Schräge Information durch Medien …

für den Bürger in Krisenzeiten.

Anders lässt sich schwerlich bezeichnen, was dem – wegen Fußball – derzeit verstärkt TV nutzenden Bürger verabreicht wird. Nur wenige Beispiele mögen diese Wahrnehmung belegen.

Beispiel 1: Vorschläge des IWF.

Frau Lagarde vom Internationalen Währungsfonds ist zu sehen (N24 z.B.; ähnlich Phönix und der Rest der Öffentlich-Rechtlichen). Ihre aus dem Kontext gerissene Äußerung wird dargestellt, als fordere sie eine „Bankenunion“ mit dem Ziel, dass die Banken direkt am Staat vorbei in die vom Steuerzahler der Eurozone bzw. EU garantierten Rettungsfonds greifen sollten.

Den aufgeschreckten Bürger treibt solche Berichterstattung natürlich zu der Frage, ob so die europäische Solidarität zu verstehen ist. Dass Banken ein bequemes Polster finden, wenn unverantwortliche Risikogeschäfte sie mit Ruin bedrohen.

In Wahrheit fordert der IWF zunächst Budgetkonsolidierung, -disziplin und marktorientierte Reformen, um privatwirtschaftliche Wachstumskräfte zu stärken.*) Und wenn das Wort „Bankenunion“ fällt, heißt dies, die Integration der europäischen Finanzmärkte zu vollenden, insbesondere für die Eurozone.

Und das bedeutet, dass die Verquickung von Staaten und Geschäftsbanken zu beenden, dass vor allem als erster Schritt ein gemeinsamer gesetzlicher Ordnungsrahmen für Geschäftsbanken zu schaffen ist. Unterstützt durch eine gemeinsame Aufsicht und Risikokontrolle, damit weiterer Zerfall des europäischen Finanzsektors vermieden wird.

Das ist der Kern der Botschaft. Und klar ist: Eine Bankenaufsicht mit IWF-Beratung würde unnachsichtig das Geschäftsmodell prüfen und Institute schließen, die als unfähig zu ökonomisch tragfähiger Leistung beurteilt werden.

Diejenigen, die am Griff in die Kasse solide wirtschaftender Staaten interessiert sind, pflegen selektiv einige „Solidarvorschläge“ des IWF herauszupicken. Wie z.B. die in Aussicht genommene gemeinsame Sicherung der Einlagen. Solche Reformvorschläge Frau Lagardes dienen aber vor allem dem Zweck, Sparer, i.d.R. also Inhaber von Bankguthaben, vor Panik zu schützen.

Vor der Sorge zu schützen, dass Staaten mit ruinösen Budgets und politischem Einfluss auf die Geschäftsbanken des Landes ihr Geldvermögen vernichten. Vor der verständlichen Angstreaktion zu bewahren, dass es besser sei, ihr Geld unter der Matratze zu sichern. Also den katastrophalen „bank-run“ zu vermeiden.

Beispiel 2: Finanztransaktionssteuer

Es gelingt kaum, einen international renommierten Ökonomen auf dem Gebiet der Banken- und Finanzwirtschaft zu finden, der die Idee der Finanztransaktionssteuer unterstützt. Somit hätte sich die deutsche Sozialdemokratie durchaus mit dem Ruhm begnügen können, mit Herrn Peer Steinbrück, MdB, den Erfinder der Schuldenbremse in ihren Reihen zu wissen.

Aber Kompromisse haben ihren Preis und die Bundesregierung bemüht sich seit Monaten mit noch nicht absehbarem Erfolg, diese Steuer dem wackligen Finanzsektor aufzuerlegen. Es ist ja wahrscheinlich, dass diese Last auf Sparer und Realwirtschaft abgewälzt werden wird.

Nun heißt es heute, dass Bundesfinanzminister Schäuble zu einer „Koalition der Willigen“ aufrufe. Ich muss mich sehr über diese in den Medien – von N24-TV bis Hamburger Abendblatt – verbreitete Wortwahl wundern.

Wozu sich Bundesfinanzminister Schäuble äußert, ist die Suche nach Wegen, im Rahmen des EU-Verfahrens der „verstärkten Zusammenarbeit“ eine rechtlich einfacher praktikable Methode zu finden, diese Steuer in möglichst vielen europäischen Ländern einzuführen. Damit Zentren internationaler Wirtschafts- und Finanzverflechtung, wie z.B. Frankfurt a. M. oder Hamburg, nicht übermäßig benachteiligt werden.

Dies als Suche nach einer „Koalition der Willigen“ zu bezeichnen, grenzt schon an Bösartigkeit. Vor allem wenn der Schaden für Deutschland berücksichtigt wird, den diese Anspielung auf den Präsidenten George W. Bush in den Euro-Ländern des südlichen Europa auslösen kann: Alles tanze nach der Pfeife des überheblich-mächtigen Deutschland o.ä.m.!

Damit kurz zu den dortigen Befindlichkeiten mit dem …

Beispiel 3: Arbeitslosigkeit in Spanien.

Wie oft hören wir von den jugendlichen Arbeitslosen in Frankreich und im südlichen Europa. Besonders Spanien wird immer wieder genannt. Vor allem seit dort eine konservative Regierung mit absoluter Parlamentsmehrheit, errungen im November 2011, im Amt ist.

Bevor ich aus Sorge, gleichgültig gegenüber Arbeitslosigkeit in Spanien zu erscheinen, meine Ausführungen „weichspüle“ oder besser gleich beende, hier die Versicherung: Jeder jugendliche Arbeitslose, der arbeiten will, ist einer zu viel.

Aber ist denn unwahr, dass die Spanier seit mindestens einem Vierteljahrhundert „tranquilamente“ mit einer Arbeitslosenquote von etwa 25 % leben? Eine Reihe von spezifischen politischen und kulturellen Faktoren hielt den Ärger in engen Grenzen.

Der familiäre Zusammenhalt, der gute „tio“ oder „padrino“, der manches regelt, nicht zu vergessen die Schwarzarbeit, bis hin zum „Salario Mínimo Nacional“; „decoroso“ sollte seine Höhe sein. Im Wahlkampf November 2011 war noch versprochen worden, dessen „decoro“ oder „dignidad“ zu heben – auf 800 Euro/Monat. Daraus wird nun nichts.

Solange die von dem großen Staatsmann Felipe González Márquez geführte sozialdemokratische PSOE das Land regierte**) hielten sich auch kommunistische Gewerkschaften halbwegs zurück und gesellschaftlicher Protest gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Grenzen.

Aber, wie gesagt, der Ärger ist jetzt groß, weil sich der mit absoluter Mehrheit regierende Ministerpräsident Mariano Rajoy Brey wohl anschickt, den traditionell verkrusteten spanischen Arbeitsmarkt zu reformieren. Auch der Arbeitsmarkt ist Teil der verfilzten Staat-Wirtschaft-Beziehungen, zählebiges Erbe der Franco-Diktatur.

Lassen wir es bei diesen drei Beispielen bewenden. Zum Schluss eine Frage an die respektierten Medien: Könnten Sorgfalt, Ausgewogenheit des Für und Wider oder zumindest stärkere Meinungsvielfalt durch ausgewiesene Spezialisten bei den Berichten zur Euro-Vertrauens-Krise gestärkt werden? Die um ihre Zukunft und ihr Erspartes besorgten Bürgerinnen und Bürger hätten es verdient.

*) IMF, 2012 Article IV Consultation with the Euro Area; Concluding Statement of the IMF Mission 21 June 2012; Completing the Union to overcome the Crisis.

**) 1982 – 1996 und dann von 2004 – 2011 unter Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero.