbürger-Taschenbuch, 26. Auflage, München 1992, Abschnitt 62. Die Bundesregierung (Bundeskanzler und Bundesminister). IV. Die Leitung der Bundesregierung. Und V. Kollegialzuständigkeit der Bundesregierung.