Schuldenkrise bei Frau Illner.

Heute nachmittag bei Phönix: Diese Spitzen-Unterhalterin schafft es, ein Riesenpublikum, teils im Saal anwesend, größtenteils wohl vor der Glotze, zu diesem Thema durch Klamauk zu fesseln.

Ein um etwas mehr Durchblick redlich bemühter Bürger schleppt sich weg, um seinem Ärger Luft zu machen. Hier soll gar nicht erst die vergebliche Mühe unternommen werden, den Sachgehalt der Sendung aufzubereiten. Hier geht es um die „Methode Illner“.

Das Rezept solchen Publikumserfolgs, nach dem Frau Illner kocht – sicher aus langjähriger Erfahrung mit Quoten – könnte so aussehen:

Man nehme erstens einen der wenigen fachkundigen Politiker, Herrn Volker Wissing, der auch so aussieht. Von der FDP natürlich, damit er sofort beim Publikum durch ist. Und weil er ein leichtes, unbewegliches Ziel für die besonders TV-tauglichen Rabulisten abgibt.

Das Gleiche gilt, zweitens, für die Auswahlkriterien des Vertreters der Banken (Herr Dr. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer Bundesverband deutscher Banken) und des als Zaungast konsultierten Repräsentanten der Rating-Agentur Standard & Poor`s (Herr Torsten Hinrichs).

Auf diese deutlich erkennbaren Feindbilder des Publikums (Stichwort: systemverfilzte Klientel-Vertreter) werden, drittens, sicher sachkundige, aber in erster Linie smarte TV-Profis losgelassen, die sich in merkwürdiger Komplizenschaft ans Werk des „Fertigmachens“ begeben.

Herr Ulrich Wickert öffnet den Mund weit: „Ethik und Gewinn“, „gierige Menschen, die anhäufen, anhäufen, spekulieren“. Und das Schlimmste: „Derivate“. Ein pädagogischer Großmeister: „Mohn – Ja! Denn ich mag Mohnkuchen“, dagegen „Heroin – Nein!“ So sei auch bei Finanzprodukten zu verfahren: „Kasinokapitalismus und Spekulation verbieten!“ (Donnernder Applaus natürlich!)

Der Finanzexperte „Mister DAX“, Herr Dirk Müller, kennt die Publikumsmehrheit und Frau Illners Spielregeln. Er redet gleich wie jene populistischen Politiker, die sich durch traumwandlerisch sichere Schlagfertigkeit und Eloquenz auszeichnen. Gleichwohl sind die Politiker für ihn „die Jungs, die beim Mittagessen“ den Einflüsterungen der Finanzhaie erliegen.

Frau Sahra Wagenknecht, als hochintelligente und eindrucksvolle Erscheinung im TV unentbehrlich, sei die sozialistisch aufgeladene und dennoch gekonnt faktengespickte Suada nachgesehen. Dass sie die Deutsche Bank attackiert, macht sie gleich zum Publikumsliebling. Als sie deren 32 Mrd. € „Kernkapital“ anklagend und schief zugleich der „Bilanzsumme“ von über 2000 Mrd. € gegenüber stellt, ist sie in allen Herzen der Zuschauer doktoriert und habilitiert. Nun hat gerade die Deutsche Bank bekanntlich in der Krise Staatshilfe abgelehnt. Das hätte sie gar als Grund für „Scham“ (Herr Ackermann) empfunden. Deshalb gehört sie eben nicht – wie eine Reihe öffentlich-rechtlicher Landesbanken – zu den Finanzinstituten, die auf das Geld des Steuerzahlers aus sind. Und denen die „schwachsinnige Rettung“ (Wagenknecht) durch den EFSF-Schirm Geldmittel verschaffen könnte. Aber das ficht die selbsternannte Anwältin der Steuerzahler, Frau Wagenknecht, nicht weiter an.

Schließlich Herr Wolfram Siener, der Runde vorgestellt als künftiger Schrecken des Finanzplatzes Frankfurt. Er ist Chef der „Occupy Wall Street-Bewegung“ in Deutschland. Offensichtlich flogen auch ihm die Herzen der Zuschauer entgegen. Dies zu erklären ist nicht einfach; denn so richtig habe ich den Sinn seiner freundlich vorgetragenen Rede nicht verstanden. Jedenfalls beherrschte er das Gestikulieren eindrucksvoll. Hier muss ich zu Charles Dickens greifen, nur als Formulierungshilfe, deshalb ohne Zitat-Quelle, um Missverständnisse zu vermeiden: „ein äußerst interessanter Jüngling und höchst talentvoll“. Mir schien, er suchte Konsens im Sinne Wickerts und appellierte an die Menschheit.

Ich bitte um Milde und Nachsicht. Denn ich bin gegen das phrasenhaft von Herrn Wickert geforderte „Verbot des Kasinokapitalismus, der Derivate und der Spekulation“. Reine Phrasendrescherei ist dies, weil keiner weiß, erst recht kein Jurist, was ein derartiges Verbot überhaupt beinhalten sollte.

Jedoch bin ich für das Verbot, Herrn Wickert oder einschlägig bekannte Finanz-Populisten über die derzeitigen Probleme der Schuldenstaaten und der Finanzmärkte im öffentlich-rechtlichen TV debattieren zu lassen. Weil ihre Fenster-Reden beitragen, verängstigte Bürger z.B. in unsinnige Goldanlagen zu treiben.

Statt dessen sollte die TV-Erörterung dieser Fragen den durch Amt und Funktion Verantwortlichen oder den wissenschaftlich und durch Berufserfahrung besonders qualifizierten Fachleuten vorbehalten bleiben. Aber das ist eine ganz und gar sinn- und belanglose Meinung. Denn das brächte allzu dürftige Einschaltquoten. Frau Illner weiß schon, wie man`s macht.