Sicherheit.

Jeder Zeitungsleser kann sich vorstellen, wie hart die Absage des Länderspiels in Hannover für den Bundesminister des Innern, Thomas de Maizière, gewesen sein muss. Und schwer wird de Maizière daran tragen, über die Gründe zu schweigen, die ihn zu dieser Entscheidung veranlassten.

Schon kommt Kritik in Medien auf: „Herr Innenminister, wir verkraften die Wahrheit!“ *1)

Bürger, die eine hohe Meinung von der Amtsführung des Innenministers haben, wurden durch seine heutige Rede vor der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes bestätigt. Auch dort schwieg er über die Quelle und den Inhalt der Warnung. Sicher aus wichtigen Gründen.

Über die sicherheitspolitische Urteilsfähigkeit des Wiwo-Autors Etzold mag ich nichts sagen. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum vertrat heute im Phoenix-TV die gleiche Sicht wie Etzold. Er kritisierte de Maizière, weil der über den Inhalt der übermittelten Warnung schweige, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Diese öffentliche Kritik an de Maizière durch Baum, den FDP-Innenminister unter Bundeskanzler Helmut Schmidt ab 1978, muss schon befremden.

Erstens, sind eine Reihe von Gründen leicht vorstellbar, die für das Schweigen zum Inhalt der Warnung sprechen. Denn viele Zuschauer aus den Niederlanden und aus Deutschland hatten eine längere Abreise vom Stadion in Hannover nach Hause vor sich.

Zweitens, sollte Herr Baum auch berücksichtigen, dass die von ihm reklamierte „Wahrheit“ über die Warnung, die den Bundesbehörden zuging, den Drahtziehern des Terrors durchaus Aufschluss über die Quelle geben könnte. Die Quelle der Warnung ist jedoch unbedingt zu schützen.

Für solche sicherheitspolitische Einsicht reicht minimale Vorstellungskraft über die Welt von Terroristen und Gangstern. Einschlägige Analysen und Literatur können zum Verständnis für die Haltung des verantwortlichen Innenministers beitragen. 

Versuchen wir ein Stückchen Amateur-Fiktion, um dies begreiflich zu machen. Selbst den Geheimdiensten und Sicherheitskräften vielleicht fernstehenden Menschen, wie etwa den Herren Etzold und Baum.

Sheik Mahmut Zap’Pa Yerbouti wandte sich an seinen Bruder Ali: „So gehe nun und führe zu mir Ahmad Shavan. Bald kann ich diesen verräterischen Hund entlarven, der im Sold unserer Feinde steht, dal-ħamdu li-llaːh.“ „As-salamu aleikum, Sheik Mahmut“, grüßt Ahmad, sich tief verneigend. „Wa aleikum as-salam, lieber Ahmad“, erwidert der Sheik. Unter vier Augen, bei Tee und Gebäck, wird der Auftrag an Ahmad besprochen. „Du bringst am 15. November gute Nahrung und Getränke für drei Freunde und für drei Tage in Deine Wohnung in Hannover Isernhagen. Den Schlüssel gibst Du unserem Freund Yusuf. Die drei werden beim Länderspiel den Wunsch unseres Kalifen nach Gerechtigkeit erfüllen, mehr will ich Dir nicht sagen. Die Freunde brauchen drei Tage Ruhe und Schutz. Fahre Du mit Deiner lieben Gattin Aisha in dieser Zeit zu ihrer werten Frau Mutter. Allahu Akbar! Ma as-salaama, lieber Freund, lieber Ahmad!“ Niemand außer dem Sheik und Ahmad kannte den Auftrag. Nach Absage des Länderspiels verschwand Ahmad Shavan ohne jede Spur.

Zurück zur Realität! Vorbildlich, gerade im Vergleich zu Gerhart Baum, reagierte auf die Entscheidung des Bundesinnenministers eine Politikerin der Opposition: die GRÜNE Claudia Roth, MdB, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags.

Claudia Roth sagte zu de Maizières Entscheidung: „Ich habe ihm sofort vertraut, weil die Art und Weise, wie er es gesagt hat und wie deutlich war, dass es wirklich ein extrem großer Polizeieinsatz war, hat deutlich gemacht: Da gibt es eine Gefahrenwarnung, da gibt es eine Warnung, und da fange ich nicht an zu debattieren mit der Polizei, sondern da vertraue ich den Sicherheitskräften.“ *2)

Dieser Stellungnahme Claudia Roths stimmen sicher viele Bürger zu.

*1) Marc Etzold, Kommentar. Länderspiel-Absage wegen Terror-Gefahr. Herr Innenminister, wir verkraften die Wahrheit!; http://www.wiwo.de/politik/deutschland/laenderspiel-absage-wegen-terror-gefahr-herr-innenminister …; 18. November 2015.

*2) ABSAGE DES FUSSBALL-LÄNDERSPIELS. „Wir sollten ihnen nicht unsere Angst schenken“. Claudia Roth im Gespräch mit Korbinian Frenzel. Interview 18.11.2015; http:/www.deutschlandradiokultur.de/