SPD: Kanzlerwechsel für Stabilität

Deutschland und die EU stehen vor der gefährlichsten Kumulation von Großrisiken seit Jahrzehnten. Jetzt muss die SPD die Fähigkeit für Regierungsmacht beweisen.

Die Häufung der Risiken, die politische und wirtschaftliche Stabilität in Europa bedrohen, ist nicht mehr zu übersehen.

  • Zwei blutige Kriege in der europäischen Nachbarschaft erfordern die größten Anstrengungen, dass gerade Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit im NATO-Bündnis und gegen die Bedrohung durch Russland und den internationalen Terrorismus beweist. Dies ist die deutsche Führungsaufgabe, der sich Boris Pistorius nach seiner ungeeigneten Vorgängerin gestellt hat.
  • Die deutsche Wirtschaft steht weitgehend geschlossen hinter der Transformationsaufgabe, das Risiko drohender De-Industrialisierung durch Aufbau zukunftsfähiger Technologien zu verhindern.
  • Diese Transformationspolitik soll gefährlichen Risiken für unsere Zukunft begegnen, die nicht nur der Klimawandel, sondern auch die Zerstörung von ökologischen Systemen und der Biodiversität verursacht.
  • Wie schwerwiegend diese Risiken sind, muss dringend in das öffentliche Bewusstsein rücken: Die Europäische Umweltagentur bezifferte allein für 2021 und 2022 die wirtschaftlichen Schäden in der EU durch Extremereignisse von Wetter und Klimawandel auf weit über 100 Mrd. €. Die Weltbank schätzte 2021, dass weltweite ökologische Schäden bis 2030 einen Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung von 2.7 Billionen US-$ pro Jahr verursachen werden. Die Europäische Zentralbank stellte zur Bedeutung dieser klima- und naturbedingten Risiken für die EU-Wirtschaft fest: Über 70 % der Unternehmen im Euro-Währungsgebiet stehen vor hoher Abhängigkeit von mindestens einem wirtschaftlichen Nutzenfaktor aus noch ökologisch erhaltener Umwelt. *1)

In dieser dramatischen Risiko-Lage Deutschlands und Europas trägt Bundeskanzler Scholz, zugleich der Vorgänger des Bundesfinanzministers Lindner, die Verantwortung für das skandalöse Finanzgebaren, dem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 15. November 2023 ein Ende gesetzt hat. Die finanzwirtschaftliche Schwächung Deutschlands geht wahrscheinlich weit über die 60 Milliarden Euro verfassungswidriger Kreditermächtigungen hinaus.

Die Einschätzung zu dieser Verantwortung des Bundeskanzlers in öffentlichen Stellungnahmen erscheint niederschmetternd für das Ansehen des Bundeskanzlers Scholz. *2)

  • „Bei guter Regierungsführung hätte man das Urteil jedoch voraussehen und umgehend einen Plan B präsentieren müssen“. (Helene Bubrowski, Juristin, Korrespondentin in der Parlamentsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung).
  • „´Das war jetzt nicht so schwierig gewesen zu sehen` … Deshalb habe er in Niedersachsen auf ähnliche Konstrukte verzichtet: ´Wir sind sauber.`“ (Ministerpräsident Stephan Weil).

Dieser Kommentar von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zu der verfassungsrechtlichen Problematik des Klima- und Transformationsfonds (KTF) widerlegt den Versuch des Bundeskanzlers Scholz, den Skandal klein zu reden:  „Wir haben uns um eine verfassungsgemäße Lösung bemüht … Es sind viele rechtliche Fragen erörtert worden, und alle waren bis jetzt der Überzeugung, dass das auch ein ordentliches, korrektes Vorgehen ist.“ *3)

Die in Umfragen ohnehin schwer angeschlagene SPD muss jetzt handeln. In dieser Zeit der schwersten politischen und wirtschaftlichen Großrisiken ist anhaltende Unsicherheit Gift für unser Land.

Noch mag es viele Wählerinnen und Wähler geben, die lieber einen angesehenen Sozialdemokraten im Amt des Bundeskanzlers wünschen als den Ministerpräsidenten Söder (CSU) oder den Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). Jedoch ist bis spätestens zur Bundestagswahl im Herbst 2025 keine Zeit mehr zu verlieren.

Nach der öffentlichen Äußerung von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sollte Weil zu seinen Worten stehen. Für finanzwirtschaftliche “Sauberkeit“ (Weil) und für gute Regierungsführung (Bubrowski):

Kanzlerwechsel für Stabilität!

*1) Frau Dr. Sabine Mauderer, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank, hat zu diesen Risiken eine aufrüttelnde Analyse vorgelegt: Exposing and acting on risks in a fast-changing world. EIOPA Annual Conference. 21.11.2023; https://www.bundesbank.de/en/press/speeches/exposing-and-acting-on-risks-in-a-fast-changing-world–918818 . Als ökologische Schäden, die Unternehmen wie z.B. Agrar-, Pharma-, Chemiebetriebe und den Tourismus-Sektor hart treffen, lassen sich anführen: Insektensterben oder Verbreitung von Schädlingen, Unfruchtbarkeit von Pflanzen und agrarischen Böden, Vergiftung von Seen und Grundwasser. Die Erderhitzung und damit verbundene Extremwetter wie Dürren, Stürme, Überflutungen verschärfen die Schäden für Umwelt und Biodiversität. Siehe: European Central Bank. Eurosystem. Simone Boldrini, Andrej Ceglar, Chiara Lelli, Laura Parisi, Irene Heemskerk. Living in a world of disappearing nature: physical risk and the implications for financial stability; No. 333, 2023; S. 13 ff, S. 20 ff. https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecb.op333~1b97e436be.en.pdf

*2) Debatte um Milliarden-Loch bei Lanz. Auf eine Frage will Habeck im TV nicht antworten. Von Nina Jerzy. 22.11.2023; https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100286702/lanz-zum-etat-schlamassel-auf-eine-frage-will-habeck-nicht-antworten.html

*3) Deutscher Bundestag. Stenografischer Bericht 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2023; https://dserver.bundestag.de/btp/20/20136.pdf S. 17143